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Joseph Blanco White: To Night
#1
GB 
Joseph Blanco White
1775-1841

To Night

Mysterious Night! when our first parent knew
Thee from report divine, and heard thy name,
Did he not tremble for this lovely frame,
This glorious canopy of light and blue?

Yet 'neath a curtain of translucent dew,
Bathed in the rays of the great setting flame,
Hesperus with the host of heaven came,
And lo! Creation widened in man's view.

Who could have thought such darkness lay concealed
Within thy beams, O Sun! or who could find,
Whilst fly and leaf and insect stood revealed,

That to such countless orbs thou mad'st us blind!
Why do we then shun Death with anxious strife?
If Light can thus deceive, wherefore not Life?




An die Nacht
Ü: ZaunköniG

Mysterium Nacht, dem ersten Ahn genau
bekannt aus heilgem Wort; Hört er den Namen,
erzittert er nicht vor den lieben Rahmen,
dem edlen Baldachin aus Licht und Blau.

Nun unter einem Tuch funkelndem Tau,
gebadet in den Strahlen hoher Flammen,
kam Hesperus, und all die andern kamen,
zeigt sich dem Mensch die Schöpferkraft zur Schau.

Oh, welche Dunkelheit hältst du versteckt!
In deinen hellen Strahlen, Sonne, findet
man jedes Blatt und jegliches Insekt,

doch sind wir für die Sternenschar erblindet!
Warum soll’n ängstlich vor dem Tod wir beben?
Wenn Licht uns täuscht, warum nicht auch das Leben?
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#2
Josef Blanco White: Die Nacht

Magische Nacht! Der göttliche Bericht,
Den Adam einst von deinem Sein bekam,
Ließ er nicht zitternd stehn ihn vorm gespann-
Ten Baldachin, gemacht für’s blaue Licht?
Hier unter einem Schleier klarer Gischt,
Gebadet in des Abends Strahlenkamm,
Taucht’ Venus auf. Manch’ Himmels-Hostie kam
Als Schöpfungswunder Menschen zu Gesicht.
Wer ahnt doch, dass die Sonne so versteckt
Die Nacht durch ihre Strahlen. Sie versinkt
Am Tag, bei Blatt und Fliege und Insekt.
Durch Licht wird man für andre Räume blind!
Seh’n wir deshalb den Tod so ängstlich an?
Wenn Licht so täuscht – dies auch das Leben kann!

Dieses Gedicht eines sehr religiös inspirierten und umtriebigen Autors - der sich vom spanischen Katholiken über den anglikanisch-britischen Bischof von Dublin (!)zu einem radikalen Unitarier und Kritiker christlicher Dogmen und Konfessionsunterschieden gemausert hat - verträgt in der Übersetzung einen starken Schuss "christlicher" Symbolik, wie sie in der englischen Formulierung host of heaven bereits angelegt ist. Die Hosts of Heaven sind ja die Übersetzung des biblischen Bildes von den Himmlischen Heerscharen, wobei in späteren Zeiten darunter die Engel des Herrn verstanden wurden, ursprünglich aber eigentlich die Schar der Sterne am Nachthimmel. Wobei diese Sterne in alten Zeiten natürlich auch göttlich waren: alte babylonische Vorstellungen, die hier noch in unsere Bibel eingeflossen sind und in diesem Ausdruck bewahrt wurden.
Beide Bedeutungen muss White im Sinn gehabt haben, den er lässt ja erst den Abendstern aufgehen und dann die lichtschwächeren übrigen Sterne. Host ist aber auch der englische Begriff für die HOSTIE, das geweihte Brot des Leibs Christi, was dem Priester und Katholiken Blanco White selbstverständlich ebenfalls im Sinn lag, als er den Ausdruck HOST OF HEAVEN benutzte. Meine Vorstellung ist die: die kleinen weißen Lichtpunkte am Nachthimmel sind wie weit entfernte Hostienscheiben, Zeichen des Wunders der Schöpfung und der Gegenwart Gottes im Opfer Christi. Blanco White schlägt damit auch den Bogen von der heidnischen Liebe (Venus) zur Liebe Gottes (Himmels-Hostien), die sich im Geheimnis der Nacht und des Todes zeigt.
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#3
Hallo Josef,

Der Glauben war damals ohnehin tiefer in der Bevölkerung verankert. Auch ohne klerikalen Bezug sollte man das bei Texten aus dieser Zeit immer berücksichtigen. Ich danke dir für deine ergänzenden und vertiefenden Ausführungen. Mit der Venus bin ich allerdings nicht einverstanden, auch wenn es ein schönes Bild ist. Hesperus wird zwar mit dem Planeten Venus gleichgesetzt, genauer mit dem Abendstern. Die Götter sind aber zu unterscheiden. Hesperus wird durchgängig männlich dargestellt und ist hier wohl tatsächlich nur der Anführer der Himmelsscharen.

Diese Scharen als Hostie, als Leib Christi aufzufassen, scheint mir dennoch reizvoll. Es hätte schon pantheistische Anklänge.

Liebe Grüße

ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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