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Die heiligen Stationen (8)
#1
Die heiligen Stationen
Ein Sonettenkranz nach Adam Kraffts Standbildern.



I. Die Begegnung

So muß zum Schmerze neuer Schmerz denn kommen!
Den sie erzog mit mütterlicher Pflege,
Erschaut ihr Auge auf dem Todeswege;
In trüber Trauer ist ihr Blick geschwommen!

Wie weilt die Wehmuth gerne bei den Frommen!
Maria fühlt des Schicksals schwere Schläge
Mehr, als wenn eine Welt selbst auf ihr läge,
Ihr wird der vielgeliebte Sohn genommen!

Sie sinket hin, die treuen Frauen halten
Die Tiefbekümmerte, die sie begleiten,
Johannes will sie sorglich unterstützen.

Nur klagen kann die Liebe, nicht beschützen;
Sie müht sich, Andern Lind'rung zu bereiten, -
Erst Leiden kann, wie groß sie sei, entfalten.


II.Ach, welche Hilfe

Den Landmann, der vom Felde heimgegangen,
Greift auf der Knechte fühllos kalte Schaar;
er beut den Rücken ohne Murren dar,
Dem Herrn zu helfen - ist's auch ihr Verlangen?

Er soll noch mehr Mißhandlung nur empfangen,
Die süße Lust für ihre Bosheit war;
Ihr Hohn macht seine Hoheit doppelt klar,
Still duldet er's, wie keck sie in ihn drangen.

Der Frevel lacht der Unschuld, die er schmäht;
Er kann die Größe nicht im Herzen fassen,
Die, schuldlos selbst, erträgt den Tod gelassen,

Wo das Verbrechen ohne Scheu sich bläht.
Kühn wagt die Faust, Verfolgte zu verletzen,
Das Laster kennt kein Ziel und kein Entsetzen.


III. Der Liebe Warnung

O, seht den Herrn sich zu den Weibern kehren,
Von Liebe zeugt, was ihrem Aug' entflossen!
Doch diese Wonne hat sein Herz genossen,
Das konnten strenge Wachen nicht verwehren.

Sich selbst vergessend, will er ihnen lehren,
Zu sparen, was ihr Mitgefühl vergossen;
Aus dunkler Zukunft würden für sie sprossen
Bald Leiden, wo sie Thränen nicht entbehren.

Weint nicht um mich, um euch, und eure Kinder,
Sprach er zu ihnen warnend und voll Liebe,
Des Unglücks Wolke schwebt um euch so trübe,

Bleibt ihr verblendet, naht sie noch geschwinder. -
Könnt ihr des Herren Huld in's Herz euch fassen?
So wollt' er wirken, segnen und erblassen.


IV. Sankt Veronika

Vor ihrer Thüre beut mit zarten Händen
Die Jungfrau hier dem Herrn ein weißes Linnen;
Sie sah den Schweiß ihm von der Stirne rinnen,
Erquickung möchte sie dem Edlen spenden.

Er bückt sich nieder, da befahl, zu enden,
Ihr dort der Kriegsmann, strafend ihr Beginnen;
Doch wird sie freudig nun ihr Glück erst innen,
Er faßt das Leintuch, sie läßt ihn vollenden.

Es bleiben plötzlich fest die theuern Züge,
Veronika soll stets den Herrn erblicken
So klar im Bild', wie er vor ihr gestanden.

Nun hing iht Herz an ihm mit festen Banden,
Es wächst im Anschau'n immer ihr Entzücken, -
Wenn ihn doch Jeder in der Seele trüge!


V. Wo ist das Ziel?

Die Kniee zittern Dem, Dem alle Qualen
Gedung'ner Groll bereitet ohne Rasten.
Wer soll nicht sinken unter solchen Lasten,
Womit Bethörte sein Erbarmen zahlen;

Ihn, der geholfen zu so vielen Malen,
Darf nun die Rohheit ungestraft betasten,
Doch immer muß, wie sehr sie Ihn auch haßten,
Der Seele Reinheit aus dem Aug' Ihm strahlen.

Wird die Erlösung denn noch lange weilen?
Bald winkt das Ende, bald sollst du's erreichen;
Nah' ist das Ziel, der Kelch fast ausgeleeret.

Wie lang der Dränger Muthwill' auch gewähret,
Du bliebst geduldig unter ihren Streichen,
Des Vaters Hand wird Deine Wunde heilen.


VI. Matt zum Tode

Er ist erlegen unter der Beschwerde!
Sie mühen sich ihn wieder aufzuraffen,
Dem auch die letzten Kräfte fast erschlaffen,
Die müden Glieder ruhn auf harter Erde.

Wem weckte Mitleid nicht des Herrn Gebärde?
Sie wollen ihm erneute Schmerzen schaffen,
Am Seile ziehen sie, am starken, schraffen,
Am Arm, am Haupt, saß er erhoben werde!

Mit eisig kalten, fühllos starren Mienen
Umstehen ihn die grauen Waffenknechte,
Fast wird er seinen matten Geist verhauchen.

Weil jedes Mittel muß dem Hasse taugen, -
Hier siegte Frevel stett der Wahrheit Rechte,
Dort sollen Engel ihm auch wieder dienen!


VII. Er hats vollbracht.

Es ragt das Kreuz hoch in des Himmels Bläue,
Von kaltem Stein zwar nur, voll Kunst gehauen,
Doch soll hinauf die Andacht oftmals schauen.
So starb der Heilige, der Reine, Treue!

Und der Gedanke weck' uns stets aufs Neue
Da nur auf ihn der Glaube soll vertrauen,
Auf ihn des Herzens Hoffen fest zu bauen, -
Er ging zum Tod, damit der Mensch sich freue.

Hoch hangen neben ihm, die zu Gesellen
Des Leidens ihm die Feinde beigegeben.
Wieviel kann böser Wille nicht erdenken?

Und endlich sollt' sein Haupt sich sterbend senken,
Ein Hauch des Friedens um ihn kühlend schweben,
Ihn konnt' auch nicht des Todes Kampf entstellen.


VIII. Letzter Trost

Da ruht der Leichnam in Johannes Schooße!
Die Mutter muß den letzten Kuß ihm reichen,
Zu seiner Hand, zu seinen Füßen beugen
Zwei Frauen sich - ach ihn weckt kein Gekose!

Ihr weint mit Recht, schwer sind der Trennung Loose,
Den Kält'sten wird der Mutter Schmerz erreichen,
Doch der Verwesung Macht muß seiner weichen,
Nicht deckt des Herren Gruft die Zeit mit Moose.

Der letzte Trost, der Liebe treues Sorgen
Ist euch gegönnt, ihr legt ins Grab ihn nieder,
Die Dornenkrone soll nicht lang ihn drücken.

In Jüngershand die Frau'n sie dort erblicken,
Sie wird zum Strahlenkranz, ihr seht ihn wieder,
Ihn führt ins Leben bald der dritte Morgen.


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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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