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Eduardo Coimbra: Landschaft
#1
Portugal 
Eduardo Coimbra
1864 - 1884

Landschaft

Im Westen ist die Sonne noch ein roter Hall
jenseits der Höhen, die dämmernd stehn und schweigen.
Zum Rascheln aus dem dichtbelaubten Dunkel zweigen
Vögel späte Melodien aus dem grünen Wall.

Im Feld ringsum verstummt der Schall
und kein andres Lied will mehr entsteigen
als das Trotten müder Mädchen und der Kicherreigen
in den Blicken nach den Burschen und ihrm Hosenstall.

Matt ziehn die Stiere kreischende Gespanne.
Im Wirtshaus schwatzen Bauern bei einer roten Kanne
Wein, der Regen fehlt, was ist zu tun?

Laut keift die Nachbarsfrau vom Stall zur Stube
und aus der Türe springt ein kleiner Bube,
barfuß im Hemd, und hascht nach einem Huhn.



Der portugiesische Poet Eduardo Coimbra wurde 1864 in Porto geboren und starb am 9. Oktober 1884 an Tuberkulose. Er galt als Bohemien und Neo-Romantiker, war Wegbegleiter von António Nobre, beeinflußt von João de Deus und Gonçalves Crespo. Im Jahr seines Todes erschien sein Gedichtband "Dispersos", Sonette mit einem Vorwort von Joaquim de Araújo.
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#2
Hallo Frank,

Ein wirklich schönes Stück hast du da ausgegraben.
Zu einer inhaltlichen Kritik fehlen mir sowohl die Sprachkenntnisse, als auch das Original. Aber, wie an anderer Stelle schon angekündigt ein paar Worte zur Form:

Grobe Fehler kann ich so nicht entdecken, aber doch die eine und andere Kleinigkeit, die sich in der Summe auf zwei Dinge zusammenfassen lassen:

Zum einen verwendest du sehr unterschiedliche Zeilenlängen.
Das fällt im Druckbild gar nicht auf, aber während die Zeile 5 nur 4 Hebungen bei 8 Silben hat, hat die Zeile 8 schon 7 Hebungen bei 13 Silben.
Nun ist es immer einfacher noch eine oder zwei Silben aufzufüllen, als etwas herauszustreichen. Mein Vorschlag wäre also ein einheitlich sechshebiges Metrum.

Der zweite Punkt betrifft die Versanfänge. Du beginnst mal mit betonter, mal mit unbetonter Silbe. Üblich und auch leichter wäre Letzteres, aber wichtig finde ich vor allem ein einheitliches Metrum.

In Zeile 8 nehme ich an, daß sie wegen einem offenen Hosenstall kichern.
Da fände ich es plausibler, wenn es nur einen Burschen trifft, denn daß gleich der ganzen Bande die Hosen offenstehen ist doch eher unwahrscheinlich. In so einem Fall würde ich mich sogar über das Original hinwegsetzen, wenn es da so steht.

In Zeile 10 habe ich "einer" aus metrischen Gründen zu "'ner" gekürzt.
Ganz glücklich ist die Lösung nicht, aber ohne ein Original ist auch schwer abzuschätzen welcher Spielraum da ist.

Aber hier erstmal mein Vorschlag:



Landschaft

Im Westen sinkt die Sonne noch als roter Hall
von Höhen abwärts, die verdämmernd stehn und schweigen.
Zum Rascheln aus dem dichtbelaubten Dunkel zweigen
sich Vögel späte Lieder aus dem grünen Wall.

In Feldern ringsherum verstummt der letzte Schall
und keine andre Melodie will mehr entsteigen
als müder Mädchen Trotten und der Kicherreigen
beim Blick nach eines Burschen offnen Hosenstall.

Ermattet ziehn die Stiere kreischende Gespanne.
Im Wirtshaus schwatzen Bauern bei 'ner roten Kanne
von Tafelwein, der Regen fehlt, was ist zu tun?

Laut keift die Nachbarsfrau vom Stall in Richtung Stube
und aus der Eingangstüre springt ein kleiner Bube
im Hemd, mit bloßen Füßen, hascht nach einem Huhn.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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