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Adaluld (9. Sonettenkranz)
#1
IX. Adaluld


1.

Von Nachtigall und Rose sei gesungen,
Von Sprossers Glühen und der Blame Hulden,
Wie Liebeskosen ist dabei erklungen,
Und was im Blühen Rose musste dulden.

Geheimnisvoll von Abenddämmerungen
Wob sich ein Schleier über das Verschulden,
Und leise schwoll, und Sehnsuchtweh durchdrungen,
Hob sich die treue Brust von Adalulden.

So hiess die Nachtigall, die mit dem Weste
Geflogen war herbei aus fernen Landen,
Die zu dem Wonnehall der Maienfeste

Gezogen ward von süssen Liebesbanden.
Die fühlte, wie erglühten ihre Wangen,
Wie Frühling kam mit Blüthen hergegangen.


2.

Wie Frühling kam mit Blüthen hergegangen,
Da schwebte, schwoll und schwamm durch Land
und Lüfte Um seiner wonniglichen Blüthen Prangen
Ein Lebensstrom voll Klang und Lied und Düfte.

Dass Melodieen lusterweckend drangen,
Zum düstern Niedergang der Felsenklüfte,
Dass Lieder in den Rosenhecken klangen,
Und süsser Liederklang die Luft durchschiffte.

Wie Blumenhauch und Liebesrausch im Lenze
Beseligt alles, und das reine Singen,
Und ringsum auch erwachten tausend Kränze,

Da war die Nachtigall herbeigesungen,
Da regte sie die zierlich kleinen Schwingen,
Wie süsser Schall und Melodei erklungen.


3.

Wie süsser Schall und Melodei erklung en,
Hat Rose ihren Balsamkelch erschlossen,
Dem Schoose ist ein Wunderduft entflossen,
Und hat sich durch die Lüfte frei geschwungen.

Und Adaluld hat nah dabei gesungen,
Einsam und klagend, fern von den Genossen,
Der Rose sagend: ,,Stern der Blüthensprossen
„Von meiner Huld und Liebe sei umschlungen!“

Und Adaluld zog nun ein Netz der Töne
Voll Liebeshuld und Zauber um die Schöne
Manch Mädchen kam, im Busen wallend Bangen,

Und lauschte still den wundervollen Klängen
Und tauschte Seufzer mit den Klaggesängen
End Wonne nahm die Herzen all' gefangen.


4.

Und Wonne 'nahm die Herzen all''gefangen,
So süss und traurig tont die Liebesflöte,
Und Sonne war im West hinabgegangen
Des Himmels Blau verschönt die Abendröthe.

Und Hesperus erschien im milden Prangen,
Dass er der Rose seine Grüsse böte,
Nach deren Kuss er schien wild zu verlangen,
Ja, dass er sie durch seine Küsse tödte.

Wie blühender die Rose sich erschlossen
Ist glühender des Liedes Strom geflossen,
Aedon hat im irren Sinn gesungen.

Und Hesperus hat sie mit Glut umlodert,
Hat ihren Kuss mit Liebeswuth gefodert,
Wie Sprosser sich zur Rose hingeschwungen.


5.

Wie Sprosser sich zur Rose hingesckwungen,
Um nahe bei der Lieblichen zu sitzen,
Da sahe sie des Sängers Äuglein blitzen,
Zu ihr ist sein Gekose hingedrungen.

Erröthend brauchte sie Verhinderungen,
Und wollte, wehren sich mit Dornenspitzen,
Und sollte sie sein Jchorblut verspritzen,
Der flötend bat um Schmerzenslinderungen.

Und wie die Nacht sich dunkler senkt hernieder,
Und wie die Sterne heller aufwärts steigen
Und schlummernd, träumend, still die Blüthen hangen,

Da schwingt die Macht der Sehnsucht sein Gefieder,
Sich zu der Schönsten schneller hinzuneigen,
Sie küssend auf die hocherglühten Wangen.


6.

Sie küssend auf die hocherglühten Wangen,
Obgleich sie, züchtig, zürnend übergossen
Vom Inkarnat der Schaam, mit süssem Bangen
Den Küssen wich und Thränen überflossen.

Allein Aëdons Jubellieder schwangen
Sich hoch empor, wie trunkne Lustgenossen,
So dass sie wonnig auf und nieder klangen,
Ein Freudenchor aus trunkner Brust ergossen.

Ermattet von dem Küssen, Zürnen, Ringen;
Umschattet von des süssen Schlummers Schwingen,
Schlief Rose, war Adalulds Lied verklungen;

Bis Morgenglut im Osten sich entzündet,
Bis Liebeswuth des Sängers nun verkündet:
Wie Eifersucht und Lieb' in ihm gerungen.


7.

Wie Eifersucht und Lieb' in ihm gerungen,
Der schwelgte an der Rose Purpurbrüsten
Die Sorgen, Qualen, welche ihn durchdrungen,
Als Morgenstrahlen nun die Blume küssten,

Hat Adaluld im heissen Schmerz gesungen.
Muss allen denn nach der Erwählten lüsten?
Für Ungeduld ist bald sein Herz zersprungen,
Von der, so sagt man, Lenzvermählte wüssten,

Die Rose soll nicht Sternenglanz beschauen,
Die Rose soll kein Perlenkranz bethauen,
Die Rose sol kein Morgenstrahl umfangen,

Er ist bemüht, allein sie zu umschlingen.
Euch soll mein Lied von seiner Liebe singen,
Und wie er d'rauf im Blüthenmond vergangen.


8.

Und wie er drauf im Blüthen mond vergangen,
Ein nur im stillen Liebessehnen Schmachtender,
Da hat umhüllender nur, und umnachtender
Ihn Schmerz, der bei der Liebe wohnt, umfangen.

Die Rose bebt im sinnigen Erbangen,
Er blickt sie an, ein wonnevoll Betrachtender,
Sie blickt hinweg, ach, unmuthvoll, verachtender,
Abweisend so sein inniges Verlangen.

Er klagt sein Weh in wonnesüssen Lauten,
Dass aus dem See Najaden grüssend schauten,
Dass auf der Höh' die Oreade horchte.

Ihn hören freundlich Liebesgötter singen.
Die Rose lachte sein, die Unbesorgte,
Sie kos'te traulich mit den Schmetterlingen.


9

Sie kos'te traulich mit den Schmetterlingen,
Die sie, nicht mehr von Schaam verhüllt, umfliegen.
Und Adaluld hat gramerfüllt geschwiegen,
Die Flüglein ihm, wie welke Blätter hingen.

,,Könnt ihr dem Sãnger keinen Retter bringen?
„Soll er dem namenlosen Schmerz erliegen ?
„Und kann er nicht der Rose Herz besiegen,
„So lasst ihn länger nicht sein Weh besingen!

"So rief ich zu den lauschenden Najaden,
Da klangs im Nu von rauschenden Gestaden:
„Die Liebe liebt bei Leid und Lust zu singen!

Was die von Liebe wol im Schilfe wissen?
Die Rose liess sich von den Silphen küssen,
Die sie umgaukelten mit Götterschwingen.


10.

Die sie umgaukelten mit Götterschwingen,
Das waren kaum entpuppte Amoretten,
Die sanft sich schaukelten auf Elfenringen
Der Blätter Flaum erwählten sie zu Betten.

Die küssend kaum am Rosenmunde hingen,
Gern ewig Nektar dort getrunken hätten,
Doch süsser Traum hat ach, Sekundenschwingen,
Und Seligkeit der Lieb' ist nie zu ketten.

Die Sonnenstrahlen kamen auch geflogen,
Die haben ihr den duftgen Hauch entzogen,
Ein Schauer drang vom Fall in ihr Gemüth,.

Der sie geliebt mit reinem Ätherfeuer,
Den sie betrübt, ihr Sänger, ihr Getreuer,
Voll Trauer sang dem Wiederhall ein Lied.


11.

Voll Trauer sang dem Wiederhall ein Lied.
Der Adaluld, und jener sang es wieder,
Grau war der Wolken Rosenwall verglüht,
Im Haine schwieg der Wonneklang der Lieder,

Die Nachtviolen waren all' erblüht,
Im Mondschein tanzten Elfen auf und nieder,
Da drang das süsse Nachtigallenlied
Wie Todtenklage durch die Haine wieder.

Die Blumen standen Thränenübergossen,
Die Vöglein träumten von der Trennung Tagen,
Da scherzte noch der Zephyr um die Rose;

In Liebesbanden drückend eingeschlossen
Sang weinend seiner Schmerzerkennung Klagen
Ach, schmerz- und demuthvoll der Hoffnungslose.


12.

Ach schmerz- und demuthvoll der Hoffnungslose.
Liess leise lispeln liebliche Cadenzen,
Bald stieg und schwoll sein Ton ins Riesengrosse,
Als heisser Blitz den Himmel zu durchglänzen.

Bald war er hell, wie Thau im Blüthenschoose,
Sanft schmelzend, in der Anmuth zarten Grenzen,
Bald war er Quell, im feuchten Grottenmoose
Sich wälzend, Wehmuthwellen zu kredenzen.

Und Rose stand und weint in Finsternissen
Das lose Band der Freunde war zerrissen,
Nur Schmerz und Reue blieb im blassen Schoose.

Es floss auf sie kein Strahlenschimmer nieder,
Den Blüthensänger sah sie nimmer wieder,
Sein Herz, so wehmuthvoll, rief: Rose! Rose!


13.

Sein Herz, so wehmuthvoll, rief: Rose! Rose!
Und Rose! hört er's drüben wieder schallen!
Und in den Zweigen säusselt's: Rose! Rose!
Und Rose! klagt es in den Felsenhallen.

Die Silberwellen murmeln: Rose! Rose!
Und immer klagt es : Ach, sie ist gefallen,
Die Königin, die holde, süsse Rose !
Und Blumen weinen mit den Nachtigallen.

So Sprosser ihr noch immer Lieder schenkte,
Die still den Blick der Nachtigall vermied.
Den Kommer trug und sie nicht wieder kränkte,

Und kopend klang mit süssem Schall sein Lied,
Bis Schlummer sich auf Beide niedersenkte,
Bis Rose sank und Nachtigall verschied.


14.

Bis Rose sank und Nachtigall verschied,
Ist immer noch sein sanftes Lied erklungen,
Hat Adaluld von seinem Leid gesungen,
Darüber ist die Rose still verblüht.

Auf ihren Zweigen klang sein letztes Lied ;
Ein Schimmer wob von Lichterinnerungen,
Sich um des Sängers Geistesdämmerungen,
Die Flamme ruht, und ist in sich verglüht.

Schlaf wohl, du Sänger mit der Sehnsucht Fülle!
Der Rose Blätter deckten seine Hülle,
Mit seinem Lied ist meines auch verklungen.

Darum hab' ich sein Lieben aufgezeichnet,'
Dass, was bei Menschen so sich oft ereignet
Von Nachtigall und Rose sei gesungen.


15.

Von Nachtigall und Rose sei gesungen,
Wie Frühling kam mit Blüthen hergegangen,
Wie süsser Schall und Melodei erklungen,
Und Wonne nahm die Herzen all' gefangen.

Wie Sprosser sich zur Rose hingeschwungen,
Sie küssend auf die hocherglühten Wangen;
Wie Eifersucht und Lieb' in ihm gerungen
Und wie er drauf im Blüthenmond vergangen.

Sie kos'te traulich mit den Schmetterlingen,
Die sie umgaukelten mit Götlerschwingen ,
Voll Trauer sang dem Wiederhall ein Lied

Ach schmerz- und demuthvoll der Hoffnungslose,
Sein Herz, so wehmuthvoll, rief Rose! Rose!
Bis Rose sank und Nachtigall verschied.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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