Gistl, Johannes Xaver: Meine Jugend (3)

[ZaunköniG]

Johannes Xaver Gistl
1809 - 1873

Meine Jugend

I.

O schöne Zeit, wo ich als Knab' empfunden,
Vom Hain den edelsten Genuß empfing,
Mit hoher Lust durch seine Schatten ging,
Aus meiner Brust war Schmerz und Leid verschwunden!

Als ich in meines Lebens schönsten Stunden
Beglückt an tausend großen Träumen hing:
Das Jugendleben war ein Zauberring,
Als Blumenkranz mir um das Haupt gewunden!

Doch jene Zeit, sie ist zu Grab' gegangen!
Und quälend nahet mir die Wirklichkeit,
Denn Schmerz entfärbt die Rosen meiner Wangen.

Wo weilest du, mein Glück, das einst im Freien
So reizend zeigte eine große Zeit?
Wo soll ich Opfer meinem Frieden weihen?


II.

Wenn mit des Frühlings ersten Morgenstrahlen
Noch Hespers Licht am blauen Himmel stand,
War froh mein Geist auf Träume hingewandt,
Entzückt vom sanften Lied der Nachtigallen.

Apoll hat micch mit seinem Wohlgefallen,
Als ich den Anklang meiner Kraft empfand,
Vom Irdischen hinweg mit zarter Hand
Geleitet in der Musen Götterhallen.

Mir freundlich auf der Au die Blume strahlte,
Und jeder Baum mir kühlen Schatten both,
Bis sich im Purpurroth der Abend malte!

Wie konnte ich um Glanz die Welt beneiden,
Da mir im Busen waltete ein Gott,
Beglückend mich mit reinen Jugendfreuden?


III.

Natur! in deinem himmlischen Geleite
Gewann ich Liebe für die grüne Flur!
Zu meiner Kunst entdecktest mir die Spur,
und ihre Würde von der schönsten Seite.

Dir folge ich bis in di fernste Weite,
Denn überall erscheinest du mir nur
Als Führerin, vergötterte Natur,
Wenn ich zum Ziele meiner Wünsche schreite.

Dir treu zu dienen in dem Raum hienieden
Umschling' ich dich mit heil'ger Smpathie
Und mit der Feuergluth der Phantasie.

Belohnend mich, gewährest du mir Frieden;
Denn ich durchwandle bieder und gerad',
Durch dich beglückt, den kurzen Lebenspfad.


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