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Krystalle (4)
#1
Krystalle
(Zur Herausgabe seiner Poesien. München 1827)

Wie in der Berge Schooß sich die Krystalle
Durch der Natur geheime Kraft gestalten,
Der Hand des Glücks verborgen aufbehalten,
Selbst regelvoll in regelloser Halle;

So in der Brust des Dichters still entfalten
in Liederformen sich die Ideale:
Was jene sind im Reich der Minerale,
im Reich des Wissens sie durch Phöbus Walten.

Den Schachten des Parnassus abgewonnen,
Biet' ich euch hier den Kranz der Strahlensteine.
Ob ich dem Werth gefolget, - ob dem Scheine,

Ob sie des Künstlers strenge Probe lohnen ? -
Ich wag' es doch, und weih' aus reinem Triebe
Dem Vaterlande ihn und meiner Liebe.


Dedikation
zur andern, ums Doppelte vermehrten Ausgabe.

I.

Verargt mir's nicht, Krystalle nenn' ich wieder,
Was des Parnassus Schacht mir hat gegeben.
Des ehern Stoffes reines Strahlenleben,
Welch höhres Bild als Muster aller Lieder!

Ich sag' ja nicht, die Meinen strahlen's wieder;
Selbst die Natur versagt der Uebung Streben;
Nicht frei kann stets die Form den Stoff erheben,
Oft hält der Stoff des Lichtes Siege nieder.

Wo Licht und Stoff harmonisch sich umfingen,
Muß rein die Form und frei vom Chaos springen,
Und göttlich Feuer bricht dreistrahlig aus den Spitzen.

Und wie des Alls Symbole sind Krystalle,
Der Schöpfung Gleichniß aus dem Liederstrahle,
Es soll der Geist den Stoff gestalten und durchblitzen.


II.

So kühn das Ziel, so adliger das Ringen;
Und lieber will dem Ziele ich erliegen,
Als unters Joch die freie Seele schmiegen,
Dem Muthe Ruhm, versagt auch das Gelingen!

Den Hunderten, die leicht sich selbst genügen,
Apoll's armsel'gen, grauen Eintagsfliegen,
Die, ihre Schwäch' verzeitlichend, nur singen,
Will ich hier nicht des Wettkampfs Ehre bringen.

Ich füle mich, ihr müßt mir schon gewähren,
Zu bitten frei: wollt ihr den sänger ehren,
Müßt ihr ihn gänzlich unverglichen lassen!

Will in den Kreis der Meister mich nicht wagen,
Doch los auch von den Lehrlingen mich sagen:
Vergleicht mich mit mir selbst, wollt ihr mich fassen!


III.

Weils deutscher Brauch und löblich schöne Sitte,
Mit dem, was uns die Götter gnädig schicken,
Aneignend die zu ehren und zu schmücken,
Für die das Herz in Lieb' und Huld erglühte; -

So schaut' ich rings um mich mit Prüfungs-Blicken
In meines Lebens sonnigerm Gebiete:
Wen ehrt' ich wohl am meisten noch im Liede?
Wen kann die Gab' am innigsten entzücken?

Da hat's in meinem Busen tief geklungen:
Dem Vaterland des Dankes Huldigungen,
Der Freude kranz um's holde Haupt der Liebe.

Der freien Gunst Geschenke leg' ich wieder
Mit freier Gunst in theure Hände nieder,
Gewiß, daß gleicher Dank mein eigen bliebe!


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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