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Absolution
#1
Was trägt mich eigentlich durch Raum und Zeit?
Wer dreht am Rad, das sich in mir verzahnt?
hat wirklich jemand diese Ambition?

Wo finde ich ein höheres Geleit?
Den Geist, der mich im Vorhinein erahnt.
Bin ich es selbst? Der Rest nur Projektion?

Es ist ein Kreuz mit dieser Religion,
sie salbt mein Sein mit all den Rissen,
wiegt Urvertrauen still im Ungewissen,
und doch ist da ein zäher Zwischenton.

Ach Gott, war ich dir jemals Enkelsohn?
Mein Treueschwur liebkost von Judasküssen;
so oder so: Ich werd dran glauben müssen.
Und eine Seele haben möcht ich schon!
Wenn du ab und zu deinen Blickwinkel änderst, verbessern sich auch deine Perspektiven

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#2
Hallo Fabian,
dieses Sonett gefällt mir sehr, umso mehr noch, als du am Ende keine Antwort gibst, sondern es bei den Fragen belässt.

Die letzte Zeile sollte nach meinem Gefühl aber unbedingt mit 'denn' beginnen. Meinst du nicht?

Gruss
Silja
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#3
Erstmal vielen Dank für deine Worte.

Ein "denn" würde aber die Doppeldeutigkeit des "dran glauben müssen" verfälschen, weil sich "denn" nur auf den Glauben bezieht, nicht aber darauf, dass man im Falle des Todes, was ja auch mit "dran glauben müssen" ausgedrückt wird, doch lieber nicht ohne Seele darstehen möchte.

Ich fand, dass diese Zerissenheit, eine höhere Identität haben zu wollen und doch voller Zweifel zu stecken, gerade in diesen letzten Formulierungen passend ausgedrückt wird.
Auch die Einstellung vieler Menschen, dass es nicht so wichtig ist, so lang es ihnen gut geht. Zu Gott findet man oft erst in den Momenten, wenn es einem schlecht geht. Diese Doppelmoral sollte in der Doppeldeutigkeit von "dran glauben müssen" transportiert werden.

Überzeugt dich das?
Ich finde das spannend und wenn du anderer Meinung bist, dann kritisiere, was das Zeug hält. Wink

Gruß, Fabian
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#4
Ah, ja, die "Doppeldeutigkeit" hatte ich beim ersten (und zweiten und dritten) Lesen nicht gesehen, sondern erst jetzt, wo du mich darauf hinweist.
Und auch wenn ich jetzt sehe, wie du es siehst, bin ich nicht sicher, ob ich wohl so ganz überzeugt bin. Ich glaube, das ist so ein Fall, wo man entweder das eine oder das andere, aber nicht beides zusammen sehen kann.
Und für mich steht halt nach den ersten 12 Zeilen des Sonetts das Glauben im Vordergrund, dem dann gefühlsmäßig ein 'denn' folgen müsste.

Aber ich gebe zu, dass dein 'und' auch eine möglich Lesart ist, wenn es dir da vorrangig ums Sterben oder Vergehen geht. Das könntest du mit einem anderen Verb natürlich noch stärker betonen.

Andererseits ist es ja dein Text, und du kannst das halten, wie du willst.

Gruss
Silja
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#5
Hallo Fabian,

Mir war diese Doppeldeutigkeit sofort klar. 'Ich werde dran glauben müssen' ist so eine stehende Redewendung, die ich zuerst aufs Sterbenmüssen beziehe, aber durch den vorangegangenen Text eben die Doppeldeutigkeit erhält.

Vielleicht ist diese Redewendung nicht in allen Regionen gleich geläufig? Vielleicht war ich auch durch einen anderen Text besser darauf vorbereitet? Mich erinnert er an eine kürzlich vorgenommene Übersetzung von Hartley Coleridge: "Faith", wo er auch beklagt, daß viele Leute nicht aus überzeugung glauben, sondern aus reiner Not, weil sie nichts besseres finden...

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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