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Sonette aus dem Orient ( von 1864 ) Blätter aus dem Buch der Suren (18)
#1
Sonette aus dem Orient ( von 1864 )


Blätter aus dem Buche der Suren

El-Fatiha
Koran, 1. Sure


„In des Allgüt’gen, Allerbarmers Namen!
Gelobt sei Gott, der Herr der Ewigkeiten.
Der herrscht und richten wird am Schluß der Zeiten.
Deß Huld für alles Leben Keim und Samen.

Das All umfängt Dein Arm, ein starker Rahmen.
Wir beten Dich in Demut an und breiten
Um Rettung aus nach Deines Himmels Weiten
Die Hände, die zu bitten nie erlahmen.

O führ’ uns auf den rechten Weg, den Weg
Des Heils, auf dem Du gnädig Dich erwiesen,
Und bann’ uns von der Irrenden Geheg’,
Das fernab liegt von Deinen Paradiesen;

Von Denen, die noch an das Licht nicht kamen,
Und über die Dein Zorn entbrannt ist. – Amen.“


Gott ist das Licht
Sure: Elnur

„Es glänzt ein Licht aus hoher Mauerblende,
Das alle Sterne überstrahlt und Sonnen;
Kein Wandel ist ihm vorbestimmt, kein Ende,
Zu leuchten hat kein früher Licht begonnen.

Es schützen rings demantcrystall’ne Wände
Vor Stürmen dieses Haus voll Lichterwonnen;
Kein zündend Feuer brachten Menschenhände,
Von selbst hat sich des Lichtes Glanz entsponnen.

Der Docht bleibt unversehrt, und nie versiegt
Das Oel, und magst du ost- und westwärts wandern,
Nicht findest du den Baum, dem es entquoll.

Gott ist das Licht, das alle Nacht besiegt;
Sein Leuchten reicht von einem Stern zum andern,
Und seines Strahls ist Erd’ und Himmel voll“.


„Vers des Thrones“
Sure : El-Bakara


« Nur Gott ist Gott ! Er, der das All belebt,
Und dessen Winke sich die Sterne fügen.
Er thront allein, im höchsten Selbstgenügen,
Sein Odem ist’s, vor dem die Erd’ erbebt.

Ihn überfällt kein Schlaf, kein Schlummer webt
Ihm Nacht vor’s Angesicht, sein Aug’ zu trügen;
Durch’s Dunkel zuckt sein Blick in Flammenzügen,
Das donnernd zwischen Erd’ und Himmel schwebt.

in seiner Hand ruht Auf- und Niedergang,
Der Mittagspol, der Pol der Mitternacht,
Was ist und war, liegt vor ihm aufgeschlagen;

Er denkt voraus, die Ewigkeit entlang: -
Wer naht dem Strahlenthron, der Herrschermacht?
Darf ungerufen sich zu nähern wagen?“


Werke und Offenbarungen Gottes
Sure: Elen´am[i][/i]


„Und Gott ist’s, der die Sterne hingestellt,
Auf daß sie euch zu Land und Wasser leiten,
Und Sonn’ und Mond, zu messen d’ran die Zeiten;
Der Nacht und Helle von einander hält.

Er läßt die Wasser rauschen, Regen fällt
Auf sein Geheiß, die Erde grünt, auf weiten
Gefilden wogt das Korn, die Palmen breiten
Sich aus, die Dattel reift in ihrem Zelt.

Granaten glüh’n, es trieft Olivensegen
Und in der Traube perlt der süße Saft.
Gar sicher weiß euch Gott und wohl zu hehen
Im Mutterschooß, in wunderbarer Haft.

Der erste Mensch, er stammt aus Gottes Händen,
Und wir aus dieses Mannes Kraft der Lenden.“


Die Zufluchtssuren
Suren: Elfeläk und Ennaß


„Ich suche Schutz beim Herrn der Dämmerungen
Vor allem Übel, das mich mag bedräuen:
Wenn Argwohn gegen mich die Lästrer streuen,
Vom Flüstergeist und Menschenfeind gedungen;

Wenn Neid in eines Menschen Herz gedrungen,
Sich heimlich meines Ungemachs zu freuen;
Wenn säumig ist der Mond, sich zu erneuen,
Und lang’ die schwarze Nacht ihn hält bezwungen.

Ich flieh’ zu ihm, wenn Weiber Flüche sinnen
Und Zauberknoten schürzen, mir zu schaden.
Des Ihm Ergebenen gedenkt in Gnaden
Der Herr und schützt vor Menschen ihn und Dschinnen;

Der Herr und Gott, der Niemand Vater nennt,
Dem Niemand gleich, der keinen Sohn erkennt.“


An die Ungläubigen
Sure: El-Bakara


„Ihr habt ein großes Feuer angefacht,
Die Welt beschaut ihr euch im Flammenlichte;
Doch Gott macht eu’re Zuversicht zunichte,
Er haucht den Schein hinweg und es wird Nacht.

Es rollt ob eu’ren Häuptern, dröhnt und kracht,
Der Blitz zerreißt der Wetterwolken Dichte;
Euch mahnt an nahe, kommende Gerichte
Des Donners Ruf, der sich vertausendfacht.

Wohl bohrt ihr eu’re Daumen in die Ohren,
Doch schweigt darum der Donner, eitle Thoren?

Wenn Dunkel euch umfängt nach Blitzeshelle,
Was zagt der kühne Fuß, der sonst so schnelle? –

Gehör und Augenlicht, das raubt euch Gott;
Denn wiss’t: allmächtig ist sein Kraftgebot!“


Die guten Werke der Ungläubigen
Sure: Einur


„Ein heißer Hauch entschwebt dem Wüstensand
Und zaubert frischen Quell und Psalmenschatten
Den Wand’rern vor, die dürsten und ermatten;
Die kuppelreiche Stadt am Meeresstrand,

Der Dattelhain, der Busch am Bachesrand
Sind eitel Trug und Trug die weichen Matten –
Der Wand’rer sinkt und birgt die täuschungssatten,
Die brechendtrüben Augen in’s Gewand; -

Es kocht die See, es thürmen sich die Wogen,
Es mischen sich die Wolken mit den Fluten,
Und Nacht hält diesen grausen Kampf umzogen:

Ungläub’ge rühmen sich des Scheinbarguten;
Doch ihrer Thaten Werth ist Schaum an Schwere,
Ist Spiegelung, ist Nacht auf wildem Meere.“


Gottes Strafgerichte
Sure: Eluminum

„Ungläub’ge Völker können nicht erreichen,
Daß ihrer schone, der mit Strenge richtet;
Er straft, er ist’s, der sie im Zorn vernichtet,
Daß spät’re wandern über ihre Leichen.

Und kein Geschlecht kann seinem Loos entweichen;
Zur rechten Frist der Tag sich jedem lichtet,
Urzeitlich ist sein Zielpunkt aufgerichtet,
Untrüglich sind des nahen Falles Zeichen.

Wer zählt der Gottgesandten lange Reihe?
Und allen doch bestritt man ihre Weihe
Und spottet ihrer. – Weh’ euch, Gottverächtern!

Es sanken ganze Völker ins Verderben;
Von Gottes Strafgerichten melden Erben
Die Warnungskunde kommenden Geschlechtern.“


Ungläub’gen wehret eure heil’gen Orte
Nach der Sure: Etteube.


Ungläub’gen wehret eu’re heil’gen Orte
Und laßt sie nicht der Kaaba nahe kommen;
Denn ihnen würd’ es wahrlich wenig frommen,
Zu zeugen wider ihr eig’nen Worte.

Nur Denen öffne sich die Tempelpforte,
Die zu dem Einen flehen, herzbeklommen,
Auf dessen Hauch die Sonnen all’ entglommen,
Zur Wüste die Sahara einst verdorrte;

Nur Denen, die des Weltgerichtes Nahen,
Die Rückkehr in Allah’s Gefilde glauben
Und die den Hülfbedürftigen nicht mit tauben,
Mit abgewandten Ohren nicht empfahen;

Und Denen nur, die Weib und Kind verlassen,
Wenn Gott gebeut, zu bluten, zu erblassen.


Der Mensch ist undankbar
Sure: El´adijath


Bei allen Rossen, die die Bahn durchrennen,
Mit ihren Hufen Staubeswolken wecken,
Und die mit muth’gem Wiehern, Zähneblecken
Den Tag begrüßen und vor Kampflust brennen;

Die in Gefechten dichte Reihen trennen,
Verwundet stürmen durch die Lanzenhecken,
Aus Steinen Funken schlagen, daß voll Schrecken
Wir weithin ihre Pfade Nachts erkennen:

Der Mensch ist undankbar; sein Tun und Sinnen
Läßt Gott und Gottes heil’ge Satzung fahren,
Beflissen, flücht’ge Schätze zu gewinnen.

Es naht ein Tag, und der wird offenbaren,
Was je bewegt des Menschen Herz tiefinnen;
Sein Lohn wird werden jeglichem Gebahren.


Rhamazan
Sure: El-Bakara[/i]

„Sobald es graut, sobald ihr unterscheidet
Vom schwarzen Faden deutlich einen weißen,
Ist strenges Tagesfasten euch geheißen,
Und daß ihr eu’re rüßen Weiber meidet.

Ja, Speis’ und Labetrank sei euch verleidet,
und weichen Armen sollt ihr euch entreißen,
Der Andacht euch im Heiligthum befleißen,
Bis an der Sterne früh’stem ihr euch weidet.

Dann schwelgt und stillt das glühendste Verlangen,
Die Zunge labt, das dürre Cactusblatt,
Verlangt von eu’ren Weibern ohne Bangen,
Was Gott erlaubt an bess’ren Trostes Statt:

So sei’s gehalten, weil im Rhamazan
Allah das heil’ge Buch euch kundgethan.“


Der Brunnen Semsem
[i]Angedeutet in der Sure: Etteube


O Moslempilger! laß dein Dromedar
Am Bronnen Semsem nicht vorübertraben.
Wohl kann er deinen Gaumen nicht mehr laben,
Und trank ihn Abraham auch süß und klar.

Von Gott verstoß’ne böse Dschinnen haben
Den Born getrübt, verderbt für immerdar,
Und wo ringsum ein Frühlingseiland war,
Hat Flugsand jeglich Grün schon längst begraben.

Doch koste von des Wassers Bitterkeit;
Es macht das Herz des Meccapilgers weit
In Sehnsucht nach den ewiggrünen Auen;

Du träumst des Sidra-Baumes Frucht zu schauen
Und sie, wo ewiglaut’re Bäche fließen,
In heil’ger Schatten Fülle zu genießen.


Das Eden
Suren: Amram, Ennisa, Elzaffath u. a.


“Euch thut sich siebenpfortig auf das Eden;
In Gärten, d’rinnen gold’ne Früchte hängen
Und Blüthen sich durch dunkles Laubwerk drängen,
Ein Haus der Stäte prangt für euer Jeden.

Ihr rastet fürder von des Lebens Fehden
An süßer Wasser kühlungsreichen Gängen.
Nie wird euch Traurigkeit das Herz beengen,
Verwunden nie der Stachel loser Reden.

Ihr geht in sedenwallenden Gewanden,
Nach Wonnen, die nur wechseln, die nicht schwanden,
In lichte Träume sinkt ihr, schlafbesiegt.

Die Glieder strecket ihr auf weiche Matten,
Und heller Augen Brauen geben Schatten,
Wenn euer Haupt im Schooß der Huri liegt.“


Kain
Sure: Elmajeda


„Es starrte reu’los auf die Bruderleiche
Der Mörder Kain. Er trug sie fort, lud wieder
Von seiner Schulter die entseelten Glieder,
Und wieder starrt auf sie der Neidesbleiche.

Da stürzt urplötzlich aus dem Luftbereiche
Ein Rabe blutend auf die Erde nieder;
Ein Vogel folgt mit rauschendem Gefieder,
An Größe, wie an Farbe ganz der gleiche.

Er ist’s, der jenen tückisch todtgebissen
Und seine Leiche nun im Sand verscharrt: -
Da fängt es an, den Mörder zu gereuen.

Er bebt und heult vom tiefsten Weh zerrissen:
„Ich Thor! Ein Rab’ ist’s, der mir offenbart,
Wo ich den Bruder berge, den getreuen!““


Abraham
Sure: Elen´am


„Nun, das ist Gott!“ rief Abraham und schaute
Den schönsten Stern am blauen Himmelsbogen –
Die Sterne sanken, die emporgezogen,
Sein Gott erblich, sobald der Morgen graute.

„Das ist mein Herr!“ sprach Abraham und traute
Dem Mond und seines Lichtes Silberwogen –
Der Mond zerbarst und schwand, und Nebel flogen
Und Wolken über ihn, gewitterlaute.

Da that sich auf der Sonne Strahlenhaus.
O Herrin mein!“ so jubelt Asars* Sohn –
Doch auch die Sonne stürzt vom gold’nen Thron,
Und Abraham, er ruft in Demut aus:

„Ich wandelt’ irr, wie alle Götzenknechte;
Unwandelbarer, weise mich zurechte!“


*Asar heißt nach dem Koran der Vater Abrahams


Selicha
Sure: Iussuf


Selicha lud zu sich die Spötterinnen
Und ließ für sie ein köstlich Mahl bereiten.
Die Sclaven nah’n, geschäftig auszubreiten
Des Hauses Pracht, die Gäste zu gewinnen.

Auch Josef naht, ein Wunder allen Sinnen;
Ihn heißt die Herrin scherzend näher schreiten –
Und Seufzer jedem Frauenmund entgleiten,
Und Brunst erwacht in jeder Brust tief innen.

Die Frauen ritzen blutig sich die Hand*,
Und dunkles Feuer sprüht aus ihren Blicken,
Und jede hofft, den Jüngling zu umstricken.

Selicha spricht: „Den Jüngling schau’t! Er fand
Mich schwach, doch widerstrebt er meinen Banden.
Nun? Hättet ihr dem Jussuf widerstanden?!“


* Eine alte Sitte im Orient, um die Heftigkeit der Leidenschaft
für den Gegenstand der Liebe anzudeuten.


Pharao
Sure: Die Geschichte und comm.


„Wer ist denn Mosis Gott? Ich kenn’ ihn nicht.“
So höhnt Egyptens König, läßt erbauen
Der Thürme höchsten, welcher je zu schauen,
Erklimmt mit Pfeil und Bogen ihn und spricht:

„Ich will mich umseh’n, wo sein Angesicht.“ –
Er schnellt den Pfeil empor zum silbergrauen
Gewölb des Firmaments, und sieh’, es thauen
Hernieder rothen Blutes Tropfen dicht!

Und blutig kommt zurück der Pfeil geflogen!
„Des Gottes Blut! Und Mosis hat gelogen ! »

Doch sieh’, in Nacht verschwimmt der helle Tag,
Gestreift von eines Engels Flügelschlag
Zerfällt in Schutt das stolze Schaugerüste! –
Die Trümmer deckt der rothe Sand der Wüste.


Salomon’s Tod.
Sure: Saba


Der aller Vogelsprachen kundig war,
Der Stürme rasen ließ und wieder schweigen,
Der, um den Tempelbau zu fördern, steigen
Aus dunklen Gründen hieß die Geisterschaar;

Und dem der Born der Weisheit floß so klar
Wie Keinem noch: er sah den Tag sich neigen
Und sah geschlossen seinen Lebensreigen,
In Schlummer sank sein Haupt für immerdar.

Doch auf den Herrscherstab gestützet fand,
Voll Majestät, gleich einem Marmorbilde,
Des Königs Leib noch Halt, die Geistergilde
Beherrschend, bis der Bau vollendet stand.

Dann brach der Stab, durchfressen von dem Wurme,
Die Königsleiche fiel im Zauberthurme.



.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
Sonette aus dem Orient ( von 1873 )

Blätter aus dem Buche der Suren

El Fatiha



„In des Allgüt’gen, Allerbarmers Namen!
Gelobt sei Gott, du Herr der Ewigkeiten,
Der herrscht und richten wird am Schluß der Zeiten.
Deß Huld für alles Leben Keim und Samen.

Dein Arm umfängt das All, ein starker Rahmen;
In Demut beten wir dich an und breiten
Um Rettung aus nach Deines Himmels Weiten
Die Hände, die zu bitten nicht erlahmen.

O Lenker, lehr den rechten Weg uns wallen,
Den Weg, auf dem du gnädig dich erwiesen
Und der uns führt zu deinen Paradiesen,

Auf daß wir nicht mit Jenen irrend fallen,
Die tappend noch nicht zur Erkenntniß kamen
Und über die Dein Zorn entbrannt ist. – Amen.“


I.

Nur Gott ist Gott, ist, der das All belebt
Und dessen Winke sich die Sterne fügen.
Er thront allein, im höchsten Selbstgenügen,
Sein Odem ist’s, vor dem die Erd’ erbebt.

Ihn überfällt kein Schlaf, kein Schlummer webt
Ihm Dunkel vor, sein Angesicht zu trügen,
Sein Auge blitzt hindurch in Flammenzügen,
Wenn’s donnernd zwischen Erd’ und Himmel schwebt.

Er wiegt in Händen Auf- und Niedergang,
Den Mittagspol, den Pol der Mitternacht
Und weiß, was ist, was war in frühsten Tagen,

und denkt voraus die Ewigkeit entlang –
Wer, ungerufen, darf der Herrschermacht
Zu nahen sich, dem Strahlenthrone, wagen?


II.

„Es glänzt ein Licht aus hoher Mauerblende,
Verdunkelnd Mond und Stern’ und all die Sonnen,
Kein Wandel ist ihm vorbestimmt, kein Ende,
Zu leuchten hat kein früher Licht begonnen.

Es schützen rings demantcrystall’ne Wände
Vor Stürmen dieses Haus von Lichteswonnen,
Kein zündend Feuer brachten Menschenhände,
Von selbst hat sich des Lichtes Glanz entsponnen.

Nie, daß der Docht verglimmt, das Oel versiegt!
und ostwärts magst du suchend, westwärts wandern,
Du findest nicht den Bronnen, dem’s entquoll.

Gott ist das Licht, das alle Nacht besiegt;
Sein Leuchten reicht von einem Stern zum andern,
Und seines Strahls ist Erd’ und Himmel voll“.

III.

Ein heißer Qualm entsteigt dem Wüstensand
Und zaubert Wandrern, die vor Durst ermatten,
Oasen vor mit Quell und Palmenschatten,
Und Städte, kuppelreich am Meeresstrand.

Doch Stadt und Hain und Born und Blumenrand
Sind eitel Trug und Trug die weichen Matten –
Der Wand’rer sinkt und birgt die täuschungssatten,
Die brechendtrüben Augen in’s Gewand; -

Ein andres Bild – es thürmen sich die Wogen,
Die Wolken ringen mit des Meeres Fluten,
Nachtdunkel hält den grausen Kampf umzogen:

Ungläub’ge rühmen sich des Scheinbarguten;
Doch ihrer Thaten Werth ist Schaum an Schwere,
Ist Spiegelung, ist Nacht auf wildem Meere.“


IV.

„Ungläub’ge Völker können nicht erreichen,
Daß ihrer schone, der mit Strenge richtet;
Er straft, er ist’s, der zürnend sie vernichtet,
Daß spät’re wandern über ihre Leichen.

Und kein Geschlecht wird seinem Los entweichen;
Zur rechten Frist der Tag sich jedem lichtet,
Urzeitlich ist sein Endziel aufgerichtet,
Untrüglich sind des nahen Falles Zeichen.

Wer zählt der Gottgesandten lange Reihe?
Und allen doch bestritt man ihre Weihe
Und spottet ihrer. – Weh’ euch, Gottverächtern!

Es sanken ganze Völker ins Verderben;
Von Gottes Strafgerichten melden Erben
Die Warnungskunde kommenden Geschlechtern.“


V.

„Ihr habt ein großes Feuer angefacht,
Die Welt euch anzusehn im Flammenlichte,
Doch Gott macht eu’re Zuversicht zunichte,
Er haucht den Schimmer fort – was bleibt, ist Nacht.

Wenn jäh der Blitz zerreißt der Wolken Dichte,
wenn’s grollend über euren Häuptern kracht
Und sich des Donners Ruf vertausendfacht,
So seid gemahnt an kommende Gerichte.

Was zagt der kühne Fuß, der sonst so schnelle,
wenn Dunkel euch umfängt nach Blitzeshelle.
Der Augen weisend Licht, es steht bei Gott.

Und bohrt ihr eure Daumen in die Ohren,
Verstummt deßhalb der Donner, eitle Thoren?
Er folgt des Herrn allmächtgem Kraftgebot.


VI.

„Ich suche Schutz beim Herrn der Dämmerungen
Vor allem Übel, das mich mag bedräuen:
Wenn Argwohn wider mich die Lästrer streuen,
Vom lügenhaften Flüstergeist gedungen;

Wenn Neid in eines Menschen Herz gedrungen,
Sich heimlich meines Ungemachs zu freuen;
Wenn säumig ist der Mond, sich zu erneuen,
Weil überlange Nacht ihn hält bezwungen.

Er ist mein Hort, wenn Weiber, mir zu schaden
Den Zauberknoten schürzen, Flüche sinnen
Und sich verbinden mit gefallnen Dschinnen.

Des Ihm Ergebenen gedenkt in Gnaden
Der Herr und Gott, der Niemand Vater nennt,
Dem Niemand gleich, der keinen Sohn erkennt.“


VII.

Bei allen Rossen, die die Bahn durchrennen,
Mit ihrem Huf dem Staube Schwingen wecken,
Mit muthgem Wiehern, weißem Zähneblecken
Den Tag begrüßen und vor Kampflust brennen;

Bei allen, die der Feinde reihen trennen,
Verwundet stürmen durch die Lanzenhecken,
Aus Steinen Funken schlagen, daß voll Schrecken
Des Nachts wir weithin ihren Pfad erkennen:

Der Mensch ist undankbar; sein Tun und Sinnen
Läßt Gott und Gottes heil’ge Satzung fahren,
Beflissen, flücht’ge Schätze zu gewinnen.

Doch wißt, ein naher Tag wird offenbaren,
Was je bewegt des Menschen Herz tiefinnen;
Und Lohn wird werden jeglichem Gebahren.


VIII.

O Moslemwandrer, laß dein Dromedar
Am Bronnen Semsem nicht vorübertraben.
Wohl kann er deinen Gaumen nicht mehr laben,
Ihn trank nur Abraham noch süß und klar.

Von Gott verstoß’ne böse Dschinnen haben
Den Born getrübt, verderbt für immerdar,
Und wo ringsum ein Frühlingseiland war,
Hat Flugsand jeglich Grün schon längst begraben.

Doch koste von des Wassers Bitterkeit;
Es macht das Herz des Meccapilgers weit
In Sehnsucht nach den ewiggrünen Auen;

Du träumst des Sidra-Baumes Frucht zu schauen
Und sie, wo ewiglaut’re Bäche fließen,
In heil’ger Schatten Fülle zu genießen.


IX.

“Euch thut sich siebenpfortig auf das Eden;
In Gärten, d’rinnen gold’ne Früchte hängen
Und Blüthen sich durch dunkle Blätter drängen,
Ein Haus der Stäte prangt für euer Jeden.

Ihr rastet fürder von des Lebens Fehden
An süßer Wasser kühlungsreichen Gängen.
Nie wird euch Traurigkeit das Herz beengen,
Verwunden nie der Stachel loser Reden.

Ihr geht in sedenwallenden Gewanden,
Nach Wonnen, die nur wechseln, die nicht schwanden,
In lichte Träume sinkt ihr, schlafbesiegt.

Die Glieder streckt ihr hin auf weiche Matten
Und wacher Augen Brauen geben Schatten,
Wenn euer Haupt im Schooß der Huri liegt.“


Der Rhamazan

„Sobald es graut, sobald ihr unterscheidet
Den schwarzen Faden deutlich von dem weißen,
Ist ernstes Tagesfasten euch geheißen
Und daß ihr eu’re rüßen Weiber meidet.

Euch seien speis und Labetranki verleidet,
und weichen Armen sollt ihr euch entreißen,
Der Andacht euch im Heiligthum befleißen,
Bis an der Sterne früh’stem ihr euch weidet.

Dann netzt des Gaumens dürres Cactusblatt
Und eßt, und heischt vom Weibe sonder Bangen,
Was Gott erlaubt an bessren Trostes Statt.

So sei’s gehalten, weim im Rhamazan
Auf seiner Gläub’gen Bitten und Verlangen
Allah das Buch des Heiles kundgethan.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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