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Selam (11. Sonettenkranz)
#1
XI. Selam.



1.


Du, blüh'nde Rose, nimm der Liebe Blüthen,
Zum farb'gen Strauss gewunden, Dir zu sagen :
Wie Dir nar meine Lebenspulse schlagen,
Wie heilige Gefühle Dir erglühten.

Ein Tempel ist, den Charitinnen hüten,
Dein Herz, Du Holde; darf es Amor wagen
Ein Blumenopfer dort hineinzutragen,
Und seine Rosen dem Altar zu bieten?

Lass sie für mich zu Deiner Seele reden,
Lass sie für mich um Deine Liebe werben,
Mit allem Zauber holder Farbentöne !

In Deinen Augen lächelt mir ein Eden,
In Deinem Himmelsanblick möcht ich sterben,
Nimm Lilien, Du Liebliche, Du Schöne!


2.

Nimm Lilien, Du Liebliche, Du Schöne!
Ein würdig Abbild sind sie Deiner Milde,
So rein und klar seh' ich in ihrem Bilde
Das Deine, Herrin, der ich liebend fröhne.

O dass mein Hoffen Deine Neigung kröne!
Dass wieder lieblich - sonnige Gefilde
Mir Seelenheimath werden, und das wilde
Gewirr des Lebens, Heiligang versöhne!

Denn wer Dir naht, Du Hehre, Liljenreine,
Der fühlt in selger Nähe sich, entsündigt,
Aus Kampf gerettet in des Himmels Frieden.

Verklärt erblickt er Dich im Heil'genscheine,
Der Deine Hoheit strahlenhell verkündigt;
Cyanen lass im vollen Strauss Dir bieten.


3.

Cyanen lass im vollen Strauss Dir bieten;
So sanft wie die, lacht Deiner Äuglein Bläue,
Nimm die Symbole meiner ew'gen Treue,
O dass sie Dir mein Innerstes verriethen!

Du süsse Zöglingin von Aphroditen,
Wüsst ich, dass Dich die Blumengabe freue,
Ich opferte Dir immerdar auf'a Neue
Die herrlichsten und seltensten der Blüthen.

Des Sängers Lied ist seines Geistes Blume,
Die legt er auf der Cypris Altar nieder,
Sein geistig Blüh’n verherrlicht seine Schöne;

Die späte Nachwelt liest von ihrem Ruhme,
Im Enkelmunde leben seine Lieder.
Die Myrte deute, dass sie einst Dich kröne.


4.

Die Myrte deute, dass sie einst Dich kröne,
O schöner Tag, wenn die zur Braut Geschmückte
In seinen Armen hält der Hochbeglückte,
Dass liebevoll sein Leben sie verschöne;

Dass Liebe jedes Kummers ihn entwöhne,
Der Nacht der Schmerzen ewig ihn entrückte;
O dass ich schon Dich in die Arme drückte,
Mein, selig mein dann Anadiomene !

Der Myrte Blüthen sind des Glückes Sterne,
Die Lust verheissend ihrer milden Strahlen
Silber verbreiten in dem Kranz der Blüthen.

Nimm freundlich sie, Du Huldin, nimm sie gerne,
Die Myrte lebt in Mädchenidealen,
Die Anemone lebt in Hellas Mythen.


5.

Die Anemone lebt in Hellas Mythen,
Von Lieb' und Sehnsucht giebt sie treue Kunde,
Das Purpurblut entströmt Adonis Wunde,
Dort sank der Liebling hin von Aphroditen.

Nicht kann die Göttin ihrem Schmerz gebieten,
Sie küsst den Jüngling mit erblasstem Munde,
Und ruft die Blumen aus dem starren Grunde,
Dass sie der Nachwelt noch ihr Weh verriethen.

Der grösseste, der schmerzlichste der Schmerzen,
Das ist die Trennung vom geliebten Herzen,
Da weinten Götter selbst im Wehgestöhne.

O wolle Huldin, Dich von mir nicht wenden,
Der Neigung Blumen nimm aus meinen Händen,
Der Goldlack prangt in seiner vollen Schöne.


6.

Der Goldlack prangt in seiner vollen Schöne,
Entflammter Glut verkündendes Symbol,
Dir weih' ich ihn, mein himmlisches Idol,
O dass Dein Stolz nicht meine Flammen höhne!

Es bieten zarte Blumen Wort und Töne,
Das Auge sieht sie, und vernimmt sie wol,
Wie Lieb' allmächtig wirkt vom Pol zu Pol,
Erfinden Sprachen sich auch ihre Söhne.

Sind Menschen nicht, gleich Blumen, eingeschrieben
In’s Buch des Lebens ? Ist's nicht eine Flamme,
Die allerschaffend wirkt, obschon verschieden?

Dort schlägt ein Menschenherz im heissen Lieben,
Dort lieben Blüthen auf getrenntem Stamme;
Orangen duften süssen Hauch des Süden.


7.

Orangen duften süssen Hauch des Süden
Süss, wie die Sehnsucht, die mit Taubenschwingen,
Dem Herzen nahet, und mit Zauberschlingen
Es festhält in der Flur der Hesperiden.

Wo lächelt höh’re Seligkeit hienieden,
Als wo vereinigt Lieb' und Sehnsucht gingen,
Die sich wie Schwestern, traut und mild umfingen,
Entführen sie dem Herzen gleich den Frieden ?

Lieb' ohne Hoffnung ist der Tod des Lebens;
Lass sagen Dir, Du Süsse, von der Blüthe
Der Pomeranze, wie so glühend sehne

Ich Deiner Lieb' entgegen; soll vergebens
Mein Hoffen sein? Das will nicht Deine Güte.
Reseda stell' ich deutsam neben jene.


8.

Reseda stell' ich deutsam neben jene,
Dein stiller Sinn verschmäht die laute Weise,
Mit der ich Dich, mein Leben, rühmend preise,
Du sonnest Dich an Deiner innern Schöne.

Dich lockte nie der Schmeichelei Syrene
Zur Eitelkeit, es zog nicht laut, noch leise
Ihr Ruf Dein sanftes Herz aus seinem Gleise,
Nicht achtetest Du jener Zaubertöne,

Gleich dieser kleinen, anspruchlosen Pflanze,
Flocht Demuth ihre Blumen Dir zum Kranze
Dem wahrhaft Schönen treu Dich zu verbinden.

Darum ist doppelt gross zu Dir mein Lieben,
Weil Du Dir selbst so sittlichtreu geblieben;
Die Nelken lass Dir meine Achtung künden.


9.

Die Nelken lass Dir meine Achtung künden;
Soll Liebe rein und edel sich bewähren,
Dann muss durch Freundschaft sich ihr Seyn verklären,
Sich dauernd nur auf hohe Achtung gründen,

Wenn beid' in einem Herzen sich verbinden,
Und fröhlich opfern an der Lieb’ Altären,
Dann können sie den frommen Wunsch gewähren:
Den Himmel hier auf Erden schon zu finden,

Reich wie die Nelken an der Düfte Fülle,
Ist Dein Gemüth in eines Engels Hülle
Birgt sich ein Geist, werth der Bewunderungen.

O Mädchen, Stern in meines Lebens Tagen,
Lass Nelken Dir, wie ich Dich achte, sagen,
Verbena nennt der Freundschaft Huldigungen.


10.

Verbena nennt der Freundschaft Huldigungen,
So trage diese heil’ge Wunderpflanze,
Flichst Du vielleicht den Selam Dir zum Kranze,
Und sei von ihrer Deutung tief durchdrungen.

Des Friedens göttliche Beseligungen
Begleiten, holde Freundin, Dich durch's ganze
Schuldlose Leben, in der Freude Glanze
Sei Dir von ihm ein blühn’der Kranz geschlungen.

Wo Freude, Friede, Freundschaft sich vereinen,
Wo Herzen sich in ihren Strahlen sonnen,
Wo hold und schön das heil’ge Kleeblatt blüht,

Da hat ein ew'ger Lebenslenz begonnen,
Die Huld verkündigend des Ewigreinen,
Zeigt Pensée ein treuliebendes Gemüth.


11.

Zeigt Pensée ein treuliebendes Gemüth?
„Gedenke mein!“ ruft sie mit leisem Flehen,
Und der Erinn’rung ist sie still erblüht ;
O denke mein, bis wir uns wiedersehen!

Ich denke Dein, und meine Seele glüht
Zu Dir zu fliegen, rasch, wie Windeswehen.
O denke mein, zu der mich ewig zieht
Der Liebe Macht, wer könnt ihr widerstehen?

Drei Farben schmücken der Erinn'rung Blume,
Der Freundschaft blau, der Unschuld lichtes
weiss, Und sanftes Gold, um treuen Sinn zu künden.

So nimm sie hin, sie blüh’ am Heiligthume,
Des Busens Zier; ihr sei der höchste Preis,
Und Heliotrop mag Gegenliob' entzünden.


12.

Und Heliotrop mag Gegenlieb' entzünden;
Wie sich zum Sonnenstrahl die Blüthen neigen,
Und Wunderdüfte ihrem Kelch entsteigen,
Soll Dir: Ich liebe Dich! ihr Blüh'n verkünden.

Ich liebe Dich, und will mich Dir verbünden,
Auf immerdar, in Liebe ganz Dein eigen,
Lass Blumen reden, wenn die Lippen schweigen,
Und mir den Thron in Deinem Herzen gründen!

Du lächelst mild, o Herrin, der ich diene?
Verkündigt Hoffnung mir die Engelmiene?
Ist Deine Huld für mich vielleicht errungen?

O selig ich denn! Kommt, der Flora Kinder,
Das Herz frohlockt! Amor ist Überwinder!
Mit holdem Siangrün sey der Strauss umschlungen!


13.

Mit holdem Sinngrün sei der Strauss' umschlungen!
Der grünen Blätter mildsmaragdner Schein,
Der Blüthenkelche Blau, so zart und rein,
Ward oft ein Lied gepriesen und besangen.

Heil dem Geliebten, dem der Sieg gelungen,
In Hoffnung lebt die Lieb' ihr schönstes Seyn;
Wie reines Gold im Ring den Edelstein
Umfasst, so hält auch Hoffnung Lieb' umschlungen.

Und meiner Lieb' und Hoffnung Blüthenleben
Soll immmerdar die Herrliche erheben,
Soll ihr zu dienen ewig seyn bemüht;

Soll feiern stolz im Lied der Liebe Siege,
Bis ich im Schoos des stillen Hügels liege,
Von zarten Immortellen rings umblüht.


14.

von sarten Immortellen rings umblüht,
Leg' ich den Selam, Herrin, Dir zu Füssen,
Von einer Neigung zu der Wundersüssen,
Von treuer Liebeshuldigung durchglüht.

Es opfert Dir ein zärtliches Gemüth,
Lass Theure Dich, in tiefer Ehrfurcht grüssen,
Unwandelbarer Neigung Blumen spriessen
Für Dich, bis zu den Ufern des Kozyt.

Nimm Lied und Blumengabe mild und gerne,
O dass Dich alle Lebensfreudensterne
Bunt mit der Iris Farbenstrahl umsprühten!

Dass sie Dein Leben zauberisch erhellten,
Bis zu den Immortellen schöner Welten!
Du, blüh'nde Rose, nimm der Liebe Blüthen. -


15.

Du blüh'nde Rose, nimm der Liebe Blüthen,
Nimm Lilien, Du Liebliche, Du Schöne,
Cyanen lass im vollen Strauss Dir bieten,
Die Myrte deute, dass sie einst Dich kröne !

Die Anemone lebt in Hellas Mythen,
Der Goldlack prangt in seiner vollen Schöne,
Orangen duften süssen Hauch des Süden,
Reseda stell ich deutsam neben jene.

Die Nelken lass Dir meine Achtung künden,
Verbena nennt der Freundschaft Huldigungen,
Zeigt Pensée cin treuliebendes Gemüth ;

Und Heliotrop mag Gegenlieb' entzünden,
Mit holdem Sinngrün sei der Strauss umschlungen,
Von zarten Immortellen rings umblüht.



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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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