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Nach dir
#1
Im Gehen nahmst du alles Licht aus warmen Tagen;
ein früher Frost traf meine Brust, und dunkle Trauer,
vereiste Lebensfluss und auch die Regenschauer,
in denen wir im Sommer nackt umschlungen lagen.

Doch mit dem Winter wurden Spuren und die Fragen
vom Schnee bedeckt, er machte alles Schwarze grauer,
in meinen Träumen bald dein Bildnis ungenauer,
und half, mich durch die stille Kälte fort zu tragen.

Erinnerungen blieben mir, sie zogen leise
in der Erfahrung, die einst meine Mitte war,
bedächtig sicher nur noch kleine Schattenkreise.

Die Sonne nahm den Schnee hinfort, es wurde klar.
Mein Herz hielt stand, der Fluss brach auf, und unter’m Eise
da drang ein Rauschen zu mir rauf - war immer da.
Wenn du ab und zu deinen Blickwinkel änderst, verbessern sich auch deine Perspektiven

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#2
Hallo Fabian,


Dein Sonett fließt; der Sechsheber unterstützt den leicht melancholischen Unterton, aber etwas gefiel mir nicht an deinen Bildern, und nach mehrmaligem Lesen, denke ich weiß ich warum:

Im ersten Quartett beschriebst du das jemand im Gehen alles Licht mitnimmt. Das ist im Grunde eine Sonnenmetapher, bezogen auf ein sehr konkkretes 'Du'

Wenn du am Ende aber wieder von wärmender Sonne sprichst, so läßt das auf ihre Rückkehr schließen. Den Mittelteil lese ich aber nicht als Vorbereitung auf ihre Wiederkehr, sondern als Verarbeitung des Verlustes und allmähliches Verblassen der Erinnerung, so daß ich nicht recht glauben kann daß dort die selbe Sonne wieder aufgeht.

Ich weiß nicht, wie man das mit kleinen Korrekturen glattziehen kann.
Ich denke, entweder ersetzt du die Sonnen- gegen z. B. eine Feuermetapher, aber dürfte eine größere Operation werden. Oder du mußt irgendwie deutlich machen, daß mit der Sonne keine bestimmte Person gemeint ist, sondern die Liebe selbst.


LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Du bist aber ein hartnäckiger Kollege. Smile
Finde ich natürlich gut, denn der Dialog ist wichtig.

Es heißt aber ja "nahmst DU alles Licht AUS WARMEN TAGEN". Es wird also klar unterscheiden zwischen ihr(Du) und dem Bild der Sonne(die warmen Tage), wie du es nennst, ob das nun so sein muss, sei dahingestelt, denn es gibt ja auch andere Quellen von Licht, selbst wenn sie nur symbolisch sind, oder das Licht der Sonne spiegeln. Sind sie weg, bleibt die Sonne da und kann auch ohne den Spiegel wieder wärmen, sobald sich die Perspektive ändert. Insofern können die warmen Tage doch ohne sie zurück kommen. Ich sehe da kein wirkliches Missverständnis.

Sehr interessant! Smile
Wenn du ab und zu deinen Blickwinkel änderst, verbessern sich auch deine Perspektiven

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#4
Hallo Fabian,

was mir an dem Sonett nicht gefällt ist ein Wort "Eise". Diesen altertümelnden Dativ mag ich aber nicht nur in deinem Text nicht sondern in jedem, in dem mir das vor die Augen kommt.

Es hebt sich auch gegen den Text als solches ab, der ist nicht "altertümelnd" geschrieben. Wie du das nun siehst bleibt vollkommen dir überlassen. Die Änderung wäre nicht weiter schwer:
leis"
bedächtig sicher ihren kleinen Schattenkreis
Eis

Du würdest dann allerdings die ausgesprochene Progression und Entwicklung "nur noch" nicht mehr haben. Wie sehr das in diesem Text ausgesprochen sein muss, ist nicht meine Entschediung. Für mich finde ich, es wäre das kleinere Opfer im Verhältnis zu "Eise".

Gruß

Sneaky
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
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#5
Hallo Fabian,

Das Licht ist ein Attribut der Sonne, daß sie im Gehen naturgemäß mit sich nimmt.
Im Prinzip hast du recht, daß es auch andere Lichtquellen gibt. Die Sonne hast du ja nicht wörtlich erwähnt.
Aber da du bereits in den Quartetten fast ausschließlich meteorologische Bilder verwendest, drängt sich für mich der Eindruck auf, daß nur die Sonne gemeint sein kann.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#6
@sneaky: Ich fände rein männliche Kadenzen in den Terzetten etwas zu hart und dem innerlichen Erwachen nicht gerecht.
Aber mich stört das erste Terzett eigentlich seit Beginn, weil es zu sehr an den Panther erinnert, mit dem Kreisen um die Mitte. Insofern werde ich das beizeiten mal ändern. Deinen Einwand kann ich auch nachvollziehen, wenngleich mich das nie so gestört hat. Aber ich werde das berücksichtigen und nicht mehr nehmen.
Danke dir.

@Zaunkönig: Ja, das macht durchaus Sinn. Ich wollte eben nur deutlich machen, dass ich nicht finde, dass die Sonne hier untrennbar mit dem "du" verbunden ist. Sie war quasi der Spiegel, der die Sonne auf ihn geleitet hat (mir fällt kein blöderes Beispiel ein). Als sie ging, fiel das Licht der Sonne nicht mehr auf ihn, weil sie ja den Spiegel mitnahm. Deswegen bleibt aber die Sonne bestehen und dann, als sich seine Sichtweise ändert, weil die Zeit ihn dazu befähigt, sieht er wieder selbst die Sonne und wie sie ihn wärmt.
Ist das für dich unschlüssig?

Gruß, Fabian
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#7
Hallo Fabian,

Ja das ist unschlüssig, denn wenn die Sonne immer da war, so hätte sie ihn auch immer wärmen müssen, auch wenn er sie gerade nicht beachtet. Du schreibst aber von Frost und vereist. Das ist mir in deinem Bild dann doch ein zu heftiger Kälteeinbruch. Da hätte ich dir bestenfalls noch Schatten zugestanden.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#8
langsam wird mir das zu theoretisch.

Die Sonne ist hier ja nicht die Sonne, sondern ein Bild. Fragen wir uns also, ob ein schönes Bild auch dann noch schön ist, wenn es niemand betrachtet.

Gruß, Fabian
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#9
Zitat:Die Sonne ist hier ja nicht die Sonne, sondern ein Bild. Fragen wir uns also, ob ein schönes Bild auch dann noch schön ist, wenn es niemand betrachtet.

Da sage ich doch mal ganz salopp:
"Schönheit liegt im Auge des Betrachters"
deshalb wird Schönheit ja auch unterschiedlich wahrgenommen.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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