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Sonettenkranz zu Van Gogh - ZaunköniG - 13.06.2022 Mit dem letzten Posting zu van Gogh ist nun auch ein Sonettenkranz zu den Bildern fertig geworden. Ich denke, dass es Sinn macht ihn hier auch einmal komplett vorzustellen. Die Bilder sind bei den jeweiligen Einzel-Treads zu finden. Van Gogh Ein Sonettenkranz 01 - Landschaft mit Korngarben und aufgehenden Mond Ihr Werden ist schon im Moment enthalten, als sie danieder liegen, abgemäht von scharfer Sense, gleichmäßig und steht. Die Äcker und die Berge rings erkalten im Abendwind, doch warm erscheint der Mond. Die Höfe in den Hügeln wollen schlafen. Der Mond ist hell, doch seine Strahlen warfen sie kühl zum vollgestellten Horizont zurück. Dort steht wie eine Brandungswelle der Bergkamm, eingefrorn im Überschlage. Es ist ein Kreislauf, beinah eine List, lässt man sich doch gern täuschen auf die Schnelle. Das Licht des neuen Morgendämmerns ist so wie erst kurz vorm Niedergang der Tage. 02 - Der Schnitter So wie erst kurz vorm Niedergang der Tage die Sonne lax den Himmel übergießt mit ihrem Gold, so unbedingt zerfließt der Weizen Halm für Halm zum Lichtmeer, vage die Linie wo sich die Ähren brechen. Mit Gleichmut sinken Reih um Reihe hin; Es liegt fast etwas Tröstliches darin, kommt man so auf des Schnitters Werk zu sprechen, auf seine schwere aber frohe Mahd, die ganz Bewegung ist, und Kraft, und Tat, - Ein goldnes Handwerk, das im Überschwang entgegen nimmt das volle Korn der Welt. .....Solange Frucht noch neue Saat enthält, .....folgt Blütezeit und Reife Erntedank. 03 - Die Kartoffelsetzer Folgt Blütezeit und Reife Erntedank? Die Bauern treibt heut nur ihr Tagwerk um. Mit klammen Händen und den Rücken krumm stehn sie im Feld. Die Feuchtigkeit macht krank. Doch es ist Zeit die Knollen auszubringen, in die zwei Handbreit, die der Spaten sticht. Die Scholle teilt sich mühsam und zerbricht zu fetten Brocken. Muffig nasskalt dringen den Bauern Gicht und Grippe in die Glieder, doch Reih um Reihe, wieder, immer wieder ihr Wiegeschritt bis Sonnenuntergang. Ob bis zum Tag des Herrn das Wetter hält? Erdrückend überfällt von West die Welt ein ungestümer tiefer Himmelstrank. 04 - Sternennacht Ein ungestümer tiefer Himmelstrank durchatmet frisch den Nord. - Den Wind zu zügeln verbergen sich die Häuser hinter Hügeln; nur eine Kirchturmspitze, spitz und schlank ertastet sich das All, hat Teil am hohen Gesang, der aus den ersten Sphären klingt. Doch noch lebendigerer Nachhall schwingt: Im Vordergrund steigt die Zypressenlohe; Sie überragt wie eine Kathedrale das Kirchspiel, das verschlafen liegt im Tal. Darüber sich die Himmelsscharen jagen; Ein Sternentaumel, der dort kreisst und kreisst. Ein Mond mit aufgeräumten Höfen leis, hält sich dem heimeligen Dorf die Waage. 05 - Bauernkate in Cordeville bei Auvers-sur-Oise Hält sich dem heimeligen Dorf die Waage, was andern Ortes aus den Angeln kippt? - Der Hof schmiegt sich in die geschützte Lage, als ob er nur von dem Gewitter nippt, das sich im Nachbarort zusammenbraut. Der Wind frischt merklich auf, als wollt' er grade die Betten schütteln - und der Himmel blaut. allmählich kühlt er auch die Süd-Fassade, Die Wipfel, die sich wild zerzausen lassen, steh'n schwarz wie Rauch, dicht hinterm First hervor. Daneben: sonn'beschienene Terrassen - und gegenüber, als Allegorie steht einsam, still ein Baum in weiter Flur. Die blauen Schatten; ruhig treiben sie.. . 06 - Landschaft bei Saint Remy Die blauen Schatten: Ruhig treiben sie die Hügel auf und ab. Am Himmel bauscht sich eine Wolke und das Grasmeer rauscht im leichten Wellenspiel vor Saint Rémy. Die Sonnenflecken treiben übers Feld wie auf der Flucht. Berg, Wiese, Himmel haben bei van Gogh nur eine Handvoll Farben. Noch weiß man nicht, wie lang das Wetter hält; gesättigt legt sich schon das fette Grün, verstreute Hütten schmiegen sich in das Gefälle. In die Sommerfrische schlich sich eine Ahnung; Eine Brise, feucht, liegt auf der Wiese, die die Halme scheucht, an weichen Hängen aufwärts, Strich an Strich. 07 - Landschaft mit flanierendem Paar unter der Mondsichel An weichen Hängen aufwärts, Strich an Strich, zieht sich die Wiese und hebt an zu träumen. Ein Paar geht zwischen den gedrungnen Bäumen, ganz achtlos und beschäftigt nur mit sich. Der Abend senkt sich, doch gemach, gemach; Die Schatten haben uns noch nicht erreicht. Das Grün des Grases leuchtet, satt und weich und selbst der Dämmerhimmel tuts ihm nach, nimmt seine Farben auf; - Wie Wolken bauschen sich vollbelaubt die Kronen der Oliven. Kein Blätterrauschen. - Bald verlischt das Licht. Es schimmert hoch ein offner Mond, zu tauschen die Sonne gegen Sterne aus den Tiefen, wo die Geschäftigkeit des Tages wich. 08 - Caféterasse in Arles Wo die Geschäftigkeit des Tages wich verlischt nun Licht um Licht. Mit den Flaneuren zerstreuen sich die Abendstunden, hören die Uhr'n zu ticken auf. Hier vorne, dicht geschmiegt in die Markise gleißt ein Licht, wie eine Weisung ins gelobte Land. Die Stühle steh'n der Straße zugewandt und laden ein: Sei Gast und labe Dich an leichtem Pyrenäenwein und Brie. Und wenn es Limonade wäre, wär's auch egal. Es zählt die Atmosphäre. Gern zahlt man für ein Lächeln seinen Zehnt, wo sich Behagen in die Nachtluft dehnt. Da schwimmt ein Leuchten durch die Himmel, .............................................................Sieh! 09 Zypressen mit zwei Frauen Da schwimmt ein Leuchten durch die Himmel! Sieh wie sich die Wolken an den Winden messen. Die Wolken bauschen sich, auch die Zypressen; Sie schütteln sich, als ob wer „Rührt euch!“ schrie. Die Fläche schafft van Gogh nur aus Kontur und lässt sie durch den Pinselschwung erwachen. Die ganze Szene will sich locker machen, als Dank dem Sonntag oder der Natur. Vor den Zypressen: Schemen von zwei Leuten - zwei Frauen, wie man gut erkennen kann, doch hat das für das Bild nichts zu bedeuten. Sieh, eine Woge kommt im Kornfeld an, das nun die Einheit der Natur beweist, wie sich dies satte Goldgelb aufwölbt, kreist. 10 - Sonnenblumen I. Wie sich dies satte Goldgelb aufwölbt, kreist, wahrhaftig im Erblühen und vergehen, wird auch noch manches andre Bild entstehen. Nimm jedes einzelne als ein Beweis für meine Freude, die genauso strahlt und Dich in meinem Heim willkommen heißt. Sie sind noch etwas skizzenhaft; Du weißt. Ich habe sie in einem Zug gemalt bevor sie welken. Kräftig und doch sacht, hab ich sie mehr gelebt als denn gemacht Beinahe fügen sie sich selbst zusammen: Hier nur getupft und dort ein kurzer Schwenk, - Ich staune selbst, wie aus dem Handgelenk die Striche leichterhand das Bild entflammen. 11 Unter Bäumen Die Striche leichterhand das Bild entflammen: Sie bilden gleichermaßen Sonnenflecken und Blütenteppich. Efeuranken recken sich nach den Bäumen. Zweie stehn zusammen, Halt suchend, sich einander anzulehnen... Was mögen dort für zarte Blumen blühn, im Dickicht von wucherndem Immergrün, wo soch doch alle nach der Sonne sehnen? Doch blaue Schatten holen sie schon ein... Ist es am Ende gar kein Blütenflor, was Vincents dicke Tupfer dort gestalten? Soll's nur das Spiel von Licht und Schatten sein? Sei's drum. Ich stelle mir dort lieber vor, wie sich die blauen Blumen sacht entfalten. 12 Stillleben mit Feldblumen und Rosen Wie sich die blauen Blumen sacht entfalten, wie Schmetterlinge schwerelos, so prasst der Mohn mit seinem Rot wie Feuerblast. Fast wie die gegensätzlichen Gewalten von Tag und Nacht, die auch im Hintergrund Fortsetzung finden. Margueriten zeigen ein Feuerwerk an Energie und steigen hoch aus dem Strauß heraus. Lebhaft und bunt ist das Bukett, wie 's uns entgegenblickt, doch ist 's der Blick zu Boden, der uns lehrt, dass alles endet. - Stumm, in sich gekehrt, vom Wasser abgeschnitten und geknickt, zeigt uns ein jeder Rose welker Geist, wie jeder Pinselstrich ins Zentrum weist. 13 Sonnenblumen II. Wie jeder Pinselstrich ins Zentrum weist, als sei der Blütenkelch ein Glutbassin, versammeln sich dort Goldglanz und Satin. Vereinzelt lodern Blüten auf, doch meist hält jede ihre Glut ganz eng bei sich. Die Sonnentage sind darin gespeichert, zu einer Farb- und Leuchtkraft angereichert. Die Sommersaaten reifen dicht an dicht und ganz als ob dies Blütengold nicht reicht, ist noch der Hintergrund gelb ausgemalt. Die Wärme kommt nicht von den offnen Flammen - Die Blütenblätter im Vergleich zu leicht, weil nur zum Teil auch jeder Kranz dort strahlt. Hier ruhen alle Kräfte dicht beisammen. 14 Der rosa Obstgarten Hier ruhen alle Kräfte dicht beisammen: Die Sonne, die durch Blütenflocken leuchtet, der letzte Regen, der das Gras durchfeuchtet zurückgelassen hat. Unmerklich kamen die Frühlingsboten. Plötzlich sind sie da! Ein Lichtfest, das sich nicht mehr halten lässt... Kahl zeigt der Nachbarbaum noch sein Geäst; der startet etwas später in das Jahr. Blau scheint hindurch, die letzten Zirren flüchten. Der Lenz, der zaghaft aus dem Winkel kroch, hat nun den Raum, sich endlich zu entfalten. Das satte Sommergrün mit schweren Früchten gleicht einer fernen Phantasie, und doch: Ihr Werden ist schon im Moment enthalten. . |