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Kraft, Amalie: Sonettenkranz (7)
#1
Amalie Kraf(f)t
1805 - ?


Sonettenkranz

1. Die Nacht


Das Leben schweigt, mit Perlen übersäet
Hat Nacht den blauen Mantel aufgezogen;
Und von des Silberstromes sanften Wogen -
Ein leiser Hauch die Rose zart umwehet.

Und leuchtet hin - durch dunkle Wolken gehet
Der Sonnenspiegel, im gemess'nen Bogen!
Glanz gießt er auf der Blüthen süßes Wogen, -
Um deren Lieb' der Zephyr flüsternd flehet.

Ein heil'ger Schauer bebt durch meine Glieder.
Und sehnsuchtsvoll wünsch' ich mir Geisterschwingen,
Die Lichterfüllten Räume zu durchdringen!

Da hauch' ich in die Saiten leise Lieder:
Und tröstend senkt ein schöner Traum sich nieder,
Des Busens tiefes Weh - in Ruh' zu singen.


2. des Schmerzes Glück

Den Blick umflort ein Schleier heißer Thränen,
Der Gürtel schließt nicht mehr des Herzens Gluthen,
Sie dürfen der gepreßten Brust entfluthen;
Die treue Nacht! sie kennt das stille Sehnen!

Denn, wenn die Morgenglocken wieder tönen:
Zum tiefen Schacht - wo Tag's die Flammen ruhten,
Drängt sie ein eis'ger Hauch, mag sich verbluten
Das Herz! sie müssen sich zur Ruh' gewöhnen:

Doch Nacht! noch glänzen deine Sterne helle,
Noch darf ich fessellos den Gram ergießen,
Noch frei mich tauchen in die Schmerzensquelle!

Bald wird die graue Dämmerung erscheinen
Am fernen Horizont, und tief verschließen
Muß sich der Schmerz mit leisen - leisen Weinen.


3. Die Bahn

So wie der Pilger durch die Wüste ziehet,
Gedrückt vom brennend heißen Sonnenstrahl;
Wo keine Berge steh'n, kein grünes Thal
Dem Auge lacht, und keine Blume blühet,

Wo nur der heiße Sand im Wind entfliehet,
Und sich bewegt, dem Wanderer zur Qual;
Doch rastlos fort treibt es ihn ohne Wahl,
Ob auch der Boden unter ihm erglühet;

So treibt es mich durch's öde, leere Leben,
Wo keine Hoffnung grünt, kein Thau erquickt;
Ich kann den matten Fittig nicht erheben.

Wohl eine Rose hatt' ich einst gefunden,
Von süßen Träumen fühlt' ich mich umstrickt!
Doch blühte sie - nur wenig kurze Stunden.


4. Stern und Rose

Die Rose glänzt in jugendlichem Prangem,
Doch währt nicht lang die schöne Farbenpracht;
Im Herzenskelch hat schwellend angefacht
Des Zephyrs Hauch, das erste Gluthverlangen,

Auch will der Thau mit Thränen sie umfangen,
Und durch des Frühlings träumerische Nacht
Hat Philomelens Lied ihr Lieb' gebracht;
Wie kann man von der Rose Treu' verlangen? -

Erhab'nes Bild: im hohen Azurkreise!
Du glanzerfüllter Stern, den ich erwählt,
Dem sich mein Herz auf ewig nun vermählt? -

Du weichest nicht aus deinem lichten Gleise!
Bewunderung bist du ja längst gewöhnt:
Dich haben selbst die Grazien gekrönt.


5. Sein Bild

Es wieget sich, eie Aeolsharfentöne
Der Laut der Sprache über sanfte Wellen
Der Lippen, die wie volle Knospen schwellen;
Das Lächeln zeigt der reinsten Perlen Schöne.

So strahlen nicht der Leda Zwillingssöhne,
Wie deiner süßen Blicke Feuerquellen -
Die selbst dem Orkus leuchten und erhellen;
Sie spiegeln sich in meiner Sehnsuchtsthräne.

Und diese beiden Gluth erfüllten Sonnen:
Sie sind von zarten Lilien umflossen,
Die unter dunklen, weichen Locken sprossen,

Oft taucht die Seele sich in diesen Wonnen,
Um in der Flammenquelle zu gesunden;
Doch hab' ich stets nur neuen Schmerz gefunden. -


6. Geständniß

Ich lebe nur im Licht von deinen Blicken
Und Nacht umgibt mich, kann ich dich nicht sehen!
Nur deine Nähe, deines Athems Wehen
Kann meine Seele stärken und erquicken.

Ein Zauber sucht die Sinne zu umstricken,
Mein Leben muß in Sehnsucht untergehen,
Um neu in deinem Leben zu erstehen!
Ich fühl's - mit leise schauerndem Entzücken.

Kann der Magnet die eig'ne Kraft verdammen?
Das Band zerreissen, das die Seele bindet,
Den Brand vernichten, den er selbst entzündet? -

Es strahlet mir dein Aug' - die Götterweihe,
Dein Lächeln zeigt die schönste Perlen-Reihe:
Und freudig sterb' ich in den Liebesflammen. -


7. Der Morgen

Es sinkt der dunkle, sterndurchwirkte Schleier,
Der Tag entsteigt des Wolkenbettes Räumen;
Sein graues Lager golden zu umsäumen -
Ergießet er ein sanftes Rosenfeuer.

Und Phöbus grüßend, schaut nun wieder freier
Des Berges Haupt, aus Silbernebel Träumen;
Denn neu erglänzt, der Wogen wildes Schäumen
Im jungen Strahl, der ersten Morgenfeier.

Die Rose küßt ein Feierblick der Sonne,
Verlangend trinkt er ihre süßen Thränen,
Und höher glüht sie dann in Liebeswonne.

Doch kann die Weide nicht die Thränen stillen
Und nimmer sich zum Himmelslicht gewöhnen,
Da ew'ge Schmerzen ihre Brust erfüllen.



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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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