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Kobayashi Issa: mata mudi ni
#1
Japan 
Kobayashi Issa
1763 – 1828 Japan


mata mudi ni
kuchi asku tori no
mamako kana


Once more in vain
the stepchild bird
opens its beak


Und wieder umsonst.
Und wieder: Das Kuckuckskind
Öffnet den Schnabel.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
(17.12.2016, 12:35)ZaunköniG schrieb: Kobayashi Issa
1763 – 1828 Japan


mata mudi ni
kuchi asku tori no
mamako kana


Once more in vain
the stepchild bird
opens its beak


Und wieder umsonst.
Und wieder: Das Kuckuckskind
Öffnet den Schnabel.


.
da überflog einer nicht das Kuckucksnest, sondern hat es ganz genau beobachtet. mindestens ein paar Schnabelöffner lang. er hat ihm zugeschaut, dem jungen Kuckuck in seinem Nest, das nicht von dessen Eltern gebaut wurde. Issa eröffnet mir damit wieder ein halbes Universum an Deutungen, Andeutungen, Ahnungen und Vorahnungen. Issa selbst war mit einer Stiefmutter aufgewachsen und musste früh seine Familie, seinen geliebten Vater verlassen. er kehrt später zurück um ihn vor zu seinem Tod zu pflegen. er führte dabei ein Sterbetagebuch („Die letzten Tage meines Vaters“, das ich jüngst gelesen habe, in der Übertragung von Dombrady) bei welchem der Kuckuck sehr häufig vorkommt. in der japanischen Haiku-Sprache gilt dabei der erste Kuckucksruf als Glückszeichen und Glücksbringer, und alle späteren als zunehmende Unheilsverkünder (was Issa dann in diesem Sterbetagebuch auch praktiziert).

in vorliegendem Haiku macht der juvenile Kuckuck aber keinen Pieps. er öffnet und schließt bei zunehmender Ermattung den Schnabel. womöglich sind seine Zieheltern umgekommen, oder es herrscht schlechtes Wetter. das Vogeljunge bettelt ins Leere. ob Issa ihn noch einmal gefüttert hat?
Danke für die Präsentation, ZkG.

Gruß
Alcedo

habe auch noch diese Version im Netz gefunden:

In this windy nest
open your hungry
mouth in vain . . .
Issa, stepchild bird


http://oaks.nvg.org/issa.html
Come build in the empty house of the stare
- Yeats -
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#3
Hallo Alcedo,


Vielen Dank für die biografischen Informationen. ja irgendo hatte ich das schon mal gelesen oder gehört, aber auch wieder vergessen, dabei drängt sich die Parallele hier tatsächlich auf.
Dabei ist die Symbolig in japan kaum anders als hierzulande. Ein Glücksfall für den Übersetzer.

Beim ersten Kuckucksruf sollte man immer etwas Kleingeld in der Tasche haben, dann hat man auch im Rest des Jahres immer genug. Daneben drängen sich natürlich die Vergleiche mit Adoptiv- und Stiefkindern auf.

In der Natur fallen übrigens nicht alle Vögel auf den Trick herein. Das Kuckuckskind könnte auch einfach verlassen worden sein.


Gruß
ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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