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Die Schöpfung (2. Sonettenkranz)
#1
Die Schöpfung


1

Der Weltenvater rief Sein Allmachtwort,
Denn öde war es in den finstern Räumen,
Und einsam, Sonnen schienen noch zu träumen,
Und wälzten sich im tiefen Dunkel fort.

Da war nicht West noch Ost, noch Süd und Nord,
Nicht Wolken waren, die sich golden säumen,
Kein Säuseln wehte in den Blüthenbäumen,
Denn Bäume nicht, nicht Blüthen gab es dort.

Es war das Reich uralter Mitternacht,
Noch nicht zum frohen Lebenstag erwacht,
Wer weiss, wie lange dieses Dunkel währte?

Da schwang der Weltgeist kräftig sich empor,
Sein Hauch zerriss den schwarzen Todtenflor,

Ins öde Chaos tönte Gottes: Werde!



2

Ins öde Chaos tönte Gottes: Werde!
Da schieden sich die Schatten von dem Licht,
Das ausging von des Vaters Angesicht,
Das holde Licht, das alles rings verklärte.

Die Welten grüsseten das Langentbehrte,
Der Strahl durchflog das Dunkel, das so, dicht
Den weiten Raum erfüllte, Schicht auf Schicht,
Der Wille Gottes war des Lichts Gefährte.

Und, als der. Strom der Helle niederfloss,
Als sich der Glanz durch jeden Raum ergoss,
Der noch des Allbelebenden entbehrte,

Da trat auch aus des Dunkels weitem Thor,
Sanft angestrahlt, ein kleiner Stern hervor,
Aus Mitternächten trat hervor die Erde.





3

Aus Mitternächten trat hervor die Erde,
Formlos, ein Punkt im unermessnen All,
Sich drehend um den hellen Sonnenball,
Und um sie zog ihr kleinerer Gefährte.

Wer war es, der sie Bahnen finden lehrte,
Der väterlich sie schirmte vor dem Fall ?
Wer hat gethürmt der Riesenberge Wall,
Wer sorgte, dass sie Flamme nicht verzehrte?

Der Weltgeist, der im öden Raum gewaltet,
Hat Welt um Welt geschaffen und gestaltet,
Die rollen nun auf ew'gen Bahnen fort,

Sie haben donnernd ihren Lauf begonnen, ,
Mit Erden kreisen Monden um die Sonnen,
Und Sonnen flammen glühend hier und dort.




4

Und Sonnen flammten glühend hier und dort,
Die hell und herrlich Gottes Thron umzogen,
Von Seinem Hauch beschwingt, das All durchflogen,
Gehorsam dienend Seinem Wink und Wort.

Sie ruhen nimmer aus im stillen Port,
Wie Schiffe, steuernd durch des Meeres Wogen;
Sie ziehen hin in unermessnen Bogen
Und Ruhe finden sie an keinem Ort.

Und um die Sonnen ziehen die Planeten,
Mit Feuerschweifen wandeln die Kometen,
In Seiner Hand hält sie der Herr und Hort.

Auf Erden aber war noch rauhes Walten,
Sie musste sich zur Kugel erst gestalten,
Da kämpften Elemente fort und fort.





5

Da kämpften Elemente fort und fort;
Der Erdball bebte von dem wilden Ringen,
Es war ein wechselseitiges Verschlingen,
Der Meere Fluthen tosten über Bord.

Orkane wälzten sich vom Süd und Nord,
Emporte Wogen peitschend mit den Schwingen,
Und Flammen aus dem Schoos der Tiefen dringen,
Verzehrend sich im grausen Wechselmord.

Da rollten Donner in der Erde Klüften,
Gewitter braussten zürnend in den Lüften,
Die Flamme frass, was nicht die Fluth verheerte.

Aus rohem muss sich edler Stoff entfalten,
Der Herr in Seiner Weisheit liess sie walten,

Bis endlich sich die wilde Kraft verzehrte.


6

Bis endlich sich die wilde Kraft verzehrte,
Die Meere donnernd sich nicht mehr ergossen,
Die Ströme still in ihren Betten flossen,
Und alles sich zum Stand der Ruhe kehrte.

Da schuf der Herr des Himmels und der Erde,
Sich Seiner hohen Herrlichkeit Genossen,
Und Seine Boten harrten, lichtumflossen,
Des Wortes, das sie nun versenden werde.

Dann flogen sie durch alle Himmel hin,
Das Machtgebot des Vaters zu vollenden,
Der sie nach Seinem Vorbild segnen lehrte.

Sie dienten Ihm mit demuthvollem Sinn,
Und flogen, Himmelswonnen auszuspenden,

Wie Gottes Wink die Schöpfungen verklärte.



7

Wie Gottes Wink die Schöpfungen verklärte,
Und Morgenröthe himmlisch schön erglühte,
Und Sonnenflamme durch die Himmel sprühte,
Glich einer Blumenknospe noch die Erde.

Nun aber zog mit fröhlicher Gebehrde
Die Schaar der Engel auf die Schönerblühte,
Der Vater schmückte sie voll Huld und Güte,
Dass sie Sein Garten und Sein Tempel werde.

Da war gesühnt der Elemente Streit,
Da prangten sie in der Verklärung Glanze,
Und jedes Ufer war ein Blumenbord.

Das war des Erdplaneten Blüthenzeit,
Er priess den Herrn mit in der Sphären 'Tanze;

Die rühmten Ihn mit feierndem Accord.



8

Die rühmten Ihn mit feierndem Accord;
Durch alle Himmel klangen Wonnelieder,
Es hallten sie die fernsten Welten wieder,
Der Jubel schallte durch Äonen fort.

Da sah der Herr die Wonnen hier und dort,
Sah auf die Welt von Seinem Throne nieder,
Die Engel schwangen tönend ihr Gefieder,
Und Halleluja! klang's im Süd und Nord.

Und gut war alles, was der Herr gemacht,
Und alles stand in jugendlicher Pracht,
Da flog Sein Liebesruf durch alle Räume,

Da schmückte sich mit Hoffnungsgrün das Land ,
Gesegnet von des Allerbarmers Hand;
Da regten sich die tausend Lebenskeime.





9

Da regten sich die tausend Lebenskeime,
Da war ein Drängen, Treiben, Knospen, Sprossen,
Da hatten sich die Blumen all' erschlossen,
Es eilte jede, dass sie nichts versäume,

Schon fliehen sie, der Knospen Morgenträume,
Die Blumen sind von Sonnenstrahl umflossen,
Da ist die Fülle holden Seins ergossen,
Und Balsamduft durchweht des Äthers Räume.

Und was sich loşringt aus des Schlummers Nacht,
Und was zur Blüthenseligkeit erwacht,
Zur Riesenform entwächst es seinem Keime.

Noch zeugt versteinerter Gewächse Spur
Von jener hohen Urkraft der Natur ;
Nun blüheten und trugen Frucht die Bäume.



10


Nun blüheten und trugen Frucht die Bäume;
Es breiteten sich Palmenwälder aus,
Die Blätterkronen streckend hoch hinaus,
Und Lust und Leben füllten alle Räume.

Schon flogen Bienen nach dem Honigseime
Der Blumenkelche, sogen ihn daraus,
Und trugen Wachs auch in ihr Zellenhaus,
Zur Nahrung jenen, das zu Kitt und Leime;

Und Mücken tanzten in des Abends Strahlen,
Und' Schmetterlinge küssten jede Blüthe,
Die schön und duftend ausgegangen war.

Wer kann die Wesen nennen all mit Zahlen
Die sich erfreuten an des Vaters Güte?
Die Meere wimmelten von froher Schaar.





11

Die Meere wimmelten von froher Schaar
Der Fische; Friede herrscht noch unter ihnen,
Der Tod war noch auf Erden nicht erschienen,
Sie scherzten in den Wellen Paar an Paar.

Da schossen Wasserstrahlen, silberklar,
Hoch in der Luft die munteren Delphinen,
Und andre waren, die zu fliegen schienen,
Noch andre, an Gestaltung wunderbar.

Doch Stille lag noch über Meer und Landen,
Zwar ranschten Bäume, Wellen unverstanden,
Die höchste Lust war noch nicht aufgegangen.

Da kam das Liebliche noch zu dem Schönen
Im Ton und Klang, der Liebe holdes Sehnen,


Als nun die Vöglein auf den Zweigen sangen.



12


Als nun die Vöglein auf den Zweigen sangen,
Da war es auf dem Erdball nicht mehr öde,
Denn Lieder grüssten schon die Morgenröthe,
Die Jubellieder, die sich lichtwärts schwangen.

Und war der laute Tag hinabgegangen,
Da tönt es noch in süsser Liebesflöte,
Als ob der Lenz der Erde Küsse böte,
Vom Arm der stillen Dämmerung umfangen.

Denn ew'ger Frühling war und ew'ge Lust
Und, wie ein Kindlein an der Mutter Brust
Mit sanftem Lächeln ruht und Rosenwangen,

So lag die Erde in des Vaters Hand
Und Lieb' und Leben füllten jedes Land,
Als Thiere nun auf Lustgefilden sprangen.





13

Als Thiere nun auf Lustgefilden sprangen,
In Fröhlichkeit gepaaret und gesellt
Von keinem Todespfeile noch gefällt,
War Lust und Leben herrlich aufgegangen,

Da war ein Wollen nur und ein Verlangen,
Ein süsser Trieb, der Lebenskeime schwellt,
War rings verbreitet in der jungen Welt,
War von der Liebe Urquell ausgegangen.

Gott sass in Seines Thrones lichtem Glanze,
Sah nieder auf die Welt voll Lieb' und Milde,
Und sah, wie schön und herrlich alles war;

Und krönen wollte Seine Huld das Ganze
Geschöpfe fehlten noch nach Seinem Bilde,
Da schuf der Herr das erste Menschenpaar.





14


Da schuf der Herr das erste Menschenpaar,
Haucht in die Leiber Seines Geistes Funken,
Sie wachten auf, ihr Auge blickte trunken
Umher, und keines wusste, wie ihm war.

Da trafen sich die Blicke Wunderbar
Berührt stand jedes, lächelnd, still versunken;
Dann sind sie in die Arme sich gesunken,
Und droben jnbelte der Engel Schaar.

Mit Wonneliedern ward der Herr gepriesen,
Es zog mit Menschen, Thieren, Paradiesen,
Der Erdball fröhlich seine Bahnen 'fort.

So hatte sich das Licht der Nacht entriesen,
Als in des Chaos öden Finsternissen
Der Weltenvater rief Sein Allmachtwort.





15

Der Weltenvater rief Sein Allmachtwort ,
Ins öde Chaos tönte Gottes : Werde!
Aus Mitternächten trat hervor die Erde,
Und Sonnen flammten glühend hier und dort.

Da kämpften Elemente fort und fort,
Bis endlich sich die wilde Kraft verzehrte,
Wie Gottes Wink die' Schöpfungen 'verklärte,
Die rühmten Ihn mit feierndem Accord.

Da regten sich die tausend Lebenskeime;
Nun blüheten und trugen Frucht die Bäume,
Die Meere wimmelten von froher Schaar.

Als nun die Vöglein auf den Zweigen sangen,

Als Thiere nun auf Lustgefilden sprangen,
Da schuf der Herr das erste Menschenpaar.




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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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