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Nachtviolen
#1
Nachtviolen

I.


Wär' ich ein Gott, den Strahlenwagen lenkend,
Bei dem der Himmel sich im Meere spiegelt,
Die hellen Rosse ließ' ich ungezügelt,
Mich nieder zu dem Schooß' der Erde senkend.

Und säh' ich Sie, wie Sie am Bache denkend
Sich Blumen bricht, Ihr naht' ich leichtbeflügelt;
Der Bund der Liebe würde schnell besiegelt,
Und meine Worte wären Ihr nicht kränkend.

Und wie Apoll schon einmal stieg hernieder,
Zu tauschen den Parnaß mit ird'scher Wonne,
So weiht' ich Ihr mein Leben, meine Leyer. -

Doch eitle Träume bleiben meine Lieder.
O leihe mir, erhabner Gott der Sonne,
Nur deinen Glanz, ich habe ja dein Feuer!
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
II.

Wie oft und fest hatt' ich mir's vorgenommen:
Heut naht Sie dir, die Königin der Frauen,
Heut wag' es muthig, Ihr in's Aug' zu schauen,
Was du empfindest, muß zur Rede kommen.

Es fehlt dir nichts, als Fassung und Vertrauen.
Was soll dieß Schmachten und dieß Schweigen frommen?
Nur wer mit Kraft des Stromes Flut durchschwommen,
Langt jenseits an zu den ersehnten Auen! -

So dacht' ich, und Sie kam. Ich aber nahte,
Weil sittsam Sie den Blick zu Boden senkte,
Mich Ihr getrost, und folgend eignem Rathe.

Kaum aber hatte mich Ihr Blick getroffen,
Der groß und streng an mir vorüber lenkte,
So sank mein Muth, so schwand mir alles Hoffen.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
III.

Aus Städten fliehend, wandr' ich gern auf Wegen,
Die Niemand geht, und Keiner gehen mag;
Durch's Dickicht dringend, trotz' ich gern dem Schlag'
Dornichter Zweige, die mich wild umhegen.

In Waldes Nacht ist meiner Seele Tag,
Mein Friede wohnt auf hoher Berge Stegen,
Um deren Haupt sich dunkle Wolken legen;
Da folgt mir doch kein andrer Fußtritt nach.

Nur überall bis in die tiefste Wildniß,
Wohin sich nie ein Lebender verlor,
Begleitet, wie mein Schatten, mich Ihr Bildniß. -

Vergeblich ist, was du dir ausersonnen.
Was fliehst du Ihren Anblick, armer Thor,
Eh' du dem eignen Herzen noch entronnen!
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#4
IV.

Siehst du die zarten Halmen auf den Auen,
Bald von der Rosse schwerem Huf' zertreten,
Bald sich im Brand' der Sommersonne röthen,
Bald in des Weges wüstem Staub' ergrauen?

Bald tief und traurig in den Boden schauen,
Wenn Sicheln ihre Kronen niedermähten?
Doch siehst du nun die neuverjüngt erhöhten,
So wie nur frische Regen sie bethauen? -

Mein schwankend Loos vergleich' ich diesen Halmen.
Bald kommen Blicke, die mein ganzes Hoffen,
Bald Worte, die mein tiefstes Herz zermalmen.

Dann will mir jede Lebenslust entschweben,
Doch schnell, von einem milden Blick' getroffen,
Fühl' ich sie neu und stärker sich erheben.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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