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Felix Dahn: Drei Sonette
#1
Drei Sonette


I.
 
Ich hatte, stolzer Weisheit hingegeben,
Vertieft in des Gedankens Einsamkeit,
Entsagt dem Wechselspiel von Lust und Leid:
Nicht Glück, nicht Freude sucht’ ich mehr im Leben.
 
Da zogst du mich – es half kein Widerstreben –
Zurück zum Wunsch nach so viel Lieblichkeit,
Zurück ins Reich der leicht beschwingten Zeit: -
In Furcht und Hoffnung muß ich wieder beben.
 
Ich lebte stolz, mein eigen und geborgen:-
Und ach: nun fühl’ ich meine Seele sorgen,
Daß nicht ein Haar vom schönen Haupt dir fällt.
 
Und doch dank’ ich dem Himmel jeden Morgen:
Die Hoffnung schon, die jetzt die Brust mir schwellt,
Auch unerfüllt, wiegt auf die ganze Welt
 
 
II.
 
Du hast mein Herz mit süßem Gift vergiftet,
Das so gesund und fröhlich einst gedichtet,
Hast Freiheit mir und Friede ganz vernichtet: -
O welches Unheil hast du angestiftet!
 
Auf schwanker Sturmflut des Verlangens triftet
Der irre Geist, sonst fest aufs Ziel gerichtet; -
Ihr Hoffnungen, wie seid ihr sturm-gelichtet,
Die ihr dereinst so reichen Zuges schifftet! –
 
Ich brüte vor mich hin in tiefem Denken:
Doch nicht das Große sinn’ ich und das Wahre,
Ich suche nicht mehr, was ich sonst ergründet: -
 
Die Augen schließend, mich in dich zu senken,
Sinn’ ich nur nach, wie glänzend deine Haare,
Und wie vollendet sich dein Nacken ründet!
 
 
III.
 
O sage nur, wie hast du’s angegangen,
Daß du so ganz mich hast an dich gebunden?
Das andre Leben ist mir all’ entschwunden,
An dir allein muß meine Seele hangen.
 
Zu denken an den Schimmer deiner Wangen
Und wie sich reizend deine Formen runden
Ist nun der Inhalt aller meiner Stunden,
Und all mein Denken ist nur – dich verlangen!
 
Jedoch vergeblich klag’ ich meine Klagen!
Du glaubst, daß die erfüllte Lieb’ ersticke,
Und kennst die Kunst, durch Stolz die Glut zu steigern.
 
Dein Zauber ist beständiges Versagen:
Du nährst den Brand durch deine kalten Blicke,
Und fesselst durch ein ewiges – Verweigern!
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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