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Rosen auf das Grab einer edlen Frau
#1
Rosen auf das Grab einer edlen Frau

I.


Am Achtzehnten des Julius, dem Tage,
Wo prophezeiet war der Welt Zerstören;
Daß die Propheten nicht ihr Recht verlören,
Erscholl an diesem Tage Totenklage.

Wes ist der Sarg, mit dem zum Kirchhofshage
Die ganze Stadt in langen Trauerchören
Wallfahret, daß man wirklich sollte schwören,
Daß man hier eine Welt zu Grabe trage?

Es ist ein Weib, das erst gelebt im Stillen
Und kund jetzt giebt, wie Zucht und reine Sitte
Und alle Weibestugenden sie zieren.

Die Tränen, die auch fremden Aug endquillen,
Sie sagen laut, daß die, aus deren Mitte
Sie wird entnommen, eine Welt verlieren.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
II.

Mit Recht gerühmt wird, was der alte Weise
Sprach, der, befragt einst, welche Frau ihm scheine
Die allerbeste? gab zur Antwort: Eine,
Von der man gar nicht hört, daß man sie preise.

So weilt’ ich selbst in dieser Mauern Kreise
Geraume Zeit, und Kunden hab ich keine
Gehört von dieser; auch ihr Nam’ alleine
Kam nie zu Ohren mir, nicht laut, noch leise.

Nicht wissen konnt’ ich, ob sie mochte leben;
Und jetzt erst, daß sie lebt’, und wie sie lebte,
Hab’ ich erfahren, da sie ist gestorben.

Nicht soll nach Ruhm das Weib im Leben streben:
Das lehret sie, die, ohne daß sie strebte
Nach Ruhm, den schönsten hat im Tod erworben.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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