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Meister und Jugend
#4
Hallo Domi,

Ich gebe Dir völlig Recht. Dieses Form-und Konventionen zertrümmernde Getue der 60ger und 70ger- Avandgarde ist inzwischen selbst zum leeren Ritual geworden und heute nicht mehr wirklich originell. Wie ein guter Witz funktioniert auch der Tabubruch im Grunde nur einmal.
Klassische Formen und zeitgemäßes Vokabular schließen sich aber nicht aus.
Ich erwarte nicht, daß du dich von irgendwelchen Gangster-Rappern inspirieren läßt. Dass wäre wohl genauso wenig autentisch, wie eine altmeisterliche Sprache des Sturm und Drang oder Biedermeier.
Im Grunde kannst du den gleichen Wortschatz verwenden, den du auch alltags benutzt. Versuche nur, möchlichst präzise zu sein.
Wenn der Inhalt stimmt, kannst du für die "lyrische Qualität" die Form für dich arbeiten lassen. Eine bewußt künstlerischer Ausdruck wirkt dagegen leicht gekünstelt.

Aber das wird schon...
Ich habe selbst mit 17 angefangen zu schreiben und keinen Fehler ausgelassen.
Von Anfang an waren mir Reim und Metrum wichtig, auich wenn ich nicht gleich jede Feinheit erfasste.
Mangels zeitgenössischer Vorbilder habe ich zunächst die Klassiker gelesen, aber es gibt auch gute Songtexte die Form und zeitgemäße Sprache vereinen, auch wenn das in der Regel keine Sonette sind.

Im Übrigen habe ich nichts Grundsätzliches gegen die "freien Formen", aber Lyrik lebt vom Klang der Sprache.
"frei" ist hier eigentlich irreführend und verführt viele Autoren, es sich zu einfach zu machen.
Richtigerweise müßte man von einer "individuellen Form" sprechen.
Eine solche zu entwickeln ist aber wirklich nichts für Anfänger; - dagegen ist das ach so schwierige Sonett noch ein sicheres Gerüst.

LG ZaunköniG
Eine kleine (routinierte) Fingerübung.

insbesondere der Schluß könnte noch etwas spritziger sein,
aber ich bin ja auch nicht mehr wirklich jugendlich...


Meisterschaft und Jugend

Du schaust mit Ehrfurcht auf den Dichterfürst,
denn jeder Vers bei ihm ist wohlgeschliffen.
Doch wenn du ihn zu deinem Vorbild kürst,
hat du das Wesentliche nicht begriffen:

Die Kraft der Jugend, die sich neu gebiert,
bald rasend, bald schon still in sich gekehrt,
die einzig uns zum Fortschritt inspiriert,
ist vor den Meister´stücken ehrenwert.

Wer sich am Ziel glaubt, bleibt schlußendlich stehen,
und hat er auch ein Handwerk gut gelernt.
Routine ist den Zeilen anzusehen,
je mehr er sich der Jugendkraft entfernt.

So hoffe, daß die Kraft sich stets erneut,
die sich auch schon am werdenden erfreut.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Nachrichten in diesem Thema
Meister und Jugend - von Domi - 15.04.2010, 21:21
RE: Meister und Jugend - von ZaunköniG - 16.04.2010, 20:52
RE: Meister und Jugend - von Domi - 16.04.2010, 22:40
RE: Meister und Jugend - von ZaunköniG - 17.04.2010, 00:14

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