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Dem Genius und Ideal (10)
#1
Dem Genius und Ideal

1.


Es weht ein hehrer Laut aus allen Landen,
Und Lieder opfern alle Ewigkeiten,
Denn eine Harfe schwamm im Strom der Zeiten,
Die hochbegeisterte Rhapsoden fanden.

Unwissend, ob ich einer der Gsandten,
Die im Gesange zarte Wunder deuten,
Schlug ich erkühnt in jene goldnen Saiten,
Die Unvergänglichen den Lorber wanden.

Dein frommer Ernst zwar hat es mir verboten,
Daß ich der Welt das Reinste übergebe,
Die heil'ge Jugendfülle jenen Todten;

Verzeih' mir, wenn ich doch erglühend strebe,
Dich zu umjubeln mit der Liebe Oden.
Daß Deine Schönheit noch Aeonen lebe.


2.

Zwei Frühlinge berosen unser Leben,
Die Freundschaft und der Liebe Schwärmereien;
Wie aber, wenn die Kronen dieser Maien
Vereint den höchsten Lenzesausdruck geben?

Bald welkt die Liebe an den morschen Stäben
Der Leidenschaft, und wenn nach sorgenfreien
Ergüssen Jahre unser Haupt beschneien,
Schwankt auch die Freundschaft gleich verdorrten Reben.

Der Jüngling aber paart die Frühlingsfalter:
Geizloser Jugend jauchzende Gefühle
Mit Heldenliebe aus dem Mannesalter.

Du führest mich zu diesem hohen Ziele,
Nun säuseln meine wonnevollen Psalter
Um Deins Leibes zarte Blumenspiele.


3.

Du staunst, daß meine Jugend schon gedichtet,
Und weißt, wie liederreich die Schwalben waren,
Bevor sie noch zum kecken Meerbefahren
Ihr buntgeflaumtes Ankerpaar gelichtet.

Der Buhle Mai trägt, wie ich Dir berichtet,
Den Flammenkranz von Rosen in den Haaren,
Sahst Du, wie viel er auch der Unfruchtbaren,
Bevor er diese Krone flocht, vernichtet?

Solch strenge Auswahl ward mir zum Exempel,
Daß ich, von Schrankenlosen unbestochen,
Frühzeit'gen Sängen gab der Reinheit Stempel;

Denn ach, es sind Vandalen eingebrochen
In unsrer Heldensprache reinen Tempel!
Wohlauf, mein Lied, du willst sie unterjochen!


4.

Glaubst Du, daß Dichtung mit den Worten spielet
Und kleinlich hascht nach bunten Redensarten?
Das Wort erwacht, das auf der Seele zarten
Traumlagern schlief, sobald die Seele fühlet.

Wie milde Mailuft in den Fahnen wühlet,
So flattern dann der Poesie Standarten
Am Herzensalter gottergebner Barden,
Bis die Begeistrungsbrände sich verkühlet.

Wenn länger zwar die Musenzwerge toben,
So nascht vielleicht ein Schwarm der Bilderdiebe
Von Dem, was unbegreiflich Dich erhoben.

Jedoch die Armuthsschnuppe flackert trübe,
Indeß, wenn sie dieß Lied sich unterschoben,
Ein um so schöneres erschafft die Liebe.


5.

Was soll ich wählen unter tausend Uebeln,
Denn jede neue Wahl nährt neue Schlangen;
Soll ich Dich anzusehn mich unterfangen,
Und soll ich's nicht, wer hilft es mir ergrübeln?

Und dennoch steht in uraltheil'gen Bibeln,
Wie Jonathan zum Hirtensohn gegangen,
Wie sie mit keuschen sonnenrothen Wangen
Durchblätterten der Freundschaft Blumenfibeln,

Um jenen Felsen, dem die Morgenrosen
Des Tags das jugendliche Haupt umweben,
Hörst Du der Echo leise klagen kosen?

Wir sind die Beiden, denn Auroren schweben
Um Deine stolze Jugend, und im losen
Verhaltnen Gram muß ich den Sang anheben.


6.

Wohl viele Freunde magst du lieber haben,
Doch einer will Dich stumm um Liebe flehen,
Die Schwüre, die in seinem Herzen stehen,
Kann man mit seinem Herzen zur begraben.

Er kennt nicht Deiner Neigung kleinste Gaben,
Nicht einmal Deines Athems leises Wehen,
Sein höchster Wunsch muß ewig irregehen,
Und doch liebkos't sein Traum Dich holden Knaben.

Er glaubte oftmals, daß die liebevollen
Gemüther, welcher ähnlicher Empfindung,
Sich leise mit dem Namen rufen sollen;

Doch schwand ihm bald die täuschende Erfindung,
Dr nun sich, weil es so die Götter wollen,
Verzehrt in thränenvoller Ueberwindung.


7.

Nur Wahrheit gib mir, gern will ich entsagen!
Spricht doch die Rose, die dem Lenz entsprossen,
So klar von seiner Brust, die sie genossen,
Vom zarten Blüthenleib, der sie getragen.

Was soll des Auges Perle stets Dich fragen,
Was fragt das Lied, das stürmisch sich ergossen,
Was gieß ich Blumen, welche nie erschlossen,
Was schließ ich Pforten, die schon zugeschlagen?

Bist Du die Seele, die mein Schmerz bekümmert,
Warum so lang denn bist Du ausgeblieben,
Ist's etwa nur ein Schein, der mir so schimmert?

O, wenn mein Wonnekahn, vom Sturm getrieben,
An Deiner Härte altem Riff zertrümmert,
Ich muß Dich dennoch und unendlich lieben!


8.

Die Nachtgestirne alle sind nur Funken,
Die, wenn Du hauchst, zu Sonnen sich entzünden;
Was schirmst Du Deine Blumen vor den Winden?
Vor Deinem Odem wanken alle trunken.

Läßt Du den Mond mit Deiner Liebe prunken,
So wird er sich in Liebesfülle ründen,
Denn, seit ihm Deine Wangen spröd entschwinden,
Sind ihm die sehnsuchtsbleichen eingesunken.

Kommt Dir die Lust, im großen Meer zu baden,
Die Wogen bauen Dir kristallne Brücken,
Und jeder Delphin will Dich auf sich laden.

Doch, willst Du Dich mit Edelsteinen schmücken,
So reiht sich Stern zu Stern an einem Faden,
Um Deinen schlanken Hals verliebt zu drücken.


9.

Wär' ich der Hirtenknabe auf den Wiesen,
Bei seinem Lämmervolk der lust'ge Bube,
Wie fröhlich ging ich aus der Bauernstube,
Um lächelnd den erwachten Tag zu grüßen.

Wenn aber Qualen mich zum Freund erkiesen,
Geht bei des Trostes ewigem Verschube
Mein Wunsch allein nach jener dunklen Grube,
Wo auch die Qualen mit vermodern müssen.

Der Hoffnung träumte einst von Liebesauen,
Drauf sprach sie freundlich, meinen Schmerz zu mildern:
Dort wirst Du Deine Friedenshütten bauen!

Doch diese Zukunft sah mein Blick verwildern,
Der seiner Jugend Trost nun zu erschauen,
Auch sie durchschweift mit lauter Thränenbildern.


10.

Nie hat sich bloße Freundschaft so erhoben,
Wie Hellas sah in seinen Dioskuren;
Dieß ist das Erbe geistiger Naturen,
Das ungeschmälert bleibt, wenn Stürme toben.

Wer wird den Schwur als eine Dichtung loben,
Den Phylades sich und Orestes schwuren?
Die Liebe glüht ja noch auf unsern Fluren
Gleich einem Flämmchen jener Himmelsgloben.

Wer hoch in den unendlichen Orkanen
Das Boot verläßt, um herrlich zu verderben,
Dem Einzigen den Rettungsweg zu bahnen:

Der lebt, und läßt ihn auch der Delphin sterben!
Der Ungefesselte schwingt Freiheitsfahnen,
Und will doch um die Liebesfessel werben.

...

.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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