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Die Lilie
#1
Die Lilie

Noch einmal, Laute, mußt du mir erklingen,
Du Freundin meiner süßen Herzensklagen!
Noch einmal will ich's kunstgeregelt wagen,
An Emmas Sarg der Liebe Lied zu singen.

Ob auch die Seele muß verzweifelnd ringen,
Es ist doch Wonne bei dem bangen Zagen.
Erinn'rung glänzet aus verblühten Tagen,
Wenn Minnelieder Minnesehnsucht bringen.

Und was ich leise zu der Laute sage,
O Emma, Herrin, Dir sei es geweiht:
Einfache Blumen deinem Sarkophage.

Nimm freundlich, was die Hore mir gespendet,
Du Lieblichste, den Sternen angereiht.
Nimm mich zu Dir, ist mein Gesang beendet.


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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
I.

So gern gefangen möcht ich sein, gefangen,
Wo, Emma, deine Zauberlüfte wehen.
Wie Du glänzt Cos nicht auf Morgenhöhen,
Nicht Hebe mit der Jugend holdem Prangen.

Die Ketten doch, die um den Nacken hangen,
Sie müssen deine Arme sein, und sehen
Müßt' ich die Frühlingsrosen deiner Wangen,
Und küssen sie in seligem Vergehen.

O neidenswerthes Loos, wenn auch des Sklaven,
O neidenswerthes Wort, auch im Befehlen,
Wo ihre Lippen mein Vergehen strafen!

Wenn mich das Leben, Emma, an dich bände,
Würd' ich den Tod mit Dir voll Freude wählen,
Streckt' er nach deiner Blüthe seine Hände.


II.

O wär' ich diese züchtig fromme Welle,
Um, Schifferin, an deinem Kahn zu klagen,
Ich weilt' entzückt stets auf der Einen Stelle!
Was zög' ich lieber, denn Cytherens Wagen?

Und käm es, daß ihn ein Orkan zerschelle,
Um deine Glieder würd' ich lind mich schlagen,
Im Arme Dich als leichte Bürde tragen,
Daß Dir kein Mißgeschick sich zugeselle.

Zur Grotte, ferne von der Stürme Toben,
Wo die Libellen ew'ge Flügel schwingen,
Würd' ich Dich liebeheiß und schützend bringen.

Dann wollt' ich, Jüngling wieder, Dir erscheinen;
Und ob das Meer im Sturme sich erhoben,
Die Liebe selbst, sie müßte uns vereinen.


III.

Der Abend breitet sein ergraut Gefieder,
Und lange Schatten von den BGäumen fallen.
Der Himmel sendet milden Zephir nieder,
Rings schweigt es in der Schöpfung grünen Hallen.

Im Haine nur der regen Nachtigallen
Wetteifert noch ein stillbelauschtes Schallen.
In süßen Tönen rieseln hin die Lieder;
In Sehnsucht rufet sie das Echo wieder.

Da wandel'ich mit Emma im Gefilde;
Wie Sie, ist nicht die Abendwonne milde.
Ich schwelg' entzückt bei solchen Glückes Gruße.

Ich liebe Dich! seufz' ich zu ihren Füssen.
Geliebter! lispelt Sie lusthingerissen.
Der schöne Laut verschmilzt im ersten Kusse.


IV.

Ich bin geliebt! Wer fasset dieß Entzücken,
Das mir mit froher Pein die Brust beklemmt,
Das der Gedanken freien Drang mir hemmt,
Und mir die Sinne drohet zu berücken?

Ich bin geliebt! Wie Sie es spricht verschämt,
Wie Wonne glüht in süßberauschten Blicken,
Wie Sie Verzeihung bittet frühern Tücken,
Bald Lust entfesselt, bald der Schmerz die Zunge lähmt.

O Lieb' um Liebe! sag', woher du stammest,
Da deinem Szepter alle Welt sich beuget?
Euch, Meer und Erde frag' ich. Recht ihr schweiget!

Denn nach der süßen Hoffung, die du lehrest,
Und nach dem Eden, das du mir gewährest,
Es ist gewiß, daß du vom Himmel kamest.


V.

Von ihr wenn ich am späten Abend gehe,
Erzürnt mich meiner Rede wenig Leben.
Nur karge Worte von den Lippen schweben,
So oft ich Ihr in's blaue Auge sehe.

Und bin ich nicht in ihrer trauten Nähe,
Zu Worten schnell sich da Gedanken weben,
Und süße Thränen in die Augen streben,
Mein seufzend Herz ich in die Lüfte wehe.

Da löset sich in mir ein flammend Feuer,
Die Seele lüftet ihren dunklen Schleier,
Und läßt am süßen Wahn die Zunge weiden.

Warum, ach, kann ich so von Ihr nicht ferne,
Und doch bei Ihr nur sein? O sagt mir, Sterne,
Warum in Wonne stirbt, was lebt in Leiden?


VI.

Wie? Emma krank? Sie, Hälfte meiner Seele?
Und ich kann nicht zur Heißgeliebten eilen,
Darf nicht an ihrem Schmerzenlager weilen:
Wie ich mit Angst die Schreckenbilder zähle!

O bittrer Trank so reicher Hoffnungsquelle!
O finst're Nacht aus reinster Sternenhelle!
Armsel'ge Erndte aus den beßten Theilen!
Glücksüberrest in solchen kurzen Zeilen!

Sie, deren Wangenpaar einst rosig blühte,
Sie liegt vom Krankheitsgifte starr gebunden,
Die Augen trübe durch der Seele Wunden.

Ach! daß mir Emma wieder neu erglühte,
Und der Natur geheimnißvolles Walten
Das Roth der Wangen wollte frisch entfalten!


VII.

Was säumst du im umwölkten Auge, Thräne?
Erfrische nur die abgelebten Wangen!
Die fest mich hält an Herz und Sinn gefangen,
Erregt auch dich, o Thräne, wie ich wähne.

Der Frühling schmücket sich in neuer Schöne,
Und mit dem frischen Laub die Bäume prangen:
Nur Sie ist fern, der Schöpfung Glutverlangen,
Daß Sie die Erd', als Frühlingsgöttin, kröne.

Wie gerne litt ich ihren herben Schmerz!
Ach, ohne Sie irr' ich in dunkeln Räumen,
Nur Sie vermag mein Dasein zu erhellen.

Wo ich auch bin, das arme, kranke Herz,
Gefangen in der Liebe holden Träumen;
es sieht ihr tröstend Bild sich mir gesellen.


VIII.

Sie hat vollendet! Ihre bleichen Wangen
Verkünden es, die aufgelösten Glieder.
Sie stieg an Engelshand zur Ruhe nieder
Im braunen Haar der Mirte bräutlich Prangen.

Für Sie aus heiligklarem Borne sprangen
Die kleinen, Ihr geweihten, Herzenslieder.
Wallt nur zurück ihr Sangeswellen wieder,
Was wollt ihr denn vom Leben noch verlangen?

Sie, ganz nur Liebeston, ist heimgegangen.
So ist des Lebens schönster Theil verloren,
Das Köstlichste, so Liebe je erkoren.

Leb' wohl, o Laute! deine Töne sangen
Nur Sie allein: du sollst nun fortan schweigen,
Da Sie nicht mehr, da Sie im Geisterreigen.


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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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