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Kornblume
#1
Bot. Centaurea cyanus, Estn. rukkilill („Roggenblume“)

Zentaurenmedizin für Heldenwunden:
In Chirons Praxis blieb sie unersetzt.
Doch heut’ sind ganze Völker ihr verbunden,
an Wunden denken sie dabei zuletzt.

Es ist die reine Anmut ihrer Blüten,
es ist die Wildheit, die kein Züchter zähmt.
Die Rose konnt’ den Wandel nicht verhüten,
ihr schönes Urbild ward gestylt, verbrämt.

Centaurea, sie darf im Urgewande,
so wie Natur sie meint, sie selber sein.
Sie schmückt als Kranz, als tanzende Girlande,
sie schmückt aufs reizendste für sich allein.

Das tapfre Volk der Esten wählte still
zur Blume der Nation das rukkilill.
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#2
Hallo Francesco,

Ein insgesamt gelungenes Gedicht, nur "Centaurea" wird nicht wie "Zentauren" auf der zweiten Silbe betont.
Alternative:
"Doch Centaurea darf..."

Zitat:Das tapfre Volk der Esten wählte still
zur Blume der Nation das rukkilill.

Kennst du dich mit Estland besonders aus, oder hast du das im Rahmen der Recherche für diesen Text rausgefunden?

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Hallo ZaunköniG,

ich hab mich über deinen Kommentar gefreut – vielen Dank!
Über die Betonung von Centaurea hatte ich länger nachgedacht, wusste auch, dass der botanische Name Centauréa (mit langem e) betont wird. Andererseits gibt es neben dem lateinischen centauréum auch centaúrium, analog zu den griechischen Ursprungsformen kentaúreion und kentaúrion, wobei kentaúreion im Lateinischen laut- und akzentgeschichtlich zu centauré:um wird. Diese Form hat sich schließlich (auch in der Femininform auf -a) durchgesetzt. Ich bin inzwischen ganz deiner Meinung, dass man dabei auch bleiben sollte und übernehme daher gerne deinen Vorschlag "Doch Centaurea darf...".

Zu Estland: Ich habe als Nebenfach Finno-Ugristik studiert und habe seit meiner Jugend eine besondere Affinität zu Finnland (und Estland). Insofern bedurfte es in Sachen rukkilill für mich keiner besonderen Recherche. Das kleine Estland hat, wie die anderen baltischen Länder, im Laufe der Geschichte viel Schlimmes über sich ergehen lassen müssen, daher das Attribut "tapfer". Das Adverbial "still" dürfte sich dann von selbst erklären.

LG Francesco

(Korrigierte Fassung - danke an ZaunköniG)

Zentaurenmedizin für Heldenwunden:
In Chirons Praxis blieb sie unersetzt.
Doch heut’ sind ganze Völker ihr verbunden,
an Wunden denken sie dabei zuletzt.

Es ist die reine Anmut ihrer Blüten,
es ist die Wildheit, die kein Züchter zähmt.
Die Rose konnt’ den Wandel nicht verhüten,
ihr schönes Urbild ward gestylt, verbrämt.

Doch Centaurea darf im Urgewande,
so wie Natur sie meint, sie selber sein.
Sie schmückt als Kranz, als tanzende Girlande,
sie schmückt aufs reizendste für sich allein.

Das tapfre Volk der Esten wählte still
zur Blume der Nation das rukkilill.
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#4
Hallo Francesco,

Zitat:Zu Estland: Ich habe als Nebenfach Finno-Ugristik studiert und habe seit meiner Jugend eine besondere Affinität zu Finnland (und Estland).

Reizt es Dich da nicht deine Fremdsprachenkenntnisse und dichterische Ambition zu verbinden?

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#5
Hallo ZaunköniG,

ein in einer anderen Sprache verfasstes Gedicht in die eigene Sprache adäquat zu übertragen würde meine Möglichkeiten übersteigen. Ich bewundere die Leichtigkeit und Eleganz, mit der es dir in so vielen Fällen zu gelingen scheint. Ich hätte immer das Gefühl, dem dichterischen Text der anderen Sprache etwas schuldig zu bleiben. In dieser Hinsicht sind meine Skrupel so groß, dass ich doch lieber die Finger davon lasse und bei meinen Leisten bleibe.

LG Francesco
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#6
Zitat:Ich bewundere die Leichtigkeit und Eleganz, mit der es dir in so vielen Fällen zu gelingen scheint.

Du sagst es: scheint!
Leicht ist es in den wenigsten Fällen und ob es wirklich gelingt, also nicht nur ein gutes deutsches Gedicht wird, sondern auch nahe am Original bleibt, weiß ich oft erst Monate oder Jahre später, wenn ich ich Resonanz von wirklich Sprachkundigen erhalte.

Da hättest du ein gewichtigen Vorteil! An den formalen Aspekten kann man dann noch gemeinsam feilen.
An einzelnen Finnen und Esten hatte ich mich ja auch schon vergriffen.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#7
Hallo ZaunköniG,

du hast bisher eine Fülle beeindruckender Übertragungen fremdsprachlicher Gedichte vorgelegt. Es sind jedenfalls bemerkenswert gute deutsche Gedichte dabei entstanden, eine Leistung, die für sich genommen schon hoch zu veranschlagen ist. Wie nah die Übertragungen den Originaltexten im einzelnen sind, vermag ich in vielen Fällen nicht zu beurteilen, in einigen aber doch - speziell zu deinen Übertragungen finnischer Texte (Brummer, Wuorinen), könnte ich vielleicht das eine und andere sagen. Wenn es um die eigene Beschäftigung mit fremdsprachlichen dichterischen Texten geht, ist die Nähe zum Text für mich persönlich von zentraler Bedeutung. Wortklang, Wortfügungen, damit verbundene Assoziationen sind für eine Übersetzung, wie ich finde, ein sehr schwieriges Problem, und je weiter Sprachen in ihrem Charakter voneinander entfernt sind (etwa Finnisch und Deutsch), um so schwieriger wird es. Aber das ist mein Problem! Wie gut, dass es begabte Dichter gibt, die solche Skrupel nicht anfechten und uns somit viele wertvolle Dichtungen aus anderen Sprachen ins Deutsche, wenn auch oft (sehr) frei, übertragen und uns auf diese Weise mit ihnen zumindest annäherungsweise bekannt machen. Ich fühle mich dazu durchaus nicht berufen.

LG Francesco
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