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Max Slevogt: Tiger im Zoo
#1
Max Slevogt
1868 - 1932

Tiger im Zoo


Tiger hinter stählern Gittern,
Kannst du denn noch Beute wittern?
Muss der Mensch noch vor dir zittern?
Überleben nur die Fittern?

Menschen hinter stählern Stangen
Schaut! Die Kraft, die ihr gefangen!
Welch Gefühl wollt ihr erlangen?
Ist es wohl nicht Angst und Bangen...

Tiger wach auf, fauche lauter!
Flätsch die Zähne, reiss die Beute!
Kannst nur siegen, nicht verlieren!

Menschen, lacht nur, ewig kaut er,
wenn er frei ist, so nicht heute.
Käfig! Weich den armen Tieren!


[Bild: 325.jpg]
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#2
Hallo Pumuckel,

Du beschreibst ein impressionistisches Bild eher expressionistisch. War das beabsichtigt?
Bei dem Bild käme mir eher etwas wie Rilkes "Panter im Jardin de Plant, Paris" in den Sinn.

In der ersten Zeile hast du "stählernen" zu "stählern" gekürzt, vermutlich aus metrischen Gründen. Aber wäre da "hinter Eisengittern" nicht die sauberere Lösung?

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
@ZaunköniG
In der Tat. Die explosive Atmosphäre, die gewaltsamen Bilder, die vielen Ausrufezeichen, die hackenden, kurzen Sätze machen das Sonett eher expressionistisch. (Wobei ich keine Ahnung habe, wann denn ein Gedicht expressionistisch oder impressionistisch ist, ich schreib&versteh das einfach mal so.)
Es hat wohl mit meinem Vorgehen zu tun. Ich schaute das Bild einfach an, bis ich eine Spannung zwischen den Zoobesuchern und dem Tiger erfühlte. Aus dieser Emotion schrieb ich dann das Sonett und beachtete das Bild währenddessen gar nicht mehr.
Ein Problem ist auch die Kürze meiner Verse (welche gewissermassen das rasch Ausgedrückte provozieren, will ich die Absatzwahl der Syntax verpflichten). Irgendwie empfinde ich Achtsilbler gerade als sehr natürlich/zu mir passend. Und mir fehlt die Geduld, ich muss gefundenen Reimen möglichst schnell einen Platz im Versfluss verleihen, muss Gedanken und Gefühlen möglichst schnell eine Form geben, muss das Vorhaben, ein Sonett zu schreiben, möglichst schnell zu seinem Abschluss bringen. Es ist ein überstürztes Haschen nach Vollkommenheit.
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#4
Hallo Pumuckel,


Zitat:Ich schaute das Bild einfach an, bis ich eine Spannung zwischen den Zoobesuchern und dem Tiger erfühlte. Aus dieser Emotion schrieb ich dann das Sonett...
Der Ansatz wäre tatsächlich impressionistisch (Impression = Eindruck)

wenn ich dann aber deine Zeilen lese erkenne ich da eher einen Ausdruck (Expression) deiner Gedanken. Du fragst den Tiger, Du forderst die Menschen auf zu schauen. Dazu die Frage ob nur die Fittesten Überleben - Das ist intellektuell reflektiert, kein unmittelbarer Eindruck.

Impressionistisch ist nicht gleich Beschaulich. Da darf durchaus auch Bewegung, Kraft ect. vorkommen, wenn der Eindruck so ist.
Ist er so? Man weiß natürlich wie stark ein Tiger ist, aber diese Kraft ist nicht im Bild dargestellt. Du vergleichst das Bild mit deiner Vorstellung, die du von einem wilden Tiger hast. Einer Vorstellung die der Leser wohl teilen kann, die aber nicht dem Bild entstammt.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#5
(02.02.2010, 20:39)ZaunköniG schrieb: Impressionistisch ist nicht gleich Beschaulich. Da darf durchaus auch Bewegung, Kraft ect. vorkommen, wenn der Eindruck so ist.
Ist er so?
Ja! Es geht mir nicht einfach um die physische Kraft des Tigers. Mit dem Überleben der Fitteren (in Bezugnahme auf Darwin) dachte ich an die zivilisatorische Macht der Menschen, ihr Versuch Natur zu beherrschen, zu bändigen (der Dompteur bändigt den Tiger). Es zeichnet sich hier ein "fit" sein aus, das nichts mit den raubtierischen Kräften eines Tigers zu tun hat.
Aber eben, nicht nur der Tiger ist hinter Gittern, sondern auch die Menschen (so sind denn in Vers 14 mit "armen Tieren" Tiger&Menschen gemeint). Einfach deshalb, weil die Schattenseite des Zivilisatorischen die Bändigung tierischer Triebe sein kann. Jener Triebe, die wir schnell mit dem Beutetier Tiger assoziieren können. Ich habe mich also wiedermal in einer Metapher verfangen: Die Menschen sperren den Tiger für den Zoo ein entspricht Die Menschen sperren Teile ihres eigenen Wesens ein, versuchen es zu kultivieren.
Wenn du von intellektueller Reflexion schreibst, hast du natürlich Recht. Dennoch, sie entspricht dem unmittelbaren Eindruck. Diese Gedankenwelt ergriff mich mit ihrer Spannung, als ich das Bild betrachtete. Es ist ja klar, dass, wenn man Eindrücke in Worte fassen will, den Umweg über Gedanken machen muss.
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