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Wiedenmann, Johann Jakob: Auf dem Kirchthurme zu Kalkreuth bei Nürnberg (2)
#1
Johann Jakob Wiedenmann
1786 - ?


Auf dem Kirchthurme zu Kalkreuth bei Nürnberg

I.


Hier steh' ich staunend still. Welch herrliches Erblicken!
Ein Panorama groß und schön liegt unter mir.
Gleich einem Aar schweb' ich im hohen Luftrevier,
Und athme selig paradiesisches Entzücken.

Die Thäler, rings bekränzt von schöner Berge Rücken,
Sie liegen friedlich da voll Leben, Pracht und Zier,
An Saaten reich, an Fluren glänzend für und für,
Und heitre Orte zahllos Thal und Hügel schmücken.

Im Ost dort eine Burg, von Süd schaut uns entgegen
Dort unsre Stadt mit ihrer Veste alten Zeit,
Und westlich übern finstern Reichswald hin gelegen

Ruht eine zweite noch, der Wissenschaft geweiht.
So schau und schau ich fort voll wonnigem Empfinden;
Wer kann in dem Genuß' die Sättigung wohl finden?


II.

Ihr göttlichen Geschenke, Licht und Farb' und Leben!
Im Spiele eurer zauberreichen Allgewalt
Fühlt man, und ahnt den Hauch, der durch das Weltall wallt,
Erfaßt das Herz den Göttlichen, der euch gegeben.

Und die Gefühle, die sich im Genuß' erheben,
Sie sind ein dankend Lied, das aus dem Herzen hallt,
Die Strahlen von dem Wunderbild', das sich nur malt,
Das auch die kühnsten Ideale nicht erstreben.

Mir ist so wohl, ich fühle mich so überselig
In diesem unschuldreinen, freudereichen Himmel.
O Erdenleben, Walten, Treiben, toll Getümmel,

Verstumme ewig! Heute bin ich wunderfröhlich!
Ach! daß dieß selige Gefühl nicht ewig währt!
Der nächste Augenblick, er kömmt - es ist zerstört!



.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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