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An die einstige Geliebte (8. Sonettenkranz)
#1
1.

O Rosamunde, meine bangen Klagen,
Dein Ohr vernimmt sie nicht, Du bist zu fern,
Du meines Jugendlebens Morgenstern,
Du Freudenquell aus süsser Liebe Tagen!

Ja selbst mein Lied, es naht mit bangem Zagen,

Ob’s gleich in Deinen Händen ist so gern;
Dem frohen Streben sind die Sorgen fern,

Doch sorgenvoll muss es zu Dir sich 'wagen.

Wirst Du verzeihn, dass ich voll Lieb' und Treue
Noch immer dir so Lied als Leben weihe ?
Wirst, Heissgeliebte! Du mir zürnen wollen ?

Nie darf ich das von Dir, dı Holde! wähnen,
Du wirst verzeihn, und lächeln durch die Thränen,
Die heissen Thränen, die dem Aug' entrollen.


2.

Die heissen Thränen, die dem Aug' entrollen,
Könnt ich sie küssen doch von Deinen Wangen,
Auf denen alle Rosen aufgegangen,
Wie selig küsst ich einst die Wundervollen!

O was ist alles Wünschen, alles Wollen,
Wenn uns die Hand des Schicksals hält gefangen!
Die Freudensonnen sind hinabgegangen,

Die Nachtigallenlieder sind verschollen.

Ich denke Deiner, wenn der Abend schattet,

Ich enke Dein, wenn sich die Gipfel röthen,
Wenn Blüthen duften und wenn Donner rollen,


Und sinke hin, vom Sehnsuchtsschmerz ermattet,
Und weine viel. Es drohen mich zu tödten
Die Seufzer, die den Busen sprengen wollen.



3.

Die Seufzer, die den Busen sprengen wol
len, Sind Boten meiner Liebe, die ich sende,
Zu Dir ,. zu Dir mein Liebchen sonder Ende,
Dass sie von meiner Sehnsucht reden sollen.

Von meinen Leiden, meinem qualenvollen

Trostlosen Sein, das ohne Liebesspende
Sich aufzehrt, o dass es zum Tod sich wende!

Mir wäre wohl im engen Grabesstollen!

O warum, warum musst ich Dich verlassen,

Warum nicht darf ich Deine Hand erfassen
Warum „Willst Du mein Weib sein?“ , dich nicht fragen.


Ein schreckliches Geschick reisst Herz vom Herzen;
O zürne nicht dem Ausbruch meiner Schmerzen,
Lass Dir von meiner stillen Sehnsucht sagen.


4.

Lass Dir von meiner stillen Sehnsucht sagen,
Sieh Rosamunde, immer denk ich Dein,
Beim Mondenlicht, beim milden Abendschein,
Wie einst ich sang, was Stern und Rose sprachen.

Auf Bergen, die zum Blau des Himmels ragen,
In Schattenthälern, in dem Eichenhain,
Bin ich so gern mit Dir und mir allein,

Und muss so schmerzlich Dich wie mich beklagen.

Ich wünsche mir der Morgenlüfte Schwingen,
Um selig schwebend zu Dir hinzudringen,
Ob Du noch mein gedenkest ? Dich zu fragen.

Ich denke Dein in allen meinen Träumen,
Ein Eden winkt mit goldnen Blüthenbäumen,
Erinn'rung trägt mich zu vergang’nen Tagen,



5.

Erinn'rung trägt mich zu vergang'nen Tagen,
Ich segne dankend ihre Zaubermilde,
Ich grüss' im Geiste jene Lustgefilde,

Wo wir, so reich, dem Glück im Schoose lagen.

Noch hör' ich jene Nachtigallen schlagen,
Und mich umgaukeln liebliche Gebilde,
Die decken mich mit hellem Sonnenschilde,
Dass nicht der Geier darf mein Herz zernagen.


Es war ein Maientag voll Lust und Scherz,
Es war ein Lied von Klängen überwoben,
Ein Lied, das wir, ach nicht mehr singen sollen.

Es waren Blüthentage, die das Herz
In Himmelsregionen aufgehoben;
Ich denke weinend an die Wonnevollen.



6.

Ich denke weinend an die wonnevollen
Goldros’gen Stunden, wo zu Dir ich ging.
Wo den Geliebten hold Dein Arm umfing,
Ihn zärtlich liebend drückend an den vollen


Schneeweisen Busen. Lass mich Thränen zollen
Für Deine Liebe! Den ich einst empfing,
Von Dir in Thränen bad' ich Deinen Ring,
Ach dass die Ringe Ketten werden sollen!

Gekettet bin ich noch mit tausend Banden
An Dich, die keine Zeit zerreisst und lösst;
Warum, warum muss ich dem Schicksal grollen ?

Ach, Keine hat mich so, wie Du, verstanden,
Mir solche Liebe Keine eingeflösst,
Dem Born der Liebe war das Glück entquollen.



7.

Dem Born der Liebe war das Glück entquollen,
Wir wiegten uns in fröhlichen Genüssen,
Wir schmiegten uns einander an mit Küssen,
Die Freude reichte lächelnd uns den vollen

Nektarpokal, ihn haben kränzen wollen
Die jungen Liebesgötter, kränzen müssen,
Sie winkten uns mit holden Engelgrüssen,
Wir lauschten ihrem Spiel, dem Anmuthvollen.


O Mädchen, das war unsrer Liebe Glück!
Wir liebten rein, wie sich die Engel lieben,
Wir haben keinen Vorwurf uns zu sagen.


rufe jene Zeit mit mir zurück,
Sie ist entschwunden und wir sind geblieben,
Zu Paradiesen wurden wir enttragen.



8.

Zu Paradiesen wurden wir enttragen,
Wir schwebten, traut umschlungen, himmelan,
Wir flogen trunken auf der Sterne Bahn,
In Anadiomenens Tauben-Wagen.

Und will ich nun der Lyra Saiten schlagen,
Wenn freundlich lächelnd mir die Musen nahn,
Da fangen sie von selbst zu tönen an,
Von unsrer Liebe sonnenhellen Tagen:

Wie Du mir Deine Neigung froh gewährt,
Von Hoffnungen, die wir vereint genährt,
Von lichten Blüthenkränzen, die uns schmückten.

Wie ich Dein Herz durch Lieder mir gewann,
Wie sich der traute Liebesbund entspann,
Wie selig wir der Küsse Blüthen pflückten.



9.

Wie selig wir der Küsse Blüthen pflückten,
O welche Küsse! die minutenlangen
Auf Mund und Stirn, auf Augen, Hals und Wangen!

Sie wurden nicht gezählt von dem Beglückten

Wenn wir so Brust an Brust uns innig drückten,
Mit gleicher Lust umfangen, wie umfangen,
Mit glühendem und zärtlichem Verlangen
Bis uns der Trennung Stunden schnell berückten;


Das war der Gipfel aller Seligkeiten,
Das war die goldne Zeit der goldnen Zeiten,
Die wie ein schöner Morgentraum vergingen.

O könnt ich so des Todes Beute fallen,
O könnt' ich so zum Land der Schatten wallen;
Wie Mand an Mund wir stillvergehend hingen!


10.

Wie Mund an Mund wir stillvergehend hin
gen, So-sassen wir auch öfter Hand in Hand,
Und träumten uns ein schönes Feeenland,
Und schmückten és mit tausend Wunderdingen,

Und flogen hin auf Phantasienschwingen,
Wir waren ihm als Herrscher zugesandt,
Der Unschuld und der süssen Liebe Band,
Es musste sich um alle Wesen schlingen.


Da waren Löwen sanft, wie fromme Tauben,
Da wölbten Myrt und Rosen sich zu Lauben,
O Mädchen, wie so herrlich war es da!

Hast Du der Liebe Träumerei vergessen?
Denkst Du noch, wie wir Hand in Hand gesessen
Wie Aug' in Auge liebetrunken sah?


11.

Wie Aug' in Auge liebetrunken sah,
Da kos'ten wir in trauten Wechselreden,
Und uns ergötzten Scherz und kleine Fehden,

Denn gleich war immer die Versöhnung da.

Es lagen uns der Dichter Lieder nah,
Wir wandelten in duft'gen Blumenbeeten,
Wo heil'ge Ahnungsschauer uns umwehten,
Wir weinten, wussten nicht wie uns geschah.

0 Tage dieses traulichen Vereines
Voll Maienlust und heitern Sonnenscheines,
Die uns mit Edens Früchten süss erquickten!

Ihr seid dahin, die Blüthen sind verschwunden,
Die Kränze welkten, die wir einst gewunden
Ob Schicksalsstürme jene Blüthen knickten?


12.

Ob Schicksalsstürme jene Blüthen knickten?
O frage nicht, was sollen auch die Fragen ?
Mich hindern Thränen, Antwort Dir zu sagen,
Und Seufzer, die die Rede mir erstickten.,

Die Zaubernetze, die uns süss umstrickten,

Die Rosenketten, eng um uns geschlagen,
Sie sind zerrissen in den trüben Tagen.

O dass wir je das Licht der Welt erblickten!

Doch warum hegen diesen wilden Schmerz ?

Und warum legen diese Last aufs Herz?
Warum so düstre Todesweisen singen?

Nein, milde Wehmuth soll uns nur umwehen,

Und Freundschaft tröstend uns zur Seite gehen,
Erinn'rung trägt uns fort auf Zauberschwingen.



13.

Erinn'rung trägt uns fort auf Zauberschwingen,
Sie kränzt noch einmal uns das Lockenhaar,
Sie beut uns ihren Wonnebecher dar,
Und längst verhallte Lieder hör' ich klingen.


O lass auch Dir die Himmelslieder singen,
Du holde Maid, bei der ich glücklich war,
Wie wir, ein freudenselges Liebespaar,

In Paradieses - Gärten uns ergingen.

Noch immer steht Dein Bild vor meinen Blicken,

Noch immer nk' ich Deiner mit Entzücken,
Wohin ich immer schaue, bist Du da.

Dein Bild umgankelt mich mit holdem Lächeln,
Dein Geist umsäuselt mich mit Zephyrfächeln,
Und wie Du mir, bin ich Dir liebend nah.


14.

Und wie Du mir, bin ich Dir liebend nah,
So lange noch von meines Herzens Schlägen,
Das Dich nur liebt, sich meine Pulse regen;
In Deinem Aug ich Himmel offen sah.

Wie Glockenklänge der Harmonika ,
Umwehe Dich mein Gruss auf Blumenwegen,
Nimm mit den leichten Liedern meinen Segen!
o dass, was wir uns wünschten, nicht geschah !

Ihr Wolken, grüsst sie, die ich einst erkoren,
Ihr Sterne, grüsst die Braut, die ich verloren,
Ihr Rosen wollt ihr meine Grüsse sagen!

O Mädchen, lies den Liederkranz, und weine!

Vernimm, Du Heissgeliebte, Süsse, Reine,
O Rosamunde meine bangen Klagen.



15.

O Rosamunde, meine bangen Klagen,
Die heissen Thränen, die dem Aug' ertrollen,
Die Seufzer, die den Busen sprengen wollen,
Lass Dir von meiner stillen Sehnsucht sagen.

Erinn'rung trägt mich zu vergang’nen Tagen,

Ich denke weinend an die Wonnevollen;
Dem Born der Liebe war das Glück entquoller,
Zu Paradiesen wurden wir enttragen.


Wie selig wir der Küsse Blüthen pflückten;
Wie Mund an- Mund wir stillvergehend hingen,
Wie Aug' in Auge liebetrunken sah !

Ob Schicksalsstürme jene Blüthen knickten,

Erinn'rung trägt uns fort auf Zauberschwingen,
Und wie Du mir, bin ich Dir liebend nah!




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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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