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Der Geliebten (8)
#1
Der Geliebten


1.

Ich schifft’ umher die Gründe des Geschickes
Auf leckem Kahn in wilden Sturmesnöthen,
Die in Verzehrungsblitzen sich erhöhten
Dem Fährmann nach dem Orient des Glückes.

Da tauchte schlank herauf und hohen Blickes
Ein Tempel plötzlich in den Morgenröthen.
Gekost von ew’gem Klang aus goldnen Flöten
Stand da der Pharos, herrlichen Geschmückes.

Und ich, der hingeschmachtet im Entzücken,
Durft’ von der Blume, drinnen aufgerichtet,
Den Götterlenz mir der Gefühle pflücken.

Das salzbeträufte Ruder ruht beschwichtet.
Ich fühl’s, ich fühl’s: was Ahnung vordeß bleichte,
Flammt sosig jetzt die Trösterin Herzleuchte!


2.

Keinem Mädchen gab ich Eid und Treue!
Allen schlug das warme Sängerherz.
Richten selbst soll Amor’s hohe Weihe,
Ob das Spiel Gefühl, der Scherz ward Schmerz.

Lust des Auges aber bringt nicht Reue,
Ist Gemüth und Geist gediegen Erz.
Nippend heil’gen Kuß der Himmelsbläue,
Eilt der Zephyr gerne veilchenwärts.

Doch jetzt, wie so anders ist es worden!
Aus liebheißer Mädchen Sonnenorden,
Nur du Eine bist mir Sehnsuchtsquell.

Zaub’rin, hast du mir der Treue Oden
Ein in’s Herz geweht, und ach! gar schnell
Reift so liebe Saat im Lavaboden.


3.

Still schwieg sie jetzt in süßer Bange,
Und saß am Fenster wie gebannt.
Ihr Auge sank, sie weinte lange.
Jed Leben außer uns verschwand.

Ich fasse leis die liebe Hand,
Und drück’ auf sie die glüh’nde Wange.
Ich spiele mit der Lockenschlange.
Mein Arm den Zitterleib umspannt.

Und leis berührt sie meine Hand,
Schaut mir in’s dunkle Feuerauge;
Die Finger drücken unbewußt.

Vom Seligsten, ach, übermannt
Hangt fest ihr Mund an meinem Hauche,
Schlägt laut ihr Herz an meiner Brust!


4.

Wie heimlich sind an deiner Brust die Tage,
Du überholdes Leben, mir vergangen!
Weiß ich doch nicht, wie deines Arms Umfangen
Im Herz des Herzens brach so leicht die Klage.

Fort zieh’ ich jetzt! Und daß mir Niemand sage:
„Es hält ein ander Bild sein Herz gefangen,“
Laß ich das meine dir zum Pfand, und trage
Bei mir das Deine fest als mein Verlangen.

Gemalt ist meine Lieb’ am Himmelsblau.
Wolken vorüber flieh’n; doch in der Tiefe
Blaut es ja fort, rein, treu und ewigfrisch.

Selbst wenn, getränkt mit Lethe’s Schlummerthau,
Ein Krampf das Herz umstarrte zauberisch:
Den Dunst zerblitzt der Liebe Hieroglyphe!


5.

Ich ging zu ihr mit bangendem gemüthe,
Wie vor dem Sturme bang, der vom Gewälde
Herbraust, und meiner Hoffnung armen Felde
Zu malmen droht die letzte Perlenblüthe.

Ob ich ihr Alles noch und einzig gälte?
Ob ihres Kusses Flamme noch mir glühte?
Hält mich umflossen nur ein Truggemälde,
Und weil’ ich nicht im Liebeslustgebiete?

In holder Au, die wir so oft durchgangen,
Brach ich die Blumenprobe ihrer Gluten,
Geröthet von des wunden Herzens Bluten.

„Sie trügt. Trügt nicht. Trügt. nicht - - Ach! Lina trügt!“
Ein holder Arm hält glühend mich umfangen,
Ein heißer Kuß: „Pfui! dein Orakel lügt!“


6.

Ich kenn’ ein Herz, das mir in Liebe wallt;
Wenn dieses trüge, Treue wär verkommen.
Aus seiner Klänge heil’gem Dom entnommen
Ist der Akkord, der meinen Geist durchhallt.

Ich weiß ein Aug’, dem fromme Glut entstrahlt,
Die am Krystall der Seele tief entglommen.
Von des Gefühles Aethermeer umschwommen,
Wie sein süß Winken meine Wange malt!

Ich drück’ eine Hand, aus welcher Myrten grünen,
Die goldne Zweige breiten um mein Leben,
Und Südens Düfte hauchen, himmlischreine.

Ich küß’ einen Mund von brennenden Rubinen,
Und denke ewig nur das Einzigeine:
Wie sie so ganz sich eigen mir gegeben!


7.

Mein Mädchen Sternenaug! Die stille Glut
In deinem Blick ist keiner zu vergleichen!
Sie könnte selbst des Chaos Nächte scheuchen,
Gelagert auf des Orkus Nebelflut.

Soviel der Seligkeit durchstrotzt mein Blut.
Ja, kühn zum Sternenzelte will ich reichen.
Ich brech’ entzwei des Schützen flammend Zeichen.
Dem Mond selbst reiß’ ich ab den Silberhut.

Durch alle Sphärenwetter mich erschwingen,
Bis in des Himmels neunte Halle dringen;
Nicht meine Kraft ist schwach, mein Muth nicht Wahn,

Daß unter meinem stolzen Fuß die alten
Demantgewölbe blitzend wiederhallten:
O Jünglingslieb! Du stürmender Titan!


8.

Deines Herzens purpurne Fontäne
Wirft der Güte schimmernden Jewel
Auf zum Himmelskulm, daß überhell
In der Iris Perlenring er brenne.

Deine reine Demuth (selbst Selene
Blinkt nicht goldner stillen Strahlenquell)
Ist der Talisman, deß Zauber schnell
Jede Zauberei stört der Sirene.

Doch das hohe Meer der Lieblichkeiten
Oeffnet erst dein Geist, vom Urmagnet
Deiner Huld und Anmuth angezogen,

Der, als Pharos mit Aurora’s Breiten,
Von Harmonikakrystall umweht,
Leuchtet in der Nächte Noth und Wogen!



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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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