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joseph beuys: zeige deine wunde
#1
zeige deine wunde

grauer filzhut das erkennungszeichen
was wollt der mensch dort wohl verstecken
war der am end zum bloßen kopf bedecken
nein! fragen können den nicht mehr erreichen

denn der ist tot – ganz schnell mal ausgeblasen
wurd die kerze eines erdenlebens
war der so müd des lötens sich erhebens
ja! zu viel hatz ist tod auch dieses hasen

der fetten bürgern filzne haken schlug
schlichte stoffe ihrer welt fremd gemacht
(was feinen freunden vorkommt wie betrug)

ich seh den noch wie der die goldne krone trug
da hat man den auch dornig ausgelacht
(wem hat der seinen filzhut wohl vermacht)
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#2
Hallo Theo,

Ein Künstlerportrait, statt einer Bildbedichtung. Bisher noch nicht hier gepostet, aber natürlich auch richtig an dieser Stelle.
Ich bin mir nicht sicher, wer hier gemeint ist, aber Filzhut und Filz als künstlerisches Material deuten darauf, dass auch hier Beuys gemeint sein könnte?

Interessant, dass du hier ein fast klassisches Sonett geschrieben hast, währund du die Form beim Barockmaler Giorgione sehr frei interpretiert hast. Konzept oder Zufall?

Liebe Grüße
ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Hallo Dirk,

jedes Gedicht bestimmt als gleichberechtigter Partner die Form bei der Gestaltung mit, das ist keine Entscheidung, die ich als Autor allein treffen kann. Die Form (bzw. die besondere Art der Form) bestimmt sich meistens in den ersten Minuten, gelegentlich ändert sie sich aber auch bei der anschließenden Überarbeitung, die tagelang, wochenlang, monatelang andauern kann. Ich denke also (zum Beispiel) nie: Jetzt schreibe ich ein Sonett. (Ich schreibe nur selten forcierte Gedichte, sondern in erster Linie Gelegenheitsgedichte, Gedichte, die sich - warum auch immer - aufdrängen.) Ich staune immer wieder, wenn das beim Sonett der Fall ist. Und welcher Art Sonett es dann wird, das hängt von den unterschiedlichsten Faktoren ab. Da muß ich als Autor die Zügel straff in Händen halten, damit das Beliebige sich nicht einschleicht. Du kannst ja mal das zweite Sonett zu Beuys mit zeige deine wunde vergleichen. Für mich stellt es übrigens den Idealfall dar, wenn Konzept und Zufall die Klingen kreuzen und am Ende beide als Sieger vom Platz gehen. (Ich sehe den Zufall als ZuFall, als etwas, was mir zufällt.) Soviel in aller Kürze.

Theo
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#4
(20.12.2022, 12:55)Theo Breuer schrieb: Für mich stellt es übrigens den Idealfall dar, wenn Konzept und Zufall die Klingen kreuzen und am Ende beide als Sieger vom Platz gehen.

Ist es in Kunst und Literatur nicht meistens so, dass der Künstler im gesteckten Rahmen die Freiheiten auslotet? Und Inspiration ist ja auch immer etwas Zugefallenes. Ich denke, niemand wirkt allein aus sich selbst. Eigentlich ein Allgemeinplatz, aber je nachdem, wie man ihn formuliert, beginnen andere Facetten zu schillern....
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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