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Monatsthema 01/10: Heilige und Selige
#1
Bei einigen Mitgliedern ist durchaus eine Affinität zu religiösen oder spirituellen Themen erkennbar, seien es die alten Hochkulturen oder neuere Esotherik. Da verwundert es fast, daß Legenden christlichen Ursprungs so selten thematisiert werden.
Nun habe ich keinen misionarischen Auftrag; natürlich kann man sich mit den Legenden und Heilsversprechen auch kritisch oder satirisch auseinandersetzen.
Ich bin mal gespannt, was da kommt.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#2
Bernadette Soubirous

"Man könnte Bernadette als Verrückte
belächeln, doch es geht mit ihr schon täglich
so viel Volk mit zur Grotte. Ist es möglich,
daß sich Maria vor der Welt versteckte,
die Priester und den ganzen Klerus neckte
und sich dem Hirtenmädchen offenbart?

Das Volk sieht nichts, das sich ums Wunder schart.
Woher hat sie den Namen Unbefleckte
Empfängnis
?
.................Als sie mir den Titel nannte,
den hier im weiten Umkreis niemand kannte,
war ich erschüttert und ich beuge
mich ihrer Reinheit. Ja! Mit einem Mal
war ich bekehrt. Ich, Pater Peyramale,
Ich sah sie nicht und wurde doch ihr Zeuge!
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Beeindruckend sind die Geschichten, gefährlich
mitunter, was andere aus ihnen schließen.
Für etwas sein eigenes Blut zu vergießen,
kann leicht überzeugen: Das Opfer ist ehrlich

und oft wirkt es mächtiger als Argumente.
Gelegentlich kann man's, wie bei Katharina in
verklärten Legenden als einer Dienerin
des Glaubens erkennen: verblendet

das Märtyrerbildnis vom Heiligenscheine.
Am Todesmut kann sich die Masse berauschen;
Beweggründe sind dabei leicht zu vertauschen.

Der Märtyrer, ein echter Archetyp, hat ja
schon universellen Charakter: Hypatia
so untadelig wie Katharina "die Reine".
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#4
Lieber ZaunköniG,
beeindruckend Deine beiden schönen Sonette, wobei das zweite, wunderbar umfassend mit wenigen Worten das Thema so auffrischt, dass man sich in die düsteren Zeiten zurückversetzt fühlen kann.
Gleichzeitig aber auch so aktuell; die Angst vor Märtyrern geht doch heutzutage täglich um.
Herzliche Grüße
Dieter
Bonifatius

Im heutigen Hessen, dem Lande der Chatten,
wo Götter und Wichte das Sagen einst hatten,
da wollte ein Mönch keck den Glauben vergällen,
und ließ unverfroren die Eiche dort fällen,

die Donar geweiht war, dem donnerndern Gott,
das glaubten die Chatten, der Mönch sprach mit Spott:
Ihr werdet es sehen, der Gott, der bleibt stumm,
wir hauen den Baum mit zwei Äxten jetzt um!

Ganz ängstlich erwartet war Donner und Blitz,
ganz ruhig der Himmel, und das war der Witz,
der Götterglaube der Chatten doch schlecht,
die Heiden bald Christen, der Mönch hatte recht.

Der Mönch, Bonifatius, stolz wie ein Ritter,
wurd´später erstochen, die Rache war bitter.
© Dieter Lunow
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#5
Der geringe Bruder Franz von Assisi

So wie ein stolzer Ritter zum Turnier
zog er als junger Mann ins Feld hinaus.
Da bat ihn Gott: "Franz, baue unser Haus,
denn es verfällt sonst auf der Erde hier."

Tat wie geheißen ohne viel Gebraus,
trug keine Schuh und nur sein Kreuz als Zier.
Doch liebte auf der Welt ihn jedes Tier,
der Wolf, das Lamm, die Katz und auch die Maus.

Wärn alle Christen Imitatio
von Christus, wie der fromme Bruder Franz
am Fuße des Monte Subasio,

sie tanzten miteinander ihren Tanz,
ach, die Geschöpfe wären alle froh,
und unser Haus, das würde wieder ganz.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.
(Matthias Claudius)
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#6
Juan Diego und unsere Liebe Frau von Guadalupe

Juan Diego war ein armer, kleiner Indio,
den keiner Lesen oder Schreiben je gelehrt,
doch hat man zeitig ihn zum Christentum bekehrt
in Cuantitla, einem kleinen Dorf in Mexiko.

Da hat Maria weiße Rosen ihm beschert
an einem Wintermorgen bei Tlaltecolco.
Der Bischof sah ihr Bild auf Diegos Umhang, so
hat er der Jungfrau ne Kapelle gleich verehrt.

San Diego wird bestimmt im Himmel thronen,
er schenkte Christi Herde viele Schafe,
Aztekenbrüder, runde acht Millionen.

Die singen unsrer Lieben Frau ihr Ave,
die Wallfahrt zur Kapelle soll sich lohnen.
Den Seinen gibt’s der Herr nun mal im Schlafe.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.
(Matthias Claudius)
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#7
Hallo Halbe Frau,

schön, daß du dich hier auch einem unbekannteren Heiligen zuwendest.
Eine Kleinigkeit ist mir aufgefallen: In deinem Sonett klingt es so als ob der Bischof die Kapelle gebaut hätte. Laut Wikipedia war es aber San Diego selbst und der Bischof gab auf grund der Erscheinung im Umhang nur die Erlaubnis.
Ich denke, so hattest du es auch gemeint, aber kannst du die Stelle noch etwas unmissverständlicher ausdrücken?

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#8
Hallo ZaunköniG,

nach dem "Heiligenlexikon" war es der Bischof, der die Kapelle bauen ließ:

"Einer Legende nach erschien am 9. Dezember 1531 am Stadtrand von Mexiko-Stadt die Gottesmutter Maria erstmals dem 57 Jahre alten Indio Juan Diego und beauftragte ihn, vom Bischof in Mexiko-Stadt die Errichtung einer Kirche auf einem Hügel nahe der Stadt, auf dem zuvor ein Heiligtum der Azteken-Göttin Tonantzin stand, zu erbitten.

Drei Tage später erschien Maria dem Indianerjungen Juan ein zweites Mal, auf dem schneebedeckten Hügel wuchsen Rosen, Juan Diego sammelte sie und brachte sie in seinem Mantel zum Bischof; als er den Mantel öffnete, um dem Bischof die Rosen zu geben, war auf dem Mantelfutter das Gesicht von Maria zu sehen. Der Bischof erkannte darin das Bild der Jungfrau von Guadalupe, die in Spanien verehrt wird; nun überzeugt, ließ er die Kirche bauen."


So wurde es uns auch auf einer Führung erzählt.

Die Kapelle steht nicht mehr. Sie musste abgerissen werden, weil der Untergrund absank. An ihrer Stelle wurde eine Basilika errichtet, umgeben von vier weiteren großen Kirchen. Denn der kleine Vorort von Mexiko City ist heute einer der größten Wallfahrtsorte der Welt. Am 9. Dezember strömen jedes Jahr 20 Millionen Pilger herbei. Das Gnadenbild gilt als Nationalheiligtum Mexikos und ist in einer der Kirchen hinter Glas ausgestellt. Die Gläubigen können auf einem Förderband drum herum fahren.

Lieben Gruß
Halbe Frau
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.
(Matthias Claudius)
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#9
Hallo Halbe Frau,

Na gut, wenn Du vor Ort warst ist das wohl die bessere Quelle und die Frage wer Bauherr der Kapelle war ist ja auch nicht der Kern der Legende.
Insgesammt erinnert sie mich an die Geschichte vom Hildesheimer Rosenstock, auch wenn dort, soweit ich weiß, niemand heilig gesprochen wurde.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#10
Joseph

Er wurde nie von seinem Herrn gefragt,
ob er den sonderbaren Ziehsohn wollte.
Er lernte träumend, wie er handeln sollte -
und blieb bei ihr und hat sich nicht beklagt.

Schon möglich, daß er trauerte und schmollte,
vielleicht von Zorn und Zweifel angenagt.
Doch hat das Ungewohnte er gewagt,
als das verheißne Wort ihn überrollte.

Er richtete, so gut es ging, die Hütte
und legte seinen Mantel auf die Schütte,
damit Maria weich lag und der Knabe.

Er brachte beide durch als Gastarbeiter.
Die Träume blieben seine Wegbereiter.
Vielleicht sah er den Sohn als Gottesgabe.
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#11
Hallo Sonettista,

Das ist doch mal erin gelungener Einstand.
Gefällt mir gut wie du Joseph als Menschen ohne jede heilige Überhöhung darstellst.
Formal ist es ohnehin sauber gelöst.

das macht neugierig auf mehr!

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#12
Na dann - leg ich noch was nach, zwar etwas früh im Jahr:

Nikolaos von Myra

Kein lieber Alter wars mit Zuckerkram
die Haut war nicht schneeweiß und rosenrot
und Kugeln Goldes wendeten nicht Not
als Nikolaos Ring und Mitra nahm.

Die Sonne gerbte dieses Bischofs Haut
und als der Hunger kam zu ihm ins Land,
da hat er ihn wohl selber auch gekannt.
Doch gab er gern - gab Geld und gab auch Laut.

Er kauft Gefangene und Huren frei
und war voll Güte und Bescheidenheit,
doch nicht vor Fürsten und vor Gaunern nicht.

Wo er ein Unrecht sah, da fiel ihm bei
zur schnellen Hilfe seltne Möglichkeit -
und er vertraute immer auf das Licht.
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