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Ragnarokur (10. Sonettenkranz)
#1
X. Ragnarokur



1.

Brause Telyn, wie der Sturm erwacht,
Der der Asenschaar im Gladhemisaale,
Den Einheriarn bei Walhallas Mahle,
Kampf und Tod und Untergang gebracht!

Unerschüttert ist noch Deine Macht,
Holde Frigga, die mit dem Gemahle
Niederlächelt von Lidskialfs Strahle
Und der Gott in Himminbiorg wacht .

Ach da naht die Zeit der Noth, der Schrecken,
Ygdrasil erbebt im tiefsten Grund ;
Sieht den Erdball sich mit Leichen decken!

Schrecklich Garmur bellt, der Höllenhund,
Und des Jetten Hrymur Fesseln sprangen
Finbulweter kommt daher gegangen


2.

Finbulweter kommt daher gegangen,
Finstrer (Winter) Kälte, Sturm und Schnee,
Und die Midgardschlange peitscht die See ,
Wuthentbrannt, dass Erd und Himmel bangen.

Dass die Wogen aus den Ufern drangen,
Donnernd, brausend, schäumend in die Höh', .
Zu verbreiten Todesschreck' und Weh'
Skoll und Hate Sun und Maan verschlangen.

Hrymur zürnend fährt auf Nagelfar
Surtur führt die Schaar der Muspelsöhne ,
Dass die Bifrostbrücke brechend kracht,

Und Hräswelger kreischt, der Leichen - Aar ,
Hoch in Lüften fürchterliche Töne,
Sonn und Sterne sinken tief in Nacht.


3.

Sonn und Sterne sinken tief in Nacht,
Aber Surturs Schwert heisst Sonnenhelle,
Und sein Flammenross heist Blitzesschnelle,
Alles sinkt vor seiner Übermacht.

Und zum wilden Wüthen angefacht,
(Ebne Vigridur ist Asgards Schwelle) ,
Führt er der Hrymthursen Heer zur Stelle ;
Unzählbar hat er sie hergebracht.

Loke kommt mit Helas Söhnen allen ,
Fenris sperrt den Flammenrachen weit ;
Die dem heissen Muspelheim entwallen

Dienen Jornungandur zum Geleit.
Heimdal sicht die Schaaren mit Erbangen,
Und des Gjallarhornes Töne klangen .


4.

Und des Gjallarhornes Töne klangen,
Rasch und stark blies der erschreckte Wächter,
Dass sie henlend alle Welt durchdrangen,
Weckend schnell der Asen Lichtgeschlechter,

Die nun eilend zu den Waffen sprangen,
Der Hrymthursen Hasser und Verächter;
Wie sie sich mit Schild und Wehr behangen,
Kommen auch Walhallas Heldenfechter .

Odin, er, der Gott im Strahlenkranze,
Fragend niedersteigt zum Mimorborne
Kühn den Gungner seltwingend, seine Lanze.

Aber Unheil kūndet ihm die Norne.
keinen Trost hat er heraufgebracht,
Drauf entbrennt die wilde Göttersehlacht.


5.

Drauf entbrennt die wilde Götterschlacht;
Einen Sonnenhelm auf seinem Haupte
Rennt auf Fenris, welcher Feuer schnaubte,
Odin auf dem Steiper an mit Macht..

Doch er fährt in einen Todesschacht,
Wie den Wolf er zu bewält'gen glaubte.
Aber der dem Gott das Leben raubte.
Wird vom Widar bald zum Tod gebracht.

Wie der Sturmwind fährt der auf ihin zu,
Reissend das Gebiss ihm von einander
In den Rachen tritt sein Eisenschuh.

So ist Odin in den Tod gegangen
Thor, der Starke, kämpft mit Jornungander
Gift und Glut entströmt dem Schlund der Schlangen.


6.

Gift und Glut entströmt dem Schlund der Schlangen,
Nidhögur, die ihr zu helfen sucht,
Fühlet mit ihr des Miölners Wucht,
Dass sie bald in Todeszucken rangen.

Thor bezwingt sie, die den Gott bezwangen
Den mit Gift umströmte Lokes Zucht;
Kaum der Schritte neun geht seine Flucht,
Hat die Nacht des Todes ihn umfangen.

Brausend wälzen sich des Kampfes Wellen,
Immer fürehterlicher wird die Schlacht,
Und den Garmur hört man heulend bellen.

Immer grauenvoller wird die Nacht,
Die nicht Mond, nicht Sterne mehr erhellen,
Das Gebäu des Firmaments erkracht.


7.

Das Gebäu des Firmaments erkracht
Bei dem Kampf der Asen und der Jetten,
Die sich wechselseits im Blute betten,
Götter gegen Riesenübermacht.

Freir, der einst dem Skirner unbedacht
Lieh sein Schwerdt, vermag sich nicht zu retten
Kurz nur ist sein Kampf auf blut’gen Stätten,
Wird vom wilden Surtur umgebracht.

Kräftig streitet der Einheriar
Heeresmacht mit Hela's Söhneschaar
Die Valkyren webten wild und sangen .

Wählt, ihr Todtenwählerinnen, wählt!
Bald auch werden sie dem Tod vermählt,
Wie die kräftigsten Gewalten rangen.


8.

Wie die kräftigster Gewalten rangen,
Sanken Lok' und Heimdal auch zugleich,
Einer fallend durch des andern Streich,
Wie sie wüthend Denrantschwerter schwangen.

Und des Surturbrandes Flammen drangen
Lodernd, leckend durch der Asen Reich,
Hin zu den Asynien zart und weich,
Während. Schilde hart an Schilde klanger.

Tyr, der Kühne, dem die rechte Hand
Fenris abbiss, als ihn Gleipner band ,
Kämpft mit Garmur einen harten Strauss,

Bis das Licht des Lebens beiden schwand.
Jeder sank, wie jeder überwand,
Und es sank der Asen goldnes Haus.


9.

Und es sank der Asen goldnes Haus.
Wigridur ist ein Gefild voll Leichen,
Rinda sank, des Himmels Stern' erbleichen
Surturs Flammen wirbeln wild und kraus.

Durch der Stürme wüthendes Gesaus'
Wal und Widar flügelschnell entweichen ,
Balder kommt mit Mödur aus den Reichen
Helas, mit dem Feind versöhnt, heraus.

Und sie reden von der alten Zeit,
Einsam sitzend, and Vergangenheit
Muss dem Seherblick vorüber wallen.

Ach wie düster ist es rings umher,
Asgard brach und ist von Göttern leer,
Seine Lichtgestalten sind gefallen.


10.

Seine Lichtgestalten sind gefallen!
- Welches Dunkel deckt euch, holde Disen?
Musstet ihr nach Niffelheim entwallen ?
Morden euch die Schwerter roher Riesen?

Todtenklagen sollen euch erschallen,
Blumen sollen euerm Blut entspriessen,
Thränen sollen von den Wesen allen,
Wie sie einst um Baldern fielen, fliessen .

Schönheit, sprich, wo bist du hingeflohen?
Götterhoheit, bist du ganz gesunken?
Wenn das Dunkel sieget ob dem Licht,

Wenn das Zarte unterliegt dem Rohen,
Dann erlischt des Schönen Sonnenfunken,
Und der Ordnung heil’ger Bau zerbricht,


11.

Und der Ordnung heil’ger Bau zerbricht
Ragnarokur ist herbei gekommen,
Hat die schöne Welt hinweggenommen,
Dunkel herrscht im Asgard trüb’ und dicht.

Aber ewig währt das Dunkel nicht,
Für die Guten ist und für die Frommen
Eine Sonnentochter hell entglommen ,
Und Allfadur kommt und hält Gericht.

Modi kommt mit Magna zu der Asen ,
Die auf Ida's Blumenfeldern sassen ,
Und sie bauen sich ein neues Haus.

Grünend hebt aus Ginungagaps Schoose
Sich die Knospe Rana's will die Rose
Herrlich steigen aus der Nächte Graus?


12.

Herrlich steigen aus der Nächte Graus,
Wie sich Blumen hold im Lenz entfalten,
Liebliche, veredelte Gestalten
Und es schweigt des Wilder Kampfs Gebraus.

Kommen aus Homimersholt heraus
Lifthraser und Lift, vom Thau erhalten;
Werden auf der neuen Erde walten,
Breitend glückliche Geschlechter aus.

Wale herrscht mit Widar im Vereine,
Hodur führt die milde Sternen - Nacht,
Niord will nach Vanaheim entwallen ,

Und ein neues Leben ist erwacht,
Neue Menschen, neue Götterhaine,
Neue Erden, neue Himmelshallen.


13.

Neri e Erden, neue Himmelshallen
Blülien auf aus der Zerstörung Grauen,
Ygdrasil darf wieder Segen thauen,
Morgenröthe darf im Äther wallen.

Alle Vesten sind auch nicht gefallen:
Andlangr ist und Widblain noch zu schauen,
Wo Lichtalfen regen sich in blauen.
Lüften, wo die Zauberweisen schallen :

Gimmle heisst die Sonnenstadt der Frommen,
Die zu Brynner und zu Snidre kommen ,
Schauen Nastrond und Hvergelmer nicht .

Ruhe waltet, wo die Wuth gerungen,
Wonne lebt, nachdem das Weh verklungen,
Und Allfadur herrscht im ew'gen Licht.


11.

Und Allfadur herrscht im ew'gen Licht,
Geist und Seele, die die Welt durchdrungen,
Leben, das sich siegreich aufgeschwungen,
Leben, das des Todes Banden bricht.

Heil’ge Wahrheit, die durch Mythen spricht,
Schöner Stern in tiefen Dämmerungen,
Strahl der Frühe, der als Ton erklungen,
Wer erkennt dich und bewundert nicht?

Rausche, Skaldensang und Bardiale !
Reiche mir Idun, die Muschelschale
Braga's Becher sei mir dargebracht.

Mich begeisternd für das Schöne, Wahre,
An des Vaterlandes Hochaltare,
Branse Telyn, wie der Sturm erwacht!


15.

Brause Telyn, wie der Sturm erwacht;
Finbulweter kommt daher gegangen,
Sonn und Sterne sinken tief in Nacht,
Und des Gjallarhornes Töne klangen.

Drauf entbrennt die wilde Götterschlacht,
Gift und Glut entströmt dem Schlund der Schlangen,
Das Gebäu des Firmaments erkracht,
Wie die kräftigsten Gewalten rangen.

Und es sinkt der Asen goldnes Haus
Seine Lichtgestalten sind gefallen,
Und der Ordnung heil’ger Bau zerbricht.

Herrlich steigen aus der Nächte Graus,
Neue Erden, neue Himmels - Hallen,
Und Alfadur herrscht im ew'gen Licht.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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