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Der wahre Klang und Sang
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1.
Die Welt, sie ist nun einmal so und spricht
Von Opern nur, von Sängern, Harmonien,
Konzerten und dergleichen Phantasien,
Und führt darüber gar ein scharf Gericht.
Kräht irgendwo ein armer Notenwicht;
Da klingen wunderschön die Melodien,
Da darf es ihm den Mund ganz krum verzieh’n,
Da ist die Welt ganz Ohr und ganz Gesicht.
Der singt ihr „göttlich“, will sie vornehm wissen.
Doch Gottes wahre Stimme, ganz gerecht,
Nur die klingt ihr im eignen Busen schlecht.
Ist auch des Herzens Harmonie zerrissen;
Da spricht die Welt, da sieht, da hört sie nicht
Und führt darüber gar kein scharf Gericht.
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2.
Die Welt, sie ist nun einmal so verkehrt,
Weil sie der Klangkunst heil’ge Geisterschwingen,
Die laut der Sphären höh’re Ahnung klingen,
So taub im vielbesaiteten Konzert
Auf ernster Lebensbühne nicht bewährt
Und, statt des Schalles Schale zu durchdringen
Und innern Lebenskern ihm abzuringen,
Der tauben Hülfe todten Kitzel ehrt.
So läßt die edle Frucht man lieber liegen
Und leere Spreu muß uns dafür vergnügen,
Und ist die Welt jetzt doch so aufgeklärt!
Wie, aufgeklärt wohl gar für Himmelsweihen?
Schal sammt dem Schwall von Schallereien:
Die Welt, sie ist nun einmal so verkehrt!
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3.
(Das Herz, ein ganzes Orchester)
Der Mensch mit sich ein ganz Orchester trägt.
Spielt denn das Herz nicht jedes Instrument
Der Trauer wie der Lust ganz excellent,
Von jedes Lüftchens Hauche leicht geregt?
Es flötet Hoffnungsklänge sanftbewegt.
Verzweiflung brüllt den Kontrabaß und stöhnt.
Der Wünsche Lusttrompete nimmt kein End’.
Der Pauker Zorn rast, lärmt, schwärmt, stampft und schlägt.
Dort hört die Liebe man in Tönen girren,
Die nachtgespensterisch das Blut durchschwirren.
Furcht spielt die Cither pianissimo.
Dort brummt die dumpfe Schwermuth im Fagotte,
Dort all der Narrheit mißgestimmte Rotte,
Dagegen jauchzt der Freude Piccolo!
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4.
(Tugend, der beste Kapellmeister.)
Wenn in die Luft den Traum von Seligkeiten
Der Wünsche Heer trompetet unerreicht,
Den Busen uns mit blinder Wuth beschleicht
Der Leidenschaften unharmonisch Streiten:
Solch ernstes Spiel auf schwachen Herzenssaiten,
Wo jeder Mißgriff der Natur so leicht
Des Lebens Takt und beßte Noten streicht,
Nur weiße Tugend kann es glücklich leiten.
Hier zeige dich als Virtuosen mir,
Und nicht auf todtem Modeinstrument!
Der wahre Klang lebt nur im Herzen dir.
Du singst, daß man dir Lorberkränze flicht?
Du spielst, daß dich ein lauter Beifall krönt?
Versing’, verspiele nur dich selber nicht!
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5.
(Musikalische Gewissenserforschung.)
Der schönste Klang, der ist ein frohes Blut,
Das schuldlos in der Tugend Adern springt.
Der weise Frohsinn hell wie Silber klingt,
Wie Blei der Rohsinn und der Tollsucht Brut.
Der höchste Klang, ist’s nicht ein hoher Muth,
Den edler Ruhm und Thatenklang beschwingt
Und keine schnöde Weltlust niederringt?
Nur über Sternen thront das höchste Gut.
Der reinste Klang? O juble, rein Gewissen!
Denn nur die schwarze Herzpest knirrt und knarrt,
In rohem Lust- und Lasterrost erstarrt.
Der beste Klang auf ernstem Sterbekissen?
Ein fromm Gemüth, vor keinem Tode bang,
Das klingt so himmlischsanften Uebergang.
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6.
O selig stirbt und singt, sein eigner Schwan,
Wer Gott, den Herrn, in jedem Thatenstreben
Als Echo wiederhallt und treuergeben
Nur Seiner Stimme folgt auf beßrer Bahn.
Nur kurzer Klang ist hier des Daseyns Wahn.
Sanft wird auf Himmelsharmonien entschweben
Der reine Geist zu ew’gem Klang und Leben.
Ihn tragen Seraphstimmen himmelan.
Dort schwelgt er goldnen Sternensaal entlang
Entzückt in süßer Töne vollem Meer.
Der ganze Himmel ist Ein Freudenklang.
In Kreistanz hin mit rascher Schwingenmacht
Rauscht rings ein tausendfaches Jubelheer,
Und schöner wechselt stets der Scenen Pracht!
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7.
Ja, Herz- und Lebensklang, stets lasterrein,
Der rings die Schöpfung und selbst Gott erfreut,
Du bist mir einst das schönste Sterbgeläut,
Mir Wonne schallend in das Grab hinein!
Zu spät und schwerer als der Leichenstein
Drückt jede schnöde Lust voll Schmerz bereut,
Die schmeichelnd nur Sirenenarme beut
Zu sich’rem Sturz in ew’ge Schlangenpein.
Ist Gottes Stimme nicht in aller Welt
Die schönste nun? O ganz gewiß gefällt
Sie jetzt! Gott ist wohl auch kein Ohrenhänger!
Die Welt, sie ist nun einmal so und spricht:
„Je nun, die Stimm’ gefällt nun einmal nicht!“
Ah so! Gott ist gewiß kein Opernsänger!
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