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Sonettenkranz auf das Grab meiner theuren, mütterlichen Freundin Louise von Schmauß
#1
Sonettenkranz auf das Grab meiner theuren, mütterlichen Freundin Louise von Schmauß, Oberstens-Wittwe, gestorben zu Germersheim am 11. September 1864


1

Es glänzt Dein Bild in meiner Liebe Thränen,
Im herben Trennungsschmerz die Lippen beben;
Nach Dir, Geliebte, fern dem ird'schen Leben
Erfaßt das Herz ein unnennbares Sehnen.

Ich muß, ich muß Dich noch hienieden wähnen,
Erinn'rungsbilder in einander weben,
Den Schleier von vergangnen Tagen heben
Und aus der alten Zeit mir Trost entlehnen.

So ganz in Dich versenkt, umschwebt mich wieder
Dein theures Bild, ich flüstre Deinen Namen,
Die Lippen öffnen sich zu Deinem Preise.

Und einen Kranz leg huldigend ich nieder,
In treuer Wahrheit blickt aus diesem Rahmen
Ein edles Herz in echter Frauenweise.
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#2
2

Ein edles Herz in echter Frauenweise
Von Jugend bis zum Alter war das Deine,
Dem zarten Blümchen gleich im Frühlingsscheine,
Der Lilie gleich auf später Lebensreise.

Noch warm verblieb es unter Schnee und Eise;
Gewaltig wagte mancher Sturm das Seine,
Doch es gelang ihm Außen nur alleine.
Und Innen zitterten die Blümchen leise.

Ihr Leidbedrückten, Armen und ihr Kranken,
Ihr möget zeugen von dem edlen Herzen!
Ja, Zeugen treten auf an jedem Tage;

Und trotz des Undanks wuchervollen Ranken,
Verblieb es selber unter bittern Schmerzen
Erbarmungsvoll bei jeder bangen Klage.
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#3
3

Erbarmungsvoll bei jeder bangen Klage
Ist nur ein tiefes, liebendes Gemüthe.
Das Deine glich fürwahr der offnen Blüthe
Voll süßen Dufts im engen Lebenshaage.

O, stellt an ihre Kinder nur die Frage!
Sie preisen ihre Sorge, Lieb und Güte;
Auf daß ein Engel schirmend sie behüte,
Ist sie vor Gott gekniet an jedem Tage.

Und welche Liebesfülle, welche Treue
Umfieng den Gatten, ohne je zu wanken.
Ob auch das Kreuz auf seinem Hügel rage.

Die Liebe wuchs von jedem Tag auf's Neue,
Nach ihm nur strebten Sehnsucht und Gedanken
Mit einem zärtlich regen Herzensschlage.
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#4
4

Mit einem zärtlich regen Herzensschlage
Beschenkte Dich der Vorsicht gnädig Walten;
Ich aber muß zum Dank die Hände falten.
Gedenk ich meiner armen Jugendtage.

Ich stand im dichtverzweigten Dornenhaage,
Du nähmest mich in Deines Mantels Falten,
Entrissest mich den drohenden Gewalten
Und wärmtest mich am warmen Herzensschlage.

Der Mutterliebe gleich war auch die Deine,
Bereit, zu jeder schweren Opferspende,
Bis ich gelangt in sicheres Geleise.

Und immer, Louise, bliebest Du die Meine,
Und eng verschlungen blieben unsre Hände
Voll Freundestreue auf der Lebensreise.
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#5
5

„Voll Freundestreue auf der Lebensreise" —
Ein Tropfen ist's, aus jener heil'gen Quelle
Der Gotteslieb und Treue, tief und helle
In Deiner Brust, umhegt mit allem Fleiße.

Begeist'rungsvoll in Deines Hauses Kreise,
Inbrünstig betend an geweihter Stelle,
Voll Muth bekämpfend jedes Zweifels Welle —
Dies war, Geliebte! Deine fromme Weise.

Dein Glauben, Hoffen und Dein innig Lieben,
Verwebten sich in Deines Schicksals Loose
Und hielten Dich in edlem Lebensgleise.

Der Kirche treu'stes Kind bist Du verblieben
Und hast bewahrt in ihrem Mutterschoose
Ein fromm erglühend Herz zu Gottes Preise.
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#6
6

Ein fromm erglühend Herz zu Gottes Preise
Vereinte mit der Schwester Dich, der Guten;
Es floßen Eurer Seele heil'ge Gluten
In Eine Flamme in der gleichen Weise.

Zusammen floßen auch, ergeben, leise,
Am Sarg des Vaters Eurer Thranen Fluthen,
Die Herzen pochend an einander ruhten
Und dankten ihm, dem frommen, edlen Greise.

Noch manches bittre Leid und manche Sorgen,
Die heimlich an dem weichen Herzen zehren
Ertrüget Ihr gemeinsam, sonder Klage.

Du bist an Gottes Vaterherz geborgen,
Die Schwester aber denket Deiner Lehren
Voll Starkmuth an dem schweren Leidenstage.
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#7
7

Voll Starkmuth an dem schweren Leibenstage
Haft Du fürwahr, ein Vorbild uns gegeben,
Als Deines Gatten heißgeliebtes Leben
Getroffen ward vom jähen Schicksalsschlage.

Kaum war Dein „Ja" verhaucht auf jene Frage
Im Tempel Gottes unter süßem Beben,
Da legte Gott das angelobte Streben,
Den heil'gen Schwur, auf seine Leidenswage.

Und vollgewichtig ward er auch erfunden,
Die Liebe wuchs im heißen Thränenschauer,
Die Treu erstarkte unter Sorg und Plage;

Und als der Tod Dir schlug die blut'gen Wunden,
Da gingst Du Deinen dunklen Pfad der Trauer
Ergeben, ohne jede Schicksalsfrage.
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#8
8

Ergeben, ohne jede Schicksalsfrage
Hast Du Dein süßes Hoffen und Entzücken
Ein eignes Kindlein an das Herz zu drücken
Geopfert auch an seinem ersten Tage.

Mit welchem zärtlich frommen Herzensschlage
Warst Du bestrebt, das Wieglein auszuschmücken;
Das Auge folgte all den kleinen Stücken
Daß man Dein Kind im Schmuck zur Kirche trage.

Zum Friedhof aber trug man all Dein Hoffen,
Die süßen Pläne eines Mutterherzens,
Die Wiegenlieder, voll von Gottes Preise.

Doch Deiner Seele blieb der Himmel offen.
Dort suchtest Du das Kindlein Deines Schmerzens
Ob auch vom Auge rinnt die Thräne leise.
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#9
9

Ob auch vom Auge rinnt die Thräne leise
Und oftmals Du am kleinen Grab gestanden,
Umschlangst Du fester nur mit Liebesbanden
Dein Knabenpaar in echter Mutterweise.

Daß nicht die Lippe nur Dich Mutter heiße,
Die Herzen auch Vertrauen zu Dir fanden
Und Dich mit echter Kindeslieb umwanden —
Dies war Dein Streben unter bangem Schweiße.

Ein liebend Herz ist immer voller Sorgen,
Ob auch kein Wölkchen graut am Himmelsbogen,
Gleich wie der Schatten folgt dem Sonnenscheine;

Es fürchtet sich das Heute vor dem Morgen
Und drohend dünken ihm des Lebens Wogen:
Ein solches Herz, Geliebte, war das Deine.
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#10
10

Ein solches Herz, Geliebte, war das Deine,
Daß nie Dein Liebessehnen kam zum Schweigen,
Den Blumen gleich, die stets Verlangen zeigen,
Nach süßem Thau beim Früh- und Abendscheine.

Da gab Dir Gott das Enkelkind, die Kleine,
Dein Louischen, Dir als Herzensliebling eigen.
Und mar Dir theuer auch der Enkel Reigen,
Sie blieb von Allen doch die Einzig-Eine

Die Aermchen sich um Deinen Nacken schlangen
Es floß der Liebe Wort vom ros'gen Munde,
Das Aeuglein quoll, wenn sich die Pfade schieden.

O, wie so traulich in einander klangen
Der Scherz und Ernst in Eurem lieben Bunde
Voll schöner Harmonie und heil'gem Frieden.
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#11
11

Voll schöner Harmonie und heil'gem Frieden,
Dem Firmament« gleich mit Mond und Sternen,
Verklärt bis in die weiten, weiten Fernen
War auch Dein Lebensabend nun hienieden.

Den Söhnen ward der eigne Herd beschieden,
Die Töchter konnten von der Mutter lernen
Dem Gatten jede Sorge zu entfernen,
Gleich Dir zu meiden, was Du hast gemieden.

Der Liebe großes Werk ist nun vollendet,
Das Maaß gehäuft, das reiche, übervolle
Und suße Hoffnung glänzt in Deinen Thränen.

Zum Himmel ist Dein frommes Herz gewendet
Und schwebt in Andacht über dieser Scholle
Empor getragen von der Liebe Sehnen.
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#12
12

Empor getragen von der Liebe Sehnen
War längst Dein Herz seit jenem Augenblicke
Als einsam Du im traurigen Geschicke –
An's Friedhofskreuz das Haupt nur konntest lehnen.

Vereint Dich noch mit ihm hienieden mahnen
Zu denken, daß er seine Grüße schicke
Und aus des Hügels Blumen freundlich nicke:
Dies war ein ird'scher Glanz in Deinen Thränen.

Drum zog's Dich hin zu jenem theuren Orte,
Von Sohnes Hand mit Kränzen stets umschlungen.
Zu beten dort im liebenden Vereine.

Und Gottes Huld eröffnete die Pforte,
Des Wiedersehens Stunde ist erklungen,
Nun ist Dein Haupt umstrahlt von sel'gem Scheine
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#13
13

Nun ist Dein Haupt umstrahlt von sel'gem Scheine,
Vorüber all Dein Sorgen und Dein Bangen,
Gestillet all Dein Sehnen und Verlangen,
Du lebst mit Gott im ewigen Vereine,

Auf Erden aber ruhet nicht alleine
Dein ird'scher Staub vom stillen Grab umfangen.
Vereint auf's Neue mit dem Gatten, klangen
Die Glocken über Eurem Leichensteine.

Wir gönnen Dir Dein schönes Ziel und Ende,
Nach langer Trennung dieses Wiedersehen,
Nach Erdenkampf den ew'gen Himmelsfrieden.

Empfohlen sei Dein Geist in Gottes Hände,
Dort Oben mög Dein Siegesbanner wehen.
Vergessen aber bist Du nicht hienieden.
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#14
14

Vergessen aber bist Du nicht hienieden,
Bald leise und bald laut ertönt Dein Namen,
Zum Dankgebete füget sich das „Amen"
Es sei Vergeltung Dir von Gott beschieden.

Und gleich der Saat im Erdenschooses Frieden,
Aus welcher endlich Segenshalme kamen,
Entkeimt aus Deiner Worte edlem Saamen
Jetzt mancher Halm, der lang das Licht gemieden.

Vergessen bist Du, Theure, nie und nimmer!
Es pocht der Dank in meines Herzens Schlägen,
Und nähret mein Verlangen und niein Sehnen,

Ob auch verbleicht des Malers Farbenschimmer
Und zarte Schleier sich darüber legen —
Es glänzt Dein Bild in meiner Liebe Thränen!
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#15
15

Ein edles Herz in echter Frauenweise,
Erbarmungsvoll bei jeder bangen Klage,
Mit einem zärtlich regen Herzensschlage,
Voll Freundestreue auf der Lebensreise;

Ein fromm erglühend Herz zu Gottes Preise,
Voll Starkmuth an dem schweren Leidenstage,
Ergeben, ohne jede Schicksalsfrage
Ob auch die Thriine rinnt vom Auge leise:

Ein solches Herz, Geliebte, war das Deine,
Voll schöner Harmonie und heil'gem Frieden,
Empor getragen von der Liebe Sehnen.

Nun ist Dein Haupt umstrahlt von sel'gem Scheine,
Vergessen aber bist Du nicht hienieden.
Es glänzt Dein Bild in meiner Liebe Thränen. —
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