Fuchs, Reinhold: Verlorne Quelle

[ZaunköniG]

Reinhold Fuchs
1858 – 1938


Verlorene Quelle

Im Wattenmeere kenn' ich eine Stelle,
Weit draußen vor dem letzten Dünenrande,
Da sieht erstaunt beim tiefsten Ebbestande
Der Wandrer sprudeln eine frische Quelle.

Einst war umhegt der Born, der klare, helle,
Von rotem Klee, von grünem Wiesenlande; —
Heut geht verloren in dem dürren Sande,
Im wüsten Salzgeschäume seine Welle.

Als dort ich stand, betäubt vom Mövenschreien,
Da schien es mir, als ob vom herben Lose
Des Dichters Quell' und Sand ein Abbild seien.

Einst schlang ums Haupt ihm Lorbeer sich und Rose,
Doch heut verhallt sein Lied in der Parteien
Und in der Völker lautem Sturmgetose.



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