Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Im Luv die See
#1
Im Luv die See


Und wieder, immer wieder, fluten Gischt gekrönt
Gedankenwogen durch ein stumm gesprochnes Wachen.
Sie tosen an ein Kliff, das aus azurnem Rachen
rhetorisch in das Leise sticht, wo ausgesöhnt

im Bilderschein das Lachen einer Möwe schwebt.
Wenn Böen Wortgebilde auseinandertreiben
und Stilfiguren sich in Dunst auflosen, bleiben
verklärtes Blau und weiße Zeichenbausche, lebt

Gehauchtes Eigendasein und der Himmel spiegelt
sich wieder frei im Auf und Ab der off’nen See.
Beredt erwacht im Flug die Träumerei, im Lee
das Kliff, im Luv das Meer – die Leere neu besiegelt.

Aus Bild wird Ton, der über alle Wasser trägt.
Was bleibt, ist Lachen – Klang, der wieder Wellen schlägt.


© Friedrich
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
Zitieren
#2
Hallo Friedrich,

schön, wieder von dir zu lesen!

Die flüchtigen Gedanken als ebenso flüchtige Wolken in Szene zu setzen, die scheinbar aus dem Nichts entstehen, sich zusammenfügen und wieder zerreißen ist ein klassisches und stimmiges Bild, das du hier im wesentlichen gut umgesetzt hast.
Nicht ganz klar ist mir die Rolle des Kliffs. Ist es die Realität, an der sich unsere Gedanken messen lassen müssen? Oder nur die Stelle, wo sich die Wellen ihrer Kraft bewusst werden? Zunächst war ich irritiert dass das Kliff in das Leise sticht. Ich sah zunächst das feste Kliff als Gegensatz zur tosenden See, also den sprichwörtlichen Fels in der Brandung. Aber es stimmt natürlich, dass das größte Getose nicht von Windgeräuschen kommt, sondern von der Brandung.

Ein klassischer Friedrich-Text, dem man gerne ein Weilchen nachhängt...


Liebe Grüße

ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
Zitieren
#3
Hallo ZaunköniG,

Danke für deine Gedanken!

War es beim Sonett "Schattenspiel" die theatrale Inszenierung von Platons Höhlengleichnis, so ist es hierder Versuch einer poetischen Inszenierung.

Das Kliff ist zum Einen der Fels in der Brandung (die Realität, die wir wahrnehmen, die Sicherheit und Beständigkeit vermittelt), zugleich aber auch der Fels der allmählich abgetragen wird: Zum einen sinnlich erlebte Realität, zum anderen eine konstruierte, festgeschriebene, arguimentierte, "rhetorische", die hoch in den Himmel, in das Ungesprochene, Ungeschriebene, in das "Leise" ragt.

Liebe Grüße
Friedrich
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste
Forenfarbe auswählen: