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Attische Sonette
An Timon von Athen
Ich suchte, Timon, nicht deiner Verbannung
Gefundnen Ort, am launenreichen Meer;
Um Einsamkeit blieb meine Seele leer,
Der Ägäis Sturm bewog mich zu Ermannung.
Des Geistes Flügeln gab ich Segelspannung
Beim Seelenschwung – den Leib für Aug – Begehr –
Doch wieder kam ich in die Buchten her:
Nun sei ein Sang der Kahn mit Machtbemannung.
Zu holden Inseln soll ich Segler senden:
Mein Hellas, fühl im Herz Geborgenheit!
Ich mag den Urvergrauten Leuchter spenden.
O Land geliebter Sprache mein, wie weit
Vermochte Schickung mich aus dir zu wenden;
Hat schon von Sehnsucht mich das Meer befreit?
Dem Sommernachtstraum
Verschwendete der Baum sein keusches Blühen,
So singt er sich: Zikaden sind bereit.
Verstummen sie, um ihre Schlummerzeit,
So möchten Himmelszweige Sterne sprühen.
Auch Menschen recken sich aus Knochenmühen:
Die Seele hüllt bei Wind ein leichtes Kleid,
Wie sind den Traumgespielen Wiesen weit,
Gebüsche heimlich für der Wünsche Glühen!
Silene horchen schon mit Silberohren,
Ob, Mond genannt, die Himmelsperle kommt;
Dann wispern Nymphen unter Felsentoren.
Verschleiert, wie es einer Jungfrau frommt,
Reut Arethusa ihr so zartes Flüstern;
Ein Satyr unter Feigen liebt sie lüstern.
An Keats
Geheimer Mondshein unter Mittagsstrahlen,
Mit sachter Muschel, fahl wie Dämmerung,
Erstaunt dich Aphrodites naher schwung
Auf eigner Rhythmen Flügeltum bei Qualen.
Es dunkle nie ein Blut in Kupferschalen,
das du, Verwundeten zur Linderung –
Als Güte Narben schloß – durch Hilfesprung
In Obhut nahmst, auf lichtblauen Sandalen!
Der Atem Hellas’ über Sonnenbuchten
Bewog deiner Gebietung klarem Strom,
Um Schönheit schluchzend, Berge zu durchschluchten.
Geklungne Wonne aus geliebtem Rom,
Das deine Hülle ewig schützend hülle,
Gabst du der Hügelburg mit Dankesfülle.
An Shelley
Für Erhard Buschbeck
Der Liebe tief verletzbarem Verkünder,
Dir Shelley, kett ich dankbar mein Sonett:
Ein Licht, dein zart entschleiertes Violett,
Ward großer Sonne feiernder Entzünder.
Nach solcher Freiheit purpurten die Münder
Zum Rufe Hingebluteter im Bett:
Geweihter Walstatt rächendes Skelett,
Stand Hellas’ Traum erblitzender Begründer.
Ein Mond in deinem Blick zerperlte Zähren.
Der Möwe Silberflug, auf schwerer Flut,
Schien bleich der Seele Staunen zu erklären.
Gestirntes Ahnentum empfand das Blut,
Da wollte dein Geheimsein Sturm gewähren,
Bis jung und gut du erst im Meer geruht.
An Byron
S großer Lord, der Sonne liebster Dichter,
Dich Byron, ehrten Menschen, liebten Feen;
Gefeiter Jäger, Blicke auch von Rehen
Zerbrach dein Herz; du sterntest sie als Lichter.
Dein starkes Atmen trotzte warm dem Richter –
Im Heuchlerland – über entkrampften Ehen:
O glücklich warst du nie – bei Wonnewehen –
Entschminkte rasch dein Morgenstrahl Gesichter.
Dich feire ich, du bist ein Held geworden:
Mein Dichter, wo du bliebst, erfreut, verwöhnt,
Verläßt mich niemand, wird kein Freund mich morden.
Wer ehrte mein Gedicht, daß ers verhöhnt?
Doch weil’ ich froh – verwitternd unter Horden,
Die du befreit hättest – auch fast verpönt.
An Foscolo
Des Morgenlandes maibetaute Blume,
Das Eiland Zakynthos auf stolzem Meer,
Gebar den Leib für deinen Lichtbegehr:
Der Wunsch blieb still auf duftbewehrter Krume.
Verliebter Lieder Lilie wuchs zum Ruhme
Der Griechen, sproß als ihrer Helden Wehr,
Denn Reinheit ist das Erz für hellen Speer
Und hilft dem Volk bei altem Eigentume.
Ersungne Bäume setztest du den Toten,
Zu Marmorurnen, wo ein Name glomm,
Gewitter keine Inschriften bedrohten.
Wie ging dein Schritt zu Gräbern schlicht und fromm,
Bis, dort zu knien, Verbote dir entlohten,
Denn bloß zum freien Menschen riefst du: Komm!
An Leopardi
Meiner Schwester Elena
Des Mittelmeeres Schwermut war dein Sagen,
Nach der Versunkenheit verlorner Ruf;
Was Hellas wagte und Italien schuf,
Verwunderte das Herz durch altes Fragen:
So dumpfe Schöpfung, sprich, warum wir zagen?
O wo erweckt uns Helios’ Rossehuf:
Erschütterte sind wir, ohne Beruf –
Vielleicht die Wachsamen durch hartes Jagen?
Vollbrachtheit blieb mir Süße unsrer Sprache,
Die attische Vollendung in Florenz:
Ilisos, durch des Dichters Mund, als Ache,
Voll Überschäumungsmut zu jüngstem Lenz;
Doch Blut, mein Blut, wie weit ist uns die Brache
- Ein Schweigen naht – gesungne Ahnung kennts.
An Hölderlin
Du warst in Hellas, ehrfürchtiger Dichter,
Nur zagte vor Athenas Land der Fuß;
Du flügeltest wie Hermes, sachten Schuh’s
Als heimlich hochgesichteter Beschwichter
Von Sonnumfangenheit durch Abendlichter:
Dein Atem fand sich Steile eines Nu’s –
Umzagtem Wunder nahtest du: ich tu’s –
Und urgebann bestimmten uns Gesichter.
Wo staunten die erbittrungsfernen Helden,
Daß sie ein blutendes Geschlecht erblickt?
Gedichtete, ihr habt uns hergenickt!
Umwölkte Götter, deren Namen melden,
Sie weilten, nie erreicht, auf fahlem Firn,
Gewitterten um klärungssichre Stirn.
An Goethe
Auf Höhen Unerreichbarer, o Goethe,
Gewahrte einst dein Blick den Taurer-Strand,
Und Iphigenia im Trauerland
Verklärte sich der Heimat Abendröte.
Den Lorbeerhain entzückte Klang der Flöte;
Gegeistert von des Geigers ferner Hand,
Verrauchte Ilion, nach zerhauchtem Brand,
Als ob sein Fächeln Hellas Ruhe böte.
Auch Helena stand auf vor deiner Größe,
Du hast mit Würdigem das Weib betraut,
Doch schon Verbleichung wird Göttern Blöße;
So ist zu Hades Helena entblaut;
Wer kennt der Minne-Dienenden Verstöße?
Der Bräute Scham hast, Goethe, du geschaut.
Der Hymettos
Im Winde Fichten sind Poseidons Gabe
An Zeus, der den Hymettos grau umdräut,
Weil er mit Wolkungen den Berg betreut,
Und um Gewitterkünste kreist der Rabe.
Daß Regengegenwart den Bauern labe,
Ward Zeus ein Heiligtum, das ihn erfreut,
Als Gipfelhaupt, wo er dem Blitz gebeut,
Emporgereicht aus des Atheners Habe.
Bei seiner Ahnenkammer unterm Grabe,
Besummt von goldner Bienen Schwebekranz,
Stand, als ich ankam, ein gewogner Knabe.
Er wähnte wohl des eignen Blutes Glanz,
Bedachte uns mit Süße seiner Wabe –
Mein Attika – und du umfingst mich ganz.
Halimus
Die Heimat des Thukydides, im Grollen
Der See von salamis, hat mich empfangen:
Ein kühnes Stürmen purpurt unsre Wangen,
Dem Augenblick entschleiern sich die Schollen:
Heroen modern in verborgnen Stollen;
begnadete, die ihren Ruhm besangen,
Erscheinen noch im Mond, und zaudernd bangen
Kitharen dann nach Hellas’ andachtsvollen
Geschlechtern vor Poseidons Zornesworten:
Wer nie auf ausgestreckten Klippen kniete,
Blieb Fremdling dem Geschick, an Drohungsorten
Der Salzgewaltsamen bei Amphitrite:
Bedenkt ums Riff der Toten ferne Pforten,
Den Nahruck von plutonischem Gebiete!
Demeter
Verehrte Demeter, im Glück der Felder,
Beherzte Hirtin unter bangen Seelen,
Wer mag das Blut in deine Hut empfehlen?
Du thronst gewärtig vor dem Alp der Wälder,
Vertraut sind dir der Bräutlichkeit Vermelder;
Bejubelt aus Millionen Lerchenkehlen,
Beschirmst du Pärchen, die aus Narrheit fehlen,
Besorgst, zu Vätern lächelnd, Hochzeitsgelder.
Um meine Mitgift werb ich durch Erfahrung:
Gelebte Sonnigkeit sei Angebinde
Von dir dereinst, Verwalterin der Nahrung,
Wenn ich den Pfad zu deiner Tochter finde;
Dem Bock verwandt, bleibt meinem Leib Behaarung,
Begreif, daß ich voll Leid von dannen – schwinde!
Kore
Frau Elsbeth Peterich zugeeignet
Die Tochter Demeters, in weichen Schleiern,
Erblickt ein Nymphenpaar zum Blumenspiel:
Ach, das entsternt den zarten Kranz vom Stiel,
Befragt sein Schicksal froh um Hochzeitsfeiern.
Oft spiegeln sich die Reizenden in Weihern,
Ein Gang durch Wald dahin wird heitres Ziel;
Man lacht zum Wasser, beugt sich im Profil
Und denkt, erglüht: Bald herrsch ich über Freiern!
Ein Knabe hüpft verkleidet in den Reigen
Der schlanken Mädchen und vergnügt sich mit:
Er zeigt verjüngter Sitte Sich-Verneigen,
Der Jonierinnen leichten Spitzen-Schritt:
Der Tanz ist anders. Seine Anmut eigen.
Er singt dazu von Wein und Pantherritt.
Hades
Das Haupt im Hintergrund der heißen Hauche
Befällt Besinnung an der Hestia Herd:
- Wer bin ich? – Gott – den nie das Opfer ehrt?
Gefangener und Herr im Reich der Rauche!
O Mensch! Die gute Glut im Erdenbauche
Bleibt heilig offenbart, weil unversehrt –
Ich bin der Wachsame, der Ernten mehrt,
Sogar Geschmack aus Bacchos’ Funkel-Schlauche!
Mein Blut wird eine Sonnentochter ehen,
Mit euch, Wo- Wandenlden, sei ich verwandt:
Uns mag der Mensch einst unerschrocken sehen!
Ihr seid an mich, so nahen Gott, gebannt,
Nun fühlt es doch – ich kann euch nachts erwehen:
Im Hirne ist, nicht erde schafft die Wand.
Das Drama
Verführerin, o Sonne, dein Gestrahle
Beblendet Kore, kühn im Feld;
An schwülem Tag, eine noch heißre Welt
Umfaßt das Kind vieltausendmale.
Ein Stern, der herzt: der Kuß durch Blitz zu Tale
Hat Kore übermannt – dem Gotte fällt
Die Jungfrau in den Arm; sein Lachen gellt
Wie Blut aufs Land, das rasch dem Blick zerfahle!
Wie ein Delphin am Strand, bleibt die Geraubte
Wach hingestreckt im Hadeswagen – ach!
Sie fühlt zu schwer die glut im Gotteshaupte:
Noch ist für Liebeswucht das Mädchen schwach
Und schreit – blickt auf. Der Rappen Brand entschnaubte,
Nun hält sie Hades’ Brunst im Gastgemach.
Der Granatapfel
„Von diesem süßen Feuerkern genieße!“
Spricht Hades und gibt Kore sacht die Frucht:
„Sei furchtlos nun, tilg mir die Eifersucht,
Bis nie dein Wunsch zur Mutter mich verdrieße!
Bleib Kaiserin in unserm Reich: vergieße
Die Tränen in des Herzens Perlenschlucht,
Die ich im Busen auftue – mit Wucht,
Daß treuer Lenz bei Demeter ersprieße!“
Der Schale Bitterkeit ist tief vergangen,
Die Braut schenkt Hades reif den Kuß
Geplatzter Frucht nach keuschem Mädchenbangen.
Der Menschen wärmster Blutlichkeit Erguß
Durch eines Götterpaares Brunstverlangen
Erfunkt sich Frühlingstümer im Genuß.
Die Mutter
Für Frau Elsbeth Peterich
Vor Demeter, der besten, schwand die Tochter.
„Mein Kind!“ war der Verletzten Scheidungs-Schrei.
Der Göttin Geist ergriff sich Raserei:
Sie strich von still – zu jäh -, voll Leid bepochter
Umgrottung Pans. Sie horchte; doch vermocht er
Nicht Wort, noch Ort zu finden, wo sie sei.
„So hilf mir Hekate! Mein Kind befrei
Vom Räuber! Wer entwand, wo unterjocht er
Das einzige, mir zarte Mägdelein?“
Rang Demeter. Das helle Weib am Weg
Belauschte seinen hohen Weihestein.
„O Mutter, hülle schwarz dich ein und leg
Vors Totentor das Ohr! Bei meinem Schein“,
So rief es, „findest du den letzten Steg!“
Die Sorge
Den Händen Demeters entgleiten Garben,
Der Finger krümmt sich, der die Sichel hält:
Besorgtheit wogt das Feld. Verzweiflung. Viel
Geknicktheit wettert hin, wo Schwache starben.
Im Land verschwanden nicht des Herbstes Farben;
Wie Hadespurpur naht als sanftes Ziel,
Zerbluten, doch entflammten auch – bei Spiel –
Daktylen oft, wenn Blutgeschöpfe darben.
Wo Demeter nun ruht, versinkt als Stufe
Zum Reich Erbleichender, beseelt der Stein.
Sie wandert oft. Troezen erschallt vom Rufe
In Pein. Hermione glüht im Scharlachschein
Vor der Weitwandernden, bis Styx erfährt,
Woher die Seelenflut sich schlammig nährt.
Eleusis
Mit deinen Fackeln, Demeter, entsteigen
Wir Sterblichen, dem Hades zu, der Erde.
In Fieberfinsterung beschnuppern Pferde
Der Heißverheimlichten, bei Heil und Schweigen,
Nun meine Schenkel wohl; die Schultern neigen
Den Kopf, voll Blutlast, zwischen die Beschwerde
Bemühter mutiger um Plutos Herde:
Gespensterte umglasten uns im Reigen.
Wir werden stumm: uns Zukunft zu erfahren!
Hier wallt die Welt: ich warte bei Enthauchten,
Erkennbar noch am Urgeruch von Haaren;
Nun findet mich mein Hund: die mir enttauchten
Bekannten aber kann kein Sinn, in Scharen
Der schon Erlauchten suchend, wo gewahren.
Das Gebet
Gewogner Hades, Spender alter Gnade,
Der Mensch, durch Not, zum Opfer tief bereit,
Erfleht für eine Göttin, wirr im Leid,
Der Tochter Wiederkunft auf schwerem Pfade.
Gestatte Kore, von der Styx Gestade –
Erborgt aus feuriger Umwobenheit
In deinem Heim – auf fromme Frühlingszeit,
Erfreut zu sein durch Lerche und Zikade!
Gehärmtem Weib, der Mutter unsrer Fluren,
Begegne traut, bei Wärme kaum im Wind,
Des Kindes Knisterschritt um Krokus-Spuren:
Im Geiste doch erkenne dann geschwind
Die Froh-Erschrockne ihrer Tochter Kommen:
In guten Armen bleib sie aufgenommen!
Die Flöte
Geweihter Hades, deiner Urkraft Flamme
Umfächert uns mit Feuerfingern fürchterlich;
Doch bangt mir kaum vor Stachels nahem Stich:
Mein Blicken rings auf Düsterung zum Stamme,
Damit er sich mit Rinde klar beklammre,
Befahl dem Glast: Zerfahl’ geschwisterlich!
Im alten Walde sammelt sich das Ich,
Auch hilft mir Demeter, der Seele Amme.
So traut daheim, bei Tau und Morgenröte,
Verdankt das Auge Mandelzweigen Rast,
Denn himmlisch blühn sie auf ins Tal der Nöte.
Nun Amsel meines Liebens, frei vom Ast,
Beschwing dein Lied zum Lenz, mit Spiel der Flöte,
Wie du’s von Hirten sanft vernommen hast!
Die Au
Für Max Sidow
Die Apfelbäume blühen sanft wie Wangen:
Im Winde lachen Knaben vom Geäst;
Die kleinen Nackten suchen laut ein Nest
Und legen Eilein unters Blütenprangen.
Behutsam gleicht, ihr Zwerge, dem Verlangen
Nach Blättersamt ums Blumen-Seidenfest;
Ihr winkt, an euch in zarter Pracht gepreßt,
Den Bäumchenherzlein in ergrüntem Bangen.
Bei schweigender Zypresse kennt das Kommen
Erhorchter Tochter Demeter und lauscht
Dem Pochen ihres Herzens froh-beklommen:
Oh, wenn sich Laub aus tausend Ästen bauscht!
Das goldne Knospenklimmen bleibt verglommen,
Am Blau hat sich die laue Au berauscht!
Der Garten
Für Elena
Das Mittagsblau durchfrischt der Hauch von Firnen.
Ein Schwanenbild schwebt wolkenweich dahin.
Wem kämen Lichterherzen in den Sinn?
Auf See hält sie der Wind an Silberzwirnen.
Wohl blüht die Sehnsucht uns nach kühlen Birnen;
Der Zweige keuscher Schmuck zeigt Lenzbeginn:
Blauäugelnd merkt erfreute Bäuerin
Des Gartens Glanz aus winzigen Gestirnen.
Bemühtes Suchen summen uns die Bienen;
Ihr Birnenblütenberg bleibt duftbewebt,
Wie Baumgewölk verflockt ein Korbkomet!
Vielleicht ist Kore wunderhold erschienen?
Ob ihr – besorgt – die Tierlein goldig dienen?
Sie schwärmen kindhaft einer Königin Gebet.
Erfüllung
Der Schwester Else
Persephone erscheint in Silberschleiern,
Um sanfte Mutter schlingt sie sanft den Arm,
Entdüstert das geweihte Herz von Harm
Und sorgt sich, eigne Wiederkunft zu feiern.
Die Birnbäume beglücken uns mit Freiern,
Das Bauernhaus bejauchzt ein Schwalbenschwarm:
Das Frühjahr wurde wahr – sein Herhauch warm;
Geliebte Meisen picken sich aus Eiern.
Gemüt, bald laß bei Ölbäumen vom Bangen,
Zu ihren Silberzweigen blick um Rast!
Hier ist kein Weib verstört vorbeigegangen.
Wo, Mutter, du dein Feld gesegnet hast,
- Weil Kore wiederkam, mit heißen Wangen –
Sei, durch Zypressen, ich, zu Ruh erfaßt!
Spenden
Den holden Wohlstand gab, mit guten Händen
Die Mutter Demeter, wo sie geweilt;
wer bei ihr blieb, wo sie vorbeigeeilt,
Erreichte Segnung zwischen kargen Wänden.
Ihr Spruch gebar das Korn auf Steingeländen,
Zypressen hat sie Blitzen zugesteilt,
Durch Kräuter das gekränkte Tier geheilt,
Uns stark gewünscht, daß Winters Sorgen schwänden!
Wo meine Schritte vor Eleusis stauben,
Weil laue Luft den Wandernden bemüht,
Erwarten Frohgesinnte uns in Lauben.
Von Demeters Verheißungen beglüht,
Stehn Männer fest gefaßt bei ihren Dauben,
Da bald im Faß die Sonne Wonne brüht.
Anbruch
Für Jopsa, Graf Matuschka
Zur Pflugschar tritt, von ferngebautem Wagen,
Triptolemos, ein nackter Knabe noch;
Sein Schlangenpaar entledigt er vom Joch,
Denn fröhlich mag es durch die Röte jagen.
Der Gott ist hoch, wie Ähren reifend ragen.
Ein Igel, der so frommes Kommen roch,
Entschlüpft, den Füchsen nach, aus wohlem Loch:
Der Maulwurf scheint das Wetter zu befragen.
Kristallnen Trank, dem Morgengold zum Gruße,
Reicht Kore ihm, mit schmaler Mädchenhand,
Denn Jungfrau ist sie wieder, fort vom Hades-Ruße.
Bewogt von großem Korn, gedeiht das Land:
Triptolemos, beklückt vom Überflusse,
Schwebt windleicht gaukelnd, lacht im Sonnenbrand.
Die Einladung
Die Wolken glitzern um die höchste Stunde,
Ein jüngster Wind versilbert sacht den Wald;
Die Ölbäume bekennen sich zur Gottgewalt
Und zittern von Athenas Nahen Kunde.
Ihr Silberwispern frommt aus hehrem Munde;
Doch – Demeter vernehmbar bloß – erschallt
Ein Ruf der Zeus-Entragten, als Gestalt:
Beglück Athen, Erkorene zum Bunde!
Da löst von Kore sich die große Mutter,
Gehorcht der Tochter des Kroniden schlicht;
In Fuhren folgt ihr hochgestuftes Futter.
Viel Korn kommt an, auch Überschwang an Butter:
Der Stadt enthüllt sich Demeters Gesicht,
Für Opfer nickt sie – tiefumfleht – Verzicht.
Aufschwung
Triptolemos hält Rast auf Kores Fluren.
Besinnt sich ihr Gemüt des Hades schon?
Erwacht, dem Schlafe zugedacht, der Mohn?
Bei Herbstzeitlosen mahnen Plutos Spuren.
Ob auch die Menschen seinen Ruf erfuhren?
Bald herrscht Persephone vom untern Thron,
Hält die Hinabgespensterten in Fron:
Entflammte werden starr wie Erzfiguren.
Da weht sich Hermes auf die reichen Auen,
Trifft noch Triptolemos, zuletzt vergnügt,
Und winkt ihm, Schiff und Segelpracht zu bauen.
Bevor der Herold den Verzückten rügt,
Erwolkt der Götter Wünschen weich im Blauen,
Wofür ein Schiff flink Fertigkeit sich fügt.
Der Überfluß
Apollos Delphine umwogen im Bogen
Triptolemos’ Schiff mit ergoldetem Korn:
Poseidons Verwundrung zu plötzlichem Zorn
Besänftigt Athena, der Ausfahrt gewogen.
Ein Zauber, der nie, wo er blendet, getrogen:
- Von vorne, beim Sporn, obstspendender Born,
Mit Feigen durchsüßt, unser Demeter Horn –
Kommt, Wellen beschwebend, nach Osten gezogen.
Der Gott ward von Hermes olymphoch enthoben;
Sein Schiff aber loht, ein ersternter Rubin,
Und scheitert, als Gabe zersamend, beim Toben
Poseidons, im schimmernden Gischthermelin:
Die Fülle ist heil über Inseln verstoben;
Apollozu schwingt sich ein liebster Delphin.
Wohlhabend
Für Max Sidow
Athenern brachte Demeter den Frieden:
Sie tritt zum Herde, wo die Ehe glückt,
Ihr Weiheheim bleibt gabenreich geschmückt,
Denn Wohlstand ward den Auen mitbeschieden.
Sie weilt auch gerne bei zufriednen Schmieden,
Hat ihren Hang zum Harnisch rasch entrückt,
Für jüngste Pflüge Hämmernde entzückt:
Bescheidne Geister kreisen nun hienieden.
Sie tritt bei Töpfern in die warmen Stuben.
- Verschleiert oft – Am Ernste drum erkannt.
Sie bringt den Ton aus ungenannten Gruben,
Erfindet ein Gefäß mit leichter Hand.
Der frohe Mann blickt fromm, verstummt die Buben:
Die fremde Frau beschattet keine Wand!
Ergöttlichung
Athenerinnen sehn des Friedens Freude,
Als Göttin ihrer Stadt, nach altem Streit:
Sie bringen Opfer, kommen dienstbereit,
Daß lang der Krieg kein schweres Gut vergeude!
Die Herden bleiben fett, verschont von Räude:
Die Friedensfrau, mit freundlichem Geleit,
Umsorgt das Plutos-Kind, voll Zärtlichkeit,
Und strahlt am Markt vor marmornem Gebäude.
Das Weib zur Wohlheit kam aus Westen angezogen,
Eleusis’ Tor gibt Reichtümer der Welt:
Athen, dem kostbaren, ist Glück gewogen.
Ein Dreifuß ward vor die Gestalt gestellt,
Von Täubchen bleib der Weihaltar umflogen!
Mein Purpurteppich glüht dahingewellt.
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Attische Sonette
An Timon von Athen
Ich suchte, Timon, nicht deiner Verbannung
Gefundnen Ort, am launenreichen Meer;
Um Einsamkeit blieb meine Seele leer,
Der Ägäis Sturm bewog mich zu Ermannung.
Des Geistes Flügeln gab ich Segelspannung
Beim Seelenschwung – den Leib für Aug – Begehr –
Doch wieder kam ich in die Buchten her:
Nun sei ein Sang der Kahn mit Machtbemannung.
Zu holden Inseln soll ich Segler senden:
Mein Hellas, fühl im Herz Geborgenheit!
Ich mag den Urvergrauten Leuchter spenden.
O Land geliebter Sprache mein, wie weit
Vermochte Schickung mich aus dir zu wenden;
Hat schon von Sehnsucht mich das Meer befreit?
Dem Sommernachtstraum
Verschwendete der Baum sein keusches Blühen,
So singt er sich: Zikaden sind bereit.
Verstummen sie, um ihre Schlummerzeit,
So möchten Himmelszweige Sterne sprühen.
Auch Menschen recken sich aus Knochenmühen:
Die Seele hüllt bei Wind ein leichtes Kleid,
Wie sind den Traumgespielen Wiesen weit,
Gebüsche heimlich für der Wünsche Glühen!
Silene horchen schon mit Silberohren,
Ob, Mond genannt, die Himmelsperle kommt;
Dann wispern Nymphen unter Felsentoren.
Verschleiert, wie es einer Jungfrau frommt,
Reut Arethusa ihr so zartes Flüstern;
Ein Satyr unter Feigen liebt sie lüstern.
An Keats
Geheimer Mondshein unter Mittagsstrahlen,
Mit sachter Muschel, fahl wie Dämmerung,
Erstaunt dich Aphrodites naher schwung
Auf eigner Rhythmen Flügeltum bei Qualen.
Es dunkle nie ein Blut in Kupferschalen,
das du, Verwundeten zur Linderung –
Als Güte Narben schloß – durch Hilfesprung
In Obhut nahmst, auf lichtblauen Sandalen!
Der Atem Hellas’ über Sonnenbuchten
Bewog deiner Gebietung klarem Strom,
Um Schönheit schluchzend, Berge zu durchschluchten.
Geklungne Wonne aus geliebtem Rom,
Das deine Hülle ewig schützend hülle,
Gabst du der Hügelburg mit Dankesfülle.
An Shelley
Für Erhard Buschbeck
Der Liebe tief verletzbarem Verkünder,
Dir Shelley, kett ich dankbar mein Sonett:
Ein Licht, dein zart entschleiertes Violett,
Ward großer Sonne feiernder Entzünder.
Nach solcher Freiheit purpurten die Münder
Zum Rufe Hingebluteter im Bett:
Geweihter Walstatt rächendes Skelett,
Stand Hellas’ Traum erblitzender Begründer.
Ein Mond in deinem Blick zerperlte Zähren.
Der Möwe Silberflug, auf schwerer Flut,
Schien bleich der Seele Staunen zu erklären.
Gestirntes Ahnentum empfand das Blut,
Da wollte dein Geheimsein Sturm gewähren,
Bis jung und gut du erst im Meer geruht.
An Byron
S großer Lord, der Sonne liebster Dichter,
Dich Byron, ehrten Menschen, liebten Feen;
Gefeiter Jäger, Blicke auch von Rehen
Zerbrach dein Herz; du sterntest sie als Lichter.
Dein starkes Atmen trotzte warm dem Richter –
Im Heuchlerland – über entkrampften Ehen:
O glücklich warst du nie – bei Wonnewehen –
Entschminkte rasch dein Morgenstrahl Gesichter.
Dich feire ich, du bist ein Held geworden:
Mein Dichter, wo du bliebst, erfreut, verwöhnt,
Verläßt mich niemand, wird kein Freund mich morden.
Wer ehrte mein Gedicht, daß ers verhöhnt?
Doch weil’ ich froh – verwitternd unter Horden,
Die du befreit hättest – auch fast verpönt.
An Foscolo
Des Morgenlandes maibetaute Blume,
Das Eiland Zakynthos auf stolzem Meer,
Gebar den Leib für deinen Lichtbegehr:
Der Wunsch blieb still auf duftbewehrter Krume.
Verliebter Lieder Lilie wuchs zum Ruhme
Der Griechen, sproß als ihrer Helden Wehr,
Denn Reinheit ist das Erz für hellen Speer
Und hilft dem Volk bei altem Eigentume.
Ersungne Bäume setztest du den Toten,
Zu Marmorurnen, wo ein Name glomm,
Gewitter keine Inschriften bedrohten.
Wie ging dein Schritt zu Gräbern schlicht und fromm,
Bis, dort zu knien, Verbote dir entlohten,
Denn bloß zum freien Menschen riefst du: Komm!
An Leopardi
Meiner Schwester Elena
Des Mittelmeeres Schwermut war dein Sagen,
Nach der Versunkenheit verlorner Ruf;
Was Hellas wagte und Italien schuf,
Verwunderte das Herz durch altes Fragen:
So dumpfe Schöpfung, sprich, warum wir zagen?
O wo erweckt uns Helios’ Rossehuf:
Erschütterte sind wir, ohne Beruf –
Vielleicht die Wachsamen durch hartes Jagen?
Vollbrachtheit blieb mir Süße unsrer Sprache,
Die attische Vollendung in Florenz:
Ilisos, durch des Dichters Mund, als Ache,
Voll Überschäumungsmut zu jüngstem Lenz;
Doch Blut, mein Blut, wie weit ist uns die Brache
- Ein Schweigen naht – gesungne Ahnung kennts.
An Hölderlin
Du warst in Hellas, ehrfürchtiger Dichter,
Nur zagte vor Athenas Land der Fuß;
Du flügeltest wie Hermes, sachten Schuh’s
Als heimlich hochgesichteter Beschwichter
Von Sonnumfangenheit durch Abendlichter:
Dein Atem fand sich Steile eines Nu’s –
Umzagtem Wunder nahtest du: ich tu’s –
Und urgebann bestimmten uns Gesichter.
Wo staunten die erbittrungsfernen Helden,
Daß sie ein blutendes Geschlecht erblickt?
Gedichtete, ihr habt uns hergenickt!
Umwölkte Götter, deren Namen melden,
Sie weilten, nie erreicht, auf fahlem Firn,
Gewitterten um klärungssichre Stirn.
An Goethe
Auf Höhen Unerreichbarer, o Goethe,
Gewahrte einst dein Blick den Taurer-Strand,
Und Iphigenia im Trauerland
Verklärte sich der Heimat Abendröte.
Den Lorbeerhain entzückte Klang der Flöte;
Gegeistert von des Geigers ferner Hand,
Verrauchte Ilion, nach zerhauchtem Brand,
Als ob sein Fächeln Hellas Ruhe böte.
Auch Helena stand auf vor deiner Größe,
Du hast mit Würdigem das Weib betraut,
Doch schon Verbleichung wird Göttern Blöße;
So ist zu Hades Helena entblaut;
Wer kennt der Minne-Dienenden Verstöße?
Der Bräute Scham hast, Goethe, du geschaut.
Der Hymettos
Im Winde Fichten sind Poseidons Gabe
An Zeus, der den Hymettos grau umdräut,
Weil er mit Wolkungen den Berg betreut,
Und um Gewitterkünste kreist der Rabe.
Daß Regengegenwart den Bauern labe,
Ward Zeus ein Heiligtum, das ihn erfreut,
Als Gipfelhaupt, wo er dem Blitz gebeut,
Emporgereicht aus des Atheners Habe.
Bei seiner Ahnenkammer unterm Grabe,
Besummt von goldner Bienen Schwebekranz,
Stand, als ich ankam, ein gewogner Knabe.
Er wähnte wohl des eignen Blutes Glanz,
Bedachte uns mit Süße seiner Wabe –
Mein Attika – und du umfingst mich ganz.
Halimus
Die Heimat des Thukydides, im Grollen
Der See von salamis, hat mich empfangen:
Ein kühnes Stürmen purpurt unsre Wangen,
Dem Augenblick entschleiern sich die Schollen:
Heroen modern in verborgnen Stollen;
begnadete, die ihren Ruhm besangen,
Erscheinen noch im Mond, und zaudernd bangen
Kitharen dann nach Hellas’ andachtsvollen
Geschlechtern vor Poseidons Zornesworten:
Wer nie auf ausgestreckten Klippen kniete,
Blieb Fremdling dem Geschick, an Drohungsorten
Der Salzgewaltsamen bei Amphitrite:
Bedenkt ums Riff der Toten ferne Pforten,
Den Nahruck von plutonischem Gebiete!
Demeter
Verehrte Demeter, im Glück der Felder,
Beherzte Hirtin unter bangen Seelen,
Wer mag das Blut in deine Hut empfehlen?
Du thronst gewärtig vor dem Alp der Wälder,
Vertraut sind dir der Bräutlichkeit Vermelder;
Bejubelt aus Millionen Lerchenkehlen,
Beschirmst du Pärchen, die aus Narrheit fehlen,
Besorgst, zu Vätern lächelnd, Hochzeitsgelder.
Um meine Mitgift werb ich durch Erfahrung:
Gelebte Sonnigkeit sei Angebinde
Von dir dereinst, Verwalterin der Nahrung,
Wenn ich den Pfad zu deiner Tochter finde;
Dem Bock verwandt, bleibt meinem Leib Behaarung,
Begreif, daß ich voll Leid von dannen – schwinde!
Kore
Frau Elsbeth Peterich zugeeignet
Die Tochter Demeters, in weichen Schleiern,
Erblickt ein Nymphenpaar zum Blumenspiel:
Ach, das entsternt den zarten Kranz vom Stiel,
Befragt sein Schicksal froh um Hochzeitsfeiern.
Oft spiegeln sich die Reizenden in Weihern,
Ein Gang durch Wald dahin wird heitres Ziel;
Man lacht zum Wasser, beugt sich im Profil
Und denkt, erglüht: Bald herrsch ich über Freiern!
Ein Knabe hüpft verkleidet in den Reigen
Der schlanken Mädchen und vergnügt sich mit:
Er zeigt verjüngter Sitte Sich-Verneigen,
Der Jonierinnen leichten Spitzen-Schritt:
Der Tanz ist anders. Seine Anmut eigen.
Er singt dazu von Wein und Pantherritt.
Hades
Das Haupt im Hintergrund der heißen Hauche
Befällt Besinnung an der Hestia Herd:
- Wer bin ich? – Gott – den nie das Opfer ehrt?
Gefangener und Herr im Reich der Rauche!
O Mensch! Die gute Glut im Erdenbauche
Bleibt heilig offenbart, weil unversehrt –
Ich bin der Wachsame, der Ernten mehrt,
Sogar Geschmack aus Bacchos’ Funkel-Schlauche!
Mein Blut wird eine Sonnentochter ehen,
Mit euch, Wo- Wandenlden, sei ich verwandt:
Uns mag der Mensch einst unerschrocken sehen!
Ihr seid an mich, so nahen Gott, gebannt,
Nun fühlt es doch – ich kann euch nachts erwehen:
Im Hirne ist, nicht erde schafft die Wand.
Das Drama
Verführerin, o Sonne, dein Gestrahle
Beblendet Kore, kühn im Feld;
An schwülem Tag, eine noch heißre Welt
Umfaßt das Kind vieltausendmale.
Ein Stern, der herzt: der Kuß durch Blitz zu Tale
Hat Kore übermannt – dem Gotte fällt
Die Jungfrau in den Arm; sein Lachen gellt
Wie Blut aufs Land, das rasch dem Blick zerfahle!
Wie ein Delphin am Strand, bleibt die Geraubte
Wach hingestreckt im Hadeswagen – ach!
Sie fühlt zu schwer die glut im Gotteshaupte:
Noch ist für Liebeswucht das Mädchen schwach
Und schreit – blickt auf. Der Rappen Brand entschnaubte,
Nun hält sie Hades’ Brunst im Gastgemach.
Der Granatapfel
„Von diesem süßen Feuerkern genieße!“
Spricht Hades und gibt Kore sacht die Frucht:
„Sei furchtlos nun, tilg mir die Eifersucht,
Bis nie dein Wunsch zur Mutter mich verdrieße!
Bleib Kaiserin in unserm Reich: vergieße
Die Tränen in des Herzens Perlenschlucht,
Die ich im Busen auftue – mit Wucht,
Daß treuer Lenz bei Demeter ersprieße!“
Der Schale Bitterkeit ist tief vergangen,
Die Braut schenkt Hades reif den Kuß
Geplatzter Frucht nach keuschem Mädchenbangen.
Der Menschen wärmster Blutlichkeit Erguß
Durch eines Götterpaares Brunstverlangen
Erfunkt sich Frühlingstümer im Genuß.
Die Mutter
Für Frau Elsbeth Peterich
Vor Demeter, der besten, schwand die Tochter.
„Mein Kind!“ war der Verletzten Scheidungs-Schrei.
Der Göttin Geist ergriff sich Raserei:
Sie strich von still – zu jäh -, voll Leid bepochter
Umgrottung Pans. Sie horchte; doch vermocht er
Nicht Wort, noch Ort zu finden, wo sie sei.
„So hilf mir Hekate! Mein Kind befrei
Vom Räuber! Wer entwand, wo unterjocht er
Das einzige, mir zarte Mägdelein?“
Rang Demeter. Das helle Weib am Weg
Belauschte seinen hohen Weihestein.
„O Mutter, hülle schwarz dich ein und leg
Vors Totentor das Ohr! Bei meinem Schein“,
So rief es, „findest du den letzten Steg!“
Die Sorge
Den Händen Demeters entgleiten Garben,
Der Finger krümmt sich, der die Sichel hält:
Besorgtheit wogt das Feld. Verzweiflung. Viel
Geknicktheit wettert hin, wo Schwache starben.
Im Land verschwanden nicht des Herbstes Farben;
Wie Hadespurpur naht als sanftes Ziel,
Zerbluten, doch entflammten auch – bei Spiel –
Daktylen oft, wenn Blutgeschöpfe darben.
Wo Demeter nun ruht, versinkt als Stufe
Zum Reich Erbleichender, beseelt der Stein.
Sie wandert oft. Troezen erschallt vom Rufe
In Pein. Hermione glüht im Scharlachschein
Vor der Weitwandernden, bis Styx erfährt,
Woher die Seelenflut sich schlammig nährt.
Eleusis
Mit deinen Fackeln, Demeter, entsteigen
Wir Sterblichen, dem Hades zu, der Erde.
In Fieberfinsterung beschnuppern Pferde
Der Heißverheimlichten, bei Heil und Schweigen,
Nun meine Schenkel wohl; die Schultern neigen
Den Kopf, voll Blutlast, zwischen die Beschwerde
Bemühter mutiger um Plutos Herde:
Gespensterte umglasten uns im Reigen.
Wir werden stumm: uns Zukunft zu erfahren!
Hier wallt die Welt: ich warte bei Enthauchten,
Erkennbar noch am Urgeruch von Haaren;
Nun findet mich mein Hund: die mir enttauchten
Bekannten aber kann kein Sinn, in Scharen
Der schon Erlauchten suchend, wo gewahren.
Das Gebet
Gewogner Hades, Spender alter Gnade,
Der Mensch, durch Not, zum Opfer tief bereit,
Erfleht für eine Göttin, wirr im Leid,
Der Tochter Wiederkunft auf schwerem Pfade.
Gestatte Kore, von der Styx Gestade –
Erborgt aus feuriger Umwobenheit
In deinem Heim – auf fromme Frühlingszeit,
Erfreut zu sein durch Lerche und Zikade!
Gehärmtem Weib, der Mutter unsrer Fluren,
Begegne traut, bei Wärme kaum im Wind,
Des Kindes Knisterschritt um Krokus-Spuren:
Im Geiste doch erkenne dann geschwind
Die Froh-Erschrockne ihrer Tochter Kommen:
In guten Armen bleib sie aufgenommen!
Die Flöte
Geweihter Hades, deiner Urkraft Flamme
Umfächert uns mit Feuerfingern fürchterlich;
Doch bangt mir kaum vor Stachels nahem Stich:
Mein Blicken rings auf Düsterung zum Stamme,
Damit er sich mit Rinde klar beklammre,
Befahl dem Glast: Zerfahl’ geschwisterlich!
Im alten Walde sammelt sich das Ich,
Auch hilft mir Demeter, der Seele Amme.
So traut daheim, bei Tau und Morgenröte,
Verdankt das Auge Mandelzweigen Rast,
Denn himmlisch blühn sie auf ins Tal der Nöte.
Nun Amsel meines Liebens, frei vom Ast,
Beschwing dein Lied zum Lenz, mit Spiel der Flöte,
Wie du’s von Hirten sanft vernommen hast!
Die Au
Für Max Sidow
Die Apfelbäume blühen sanft wie Wangen:
Im Winde lachen Knaben vom Geäst;
Die kleinen Nackten suchen laut ein Nest
Und legen Eilein unters Blütenprangen.
Behutsam gleicht, ihr Zwerge, dem Verlangen
Nach Blättersamt ums Blumen-Seidenfest;
Ihr winkt, an euch in zarter Pracht gepreßt,
Den Bäumchenherzlein in ergrüntem Bangen.
Bei schweigender Zypresse kennt das Kommen
Erhorchter Tochter Demeter und lauscht
Dem Pochen ihres Herzens froh-beklommen:
Oh, wenn sich Laub aus tausend Ästen bauscht!
Das goldne Knospenklimmen bleibt verglommen,
Am Blau hat sich die laue Au berauscht!
Der Garten
Für Elena
Das Mittagsblau durchfrischt der Hauch von Firnen.
Ein Schwanenbild schwebt wolkenweich dahin.
Wem kämen Lichterherzen in den Sinn?
Auf See hält sie der Wind an Silberzwirnen.
Wohl blüht die Sehnsucht uns nach kühlen Birnen;
Der Zweige keuscher Schmuck zeigt Lenzbeginn:
Blauäugelnd merkt erfreute Bäuerin
Des Gartens Glanz aus winzigen Gestirnen.
Bemühtes Suchen summen uns die Bienen;
Ihr Birnenblütenberg bleibt duftbewebt,
Wie Baumgewölk verflockt ein Korbkomet!
Vielleicht ist Kore wunderhold erschienen?
Ob ihr – besorgt – die Tierlein goldig dienen?
Sie schwärmen kindhaft einer Königin Gebet.
Erfüllung
Der Schwester Else
Persephone erscheint in Silberschleiern,
Um sanfte Mutter schlingt sie sanft den Arm,
Entdüstert das geweihte Herz von Harm
Und sorgt sich, eigne Wiederkunft zu feiern.
Die Birnbäume beglücken uns mit Freiern,
Das Bauernhaus bejauchzt ein Schwalbenschwarm:
Das Frühjahr wurde wahr – sein Herhauch warm;
Geliebte Meisen picken sich aus Eiern.
Gemüt, bald laß bei Ölbäumen vom Bangen,
Zu ihren Silberzweigen blick um Rast!
Hier ist kein Weib verstört vorbeigegangen.
Wo, Mutter, du dein Feld gesegnet hast,
- Weil Kore wiederkam, mit heißen Wangen –
Sei, durch Zypressen, ich, zu Ruh erfaßt!
Spenden
Den holden Wohlstand gab, mit guten Händen
Die Mutter Demeter, wo sie geweilt;
wer bei ihr blieb, wo sie vorbeigeeilt,
Erreichte Segnung zwischen kargen Wänden.
Ihr Spruch gebar das Korn auf Steingeländen,
Zypressen hat sie Blitzen zugesteilt,
Durch Kräuter das gekränkte Tier geheilt,
Uns stark gewünscht, daß Winters Sorgen schwänden!
Wo meine Schritte vor Eleusis stauben,
Weil laue Luft den Wandernden bemüht,
Erwarten Frohgesinnte uns in Lauben.
Von Demeters Verheißungen beglüht,
Stehn Männer fest gefaßt bei ihren Dauben,
Da bald im Faß die Sonne Wonne brüht.
Anbruch
Für Jopsa, Graf Matuschka
Zur Pflugschar tritt, von ferngebautem Wagen,
Triptolemos, ein nackter Knabe noch;
Sein Schlangenpaar entledigt er vom Joch,
Denn fröhlich mag es durch die Röte jagen.
Der Gott ist hoch, wie Ähren reifend ragen.
Ein Igel, der so frommes Kommen roch,
Entschlüpft, den Füchsen nach, aus wohlem Loch:
Der Maulwurf scheint das Wetter zu befragen.
Kristallnen Trank, dem Morgengold zum Gruße,
Reicht Kore ihm, mit schmaler Mädchenhand,
Denn Jungfrau ist sie wieder, fort vom Hades-Ruße.
Bewogt von großem Korn, gedeiht das Land:
Triptolemos, beklückt vom Überflusse,
Schwebt windleicht gaukelnd, lacht im Sonnenbrand.
Die Einladung
Die Wolken glitzern um die höchste Stunde,
Ein jüngster Wind versilbert sacht den Wald;
Die Ölbäume bekennen sich zur Gottgewalt
Und zittern von Athenas Nahen Kunde.
Ihr Silberwispern frommt aus hehrem Munde;
Doch – Demeter vernehmbar bloß – erschallt
Ein Ruf der Zeus-Entragten, als Gestalt:
Beglück Athen, Erkorene zum Bunde!
Da löst von Kore sich die große Mutter,
Gehorcht der Tochter des Kroniden schlicht;
In Fuhren folgt ihr hochgestuftes Futter.
Viel Korn kommt an, auch Überschwang an Butter:
Der Stadt enthüllt sich Demeters Gesicht,
Für Opfer nickt sie – tiefumfleht – Verzicht.
Aufschwung
Triptolemos hält Rast auf Kores Fluren.
Besinnt sich ihr Gemüt des Hades schon?
Erwacht, dem Schlafe zugedacht, der Mohn?
Bei Herbstzeitlosen mahnen Plutos Spuren.
Ob auch die Menschen seinen Ruf erfuhren?
Bald herrscht Persephone vom untern Thron,
Hält die Hinabgespensterten in Fron:
Entflammte werden starr wie Erzfiguren.
Da weht sich Hermes auf die reichen Auen,
Trifft noch Triptolemos, zuletzt vergnügt,
Und winkt ihm, Schiff und Segelpracht zu bauen.
Bevor der Herold den Verzückten rügt,
Erwolkt der Götter Wünschen weich im Blauen,
Wofür ein Schiff flink Fertigkeit sich fügt.
Der Überfluß
Apollos Delphine umwogen im Bogen
Triptolemos’ Schiff mit ergoldetem Korn:
Poseidons Verwundrung zu plötzlichem Zorn
Besänftigt Athena, der Ausfahrt gewogen.
Ein Zauber, der nie, wo er blendet, getrogen:
- Von vorne, beim Sporn, obstspendender Born,
Mit Feigen durchsüßt, unser Demeter Horn –
Kommt, Wellen beschwebend, nach Osten gezogen.
Der Gott ward von Hermes olymphoch enthoben;
Sein Schiff aber loht, ein ersternter Rubin,
Und scheitert, als Gabe zersamend, beim Toben
Poseidons, im schimmernden Gischthermelin:
Die Fülle ist heil über Inseln verstoben;
Apollozu schwingt sich ein liebster Delphin.
Wohlhabend
Für Max Sidow
Athenern brachte Demeter den Frieden:
Sie tritt zum Herde, wo die Ehe glückt,
Ihr Weiheheim bleibt gabenreich geschmückt,
Denn Wohlstand ward den Auen mitbeschieden.
Sie weilt auch gerne bei zufriednen Schmieden,
Hat ihren Hang zum Harnisch rasch entrückt,
Für jüngste Pflüge Hämmernde entzückt:
Bescheidne Geister kreisen nun hienieden.
Sie tritt bei Töpfern in die warmen Stuben.
- Verschleiert oft – Am Ernste drum erkannt.
Sie bringt den Ton aus ungenannten Gruben,
Erfindet ein Gefäß mit leichter Hand.
Der frohe Mann blickt fromm, verstummt die Buben:
Die fremde Frau beschattet keine Wand!
Ergöttlichung
Athenerinnen sehn des Friedens Freude,
Als Göttin ihrer Stadt, nach altem Streit:
Sie bringen Opfer, kommen dienstbereit,
Daß lang der Krieg kein schweres Gut vergeude!
Die Herden bleiben fett, verschont von Räude:
Die Friedensfrau, mit freundlichem Geleit,
Umsorgt das Plutos-Kind, voll Zärtlichkeit,
Und strahlt am Markt vor marmornem Gebäude.
Das Weib zur Wohlheit kam aus Westen angezogen,
Eleusis’ Tor gibt Reichtümer der Welt:
Athen, dem kostbaren, ist Glück gewogen.
Ein Dreifuß ward vor die Gestalt gestellt,
Von Täubchen bleib der Weihaltar umflogen!
Mein Purpurteppich glüht dahingewellt.
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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.