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Preis Jesu
#1
1. Zugehörigkeit


Mir auf das Haupt war die Tonsur geschoren.
Als ich es predigte, Heil war mir Ware.
Mir sinkt ins Diesseits alles Wunderbare.
Der Kirchen-Christus ist mir aufgefroren.

Ihr werft mir vor, ich hätte abgeschworen,
Weil ich den Rücken wende dem Altare.
Was hüllt ihr euch in wallende Talare?
Aus Tausch und Gold, hochwürdige Doktoren!

Hört, was uns eint! Auch ich versteh zu lieben
Den Heiland, dem ihr dient. Erstanden schwebt er
Mir vor! Nur trag ich nicht das Silberszepter
Ihm nach, das eure alte Zunft getrieben.

In Fleisch fuhr Geist. Ein Mensch - ein einst gelebter:
Ihm bin ich fromm. Ihm hab ich mich verschrieben.
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#2
2. Prophet

Judäa schrak am Ruf des Gottesmannes.
Er wandelte längs Jordans Uferschwelle.
Falb abgemagert, im vergilbten Felle,
Abtrünniger Priestersohn: Prophet Johannes.

Gespenstische Hand! Durch dünne Finger rann es:
Der Faserstrang blau aufgegriffner Welle.
Auf fahle Haut sprang frische, flüssige Helle
Und wusch sie sauber von der Qual des Bannes.

Dazu das schrille Wort vom Drusch der Tenne!
Vom Endgericht die jähe Voransage!
Sei leicht! Wirf weg! Am Ziel sei zeitig! Renne!
Der ewige Richter wartet mit der Wage!

Was weckt und schreckt wie: daß er jeden kenne -
Daß alles ausgebreitet liegt - am TAGE!
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#3
3. Jüngstes Gericht


O Aufruhr, auf den jüngsten Tag zu bieten!
Wie Schall im Berg von Fels zu Felsen, eilen
Die Furcht und Angst der Menschen hundert Meilen
Im Aufgebot der Litaneien und Riten.

-"Der Kultus und sein Kram sind lauter Nieten.
Kein Wortschwall, kein Verstecken kann euch heilen."-
Es spulen sich, es sputen sich die Zeilen,
Das Echo auf den Ruf des Eremiten.

"Die Habe nur hält Stand. Verpönt das Borgen!"
Wie sich die flache Niederung bewaldet!
-"Beschwöre die Gewissheit unsrer Sorgen!"

Dort wo die Wüste nach dem Flusse haldet,
Gewimmel und Gemurmel: "Gar schon morgen?
Noch nie galt es so ernst wie heut. Es 'baldet'!"
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#4
4. "Sie gingen hinaus in die Wüste"


Einöde wurde um dich selbst betrogen: -
Sie häutet schwärzlich sich mit Scharenschuppen.
Die Wüste will sich in ein Volk verpuppen -
Die leere Ebene ist überzogen.

Den breiten Jordan wölbt ein flacher Bogen,
Verdichtet häufen sich im Bug die Gruppen:
"Nun wagt ihr Wurzeln, die ihr schlürfet Suppen!
Um weiche Betten tauscht nun nasse Wogen!"

Vereinzelt steigen auf verscheuchte Dommeln.
Die Aue duckt sich vor der Menschenkruste.
Auf müder Haide sträußt sich karger Röhricht.

Auf dem Geröll die nackten Füße trommeln.
Sonst Buddhas Mönch nur um die Wüste wuste!
Nun ist die weite Menschheit worden töricht.
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#5
5. Der Büßer


Es war ein dicker Mann, mit einem Bauche -
Der steuerte zur Taufe wie zur Schwemme.
Er stöhnte schnaubend: "Platz für mich! Ich stemme,
Daß ich als Vorderster mich untertauche."

Der Täufer maß den Eifrigen: "Verstauche
Dir nur den Fuß nicht an den Kieseln! Hemme
Den Sturm, daß dich dein Ungestüm nicht klemme!
In Ruh und Demut füge dich dem Brauche!"

Aus goß die hohle Hand sich auf das träge
Und feiste Fleisch. Erschaudernd im Gespüle
Der sanften Flut verstummt die Atemsäge
Des Keuchenden.
---------------- Das strömende und kühle
Gewässer, in die Bucht einplätschernd schräge,
Treibt ihm den Herzschlag, - diese Menschenmühle.
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#6
6. Die Allzuvielen


Der Täufers Augen wanderten und irrten:
"Wär mirs um irdische Macht, ich hätte Heere!"
Die tiefen Augen starrten in die Leere:
"Irr-Schafe sinds, geschart um mich, den Hirten."

Die Jordanswellen plätscherten und flirrten:
"Uralter Glauben ists, von dem ich zehre.
Wie Wüste uferlos ist Gottes Ehre.
ich Dürftiger soll Darbende bewirten!"

Und Zahl um Zahl verschlingt die tote Fläche,
Von Menschen nur gepünktelt und gestreifelt.
Die murmeln, und der Wind erstirbt im Schilfe -

- "Von meinen Fingern tröpfelten schon Bäche!
Wozu? Wie lange? Naht er jetzt?" Verzweifelt
Entschlüpft unhörbar seinem Munde: "Hilfe!"
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#7
7. Die paar Wenigen


Johannes sprach das ewige Wort vom Reiche.
und ein paar waren, die ihn wohl verstanden.
Ein schwaches Dutzend, die gleich ihm empfanden -
Empört Ergriffene, Erwartungsbleiche -

Fest überzeugt, daß Zorn und Tag nicht schleiche.
Dem Unerbittlichen kommt Scheu abhanden.
Die Güte siegt. Das Unrecht wird zu Schanden.
Die Wurzelart vollführet Fällerstreiche.

Noch ist das Lamm nicht Herr im Rudel Wölfe.
Und was sind tausend Büßer? Wüstendünger!
Erwecke, herber Geist, leblose Steine!

-"Verstanden haben mich zehn oder zwölfe.
In Tausenden von Schwärmern weniger Jünger!
Was nützen mich die Paar? Wo bleibt der Eine!"
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#8
8. Wider die Pfaffen

Gewaltig hämmerte die Umkehrtaufe
Gelobtes Land schreckt auf Gebrüll des Leuen.
Starrnackigem Haupt die graue Asche streuen?
Spürt ihr den Regen nicht - spürt nun die Traufe!

-"Strömt nur vors Tor hinaus - und jeder laufe!"
-"Was will er, daß wir tun?" - "Bereuen!"
Nicht vor dem Härtesten zurückzuscheuen!
Kein Ausweg mehr, da schon der Drache schnaufe!

Entsetzen, Neugier, züngelnde Gerüchte
Lockt selbst die zähneklappernden Gevattern:
-"Ihr seid gemeint. Euch die Leviten liest er."

-"Er ist ja unsereiner!" - "O Gezüchte!"
-"Das wagt er uns zu bieten?" - "Ottern! Nattern!"
-"Ja - ihr, die Pharisäer! Ihr, die Priester!"
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#9
9. Sanfter Fremder


Der harte Mann erschrickt: "Wer ist der Frager?"
Hin vor ihn tritt ein Fremder. "Kein Judäer?"
Wie loher Blitz: "Wr ist der Galiläer?"
Durchfährt es ihn. Ihm wird auf einmal zager.

Dem leuchtet seine Stirn! Ein Himmelswager!
Dem leuchten seine Augen! Der ist Späher!
Die Hände streuen aus - das ist ein Säer!
Ist es der Kommende - der Jüngste-Tager?

Geschnitzt aus solchem Gut-Stolz ist kein Büßer.
Der Täufer zittert im beglückten Fieber.
Einöde wird ihm handkehrum zum Garten.

-"So also sieht die Größe aus, Du Süßer?
Das Ungeheure naht so sanft, Du Lieber?
Sieh uns bereit! Du bist es, Deß wir warten."
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#10
10. Taufe und Taube


Seht, eine weiße Wolke steht im Feuer,
Rings voller Glanz von allen goldnen Sonnen.
Der Himmel ist mit Strahlen zugesponnen -
Was für ein selig frohes Abenteuer!

Er gibt dem Täufer einen Blick: "Du Treuer!
Naht sich dem Strand mit seinen Felsentonnen,
Betritt den Rand, steigt nieder in den Bronnen,
Daraus emporzutauchen als ein Neuer.

Auf glänzt die Haut am Leibe rein vom Staube.
Im Dankgebet erbeben schmale Lippen -
Ihm im Gesicht vom Licht liegt nun das Meiste.

Zu Seinen Häupten schwebt die weiße Taube - -
Erbleichend dämmern zu die hellen Klippen
Am Lichterguß aus Ihm, dem REINEN GEISTE.
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#11
11. Die Abwendung


Das war die Stunde mit dem schweren Segen,
Der heiße Eifer drängte, sich zu sputen.
Die Luft troff über von den heiligen Gluten.
Sie waren eins und wußten wohl, weswegen.

Jedoch sie wurden insgeheim verlegen:
Der Täufer war ein Bringer von Statuten,
Er wies zurecht und züchtigte mit Ruten -
Der Freiheit stand ein bittrer Zwang entgegen.

Der edle Täufling maß den Meister kühler:
Im eignen Wesen war Er ein Sich-Sehner -
Der Zorn-Mann dünkt ihn Dränger mehr und Wühler.

War das nicht undankbar vom Nazarener?
Von dannen sich zu stehlen, Er der Schüler?
Doch nicht! Johannes hob den Finger: "Jener!"
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#12
12. Versuchung und Heimhehr


Jesus verschwand - verschwieg, wohin Er fuhr -
Kam in die Oede mit dem Teufelsschacht -
Sah den Versucher in Verführungstracht - -
Der Böse nahm Ihn tüchtig in die Kur.

Die Anfechtung trug das Ergebnis nur:
Geprellt war Satans rote Höllenpracht
In Purpurglast und Goldschaum. Fortan lacht
Nur Himmel und die göttliche Natur.

Ins Grüne zog der stille Liebesheld.
Ihn streuten schöne Bäume und ihr Wuchs -
Die Vögel - ihr Gesang, ihr Flug, ihr Nest.

Der Flaum der Wiesen - Lilien im Feld -
Das wollne Schaf - der listig schnauzige Fuchs.
Was kreucht und fleucht, war Ihm ein Glück und Fest.
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#13
13

Hölle 1

Und einer sah ihm nach mit grüner Lippe
Und Schwefelblick. Die unbehaarte Schale
Des Schädels wetterleuchtete zu Tale -
Den Mergelleib liniert die schräge Rippe.

Die Flachhand vor der Stirn, zum Stand die Klippe,
Erwog er zähnefletschend das Fatale,
Daß Jesus nachhing einem Ideale,
Der Welt entlaufend und der Fastensippe.

-"Verdammt! Verflucht! Der ging mir durch die Lappen,
Wie ungeschicktem Treibe flink der Hase -"
Sein Atem schnob - die Augen sprühten gelber.

-"Zum zweiten Mal laß ich mich nicht ertappen!"
Der wüste Schwaden blähte ihm die Nase - -
Und dieser Eine war der Teufel selber.
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#14
14.

Hölle II.


Er stieß die Luft aus durch die lecken Zähne.
Dolch durch die Stille, pfiff er den Dämonen,
Den bösen Geistern, die im Aether wohnen,
Vom Biß des Wolfs, vom Hunger der Hyäne - -

Und wie beim Hobelschube Span um Späne
Fuhr dieser Pfiff in alle Wetterzonen.
Ein Summen füllt den Kreis wie Schwarm der Drohnen,
Gehorsam leistend für die schwarzen Pläne.

Befriedigt sann er über dem Befehle,
Der machtgeschwollen seinem Hals entquölle -
Und alsbald gurgelte durch seine Kehle:

- "Es gibt ja Gold, Paläste, Weihrauch, Zölle -
Unsinnige Frage: wessen ist die Seele?
Ob Gottes? Niemals! Sie gehört zur Hölle!"
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#15
15.

Hölle III.

Verschwörung folgt dem Pfiffe - Fledermäuse
Von Vampyrart - Meerkrebse mit der Zange -
Flöh, wanzen, Kröten - ungleich auch im Range:
Urdrach, Eidechse, Falter, molch und Läuse.

Im Körperbau die seltsamsten Gehäuse:
Gezacktes Ohr - Zum Fühler lange Stange -
Gehackter Fuß - Graumäntel von Behange -
Aus Warz und Wanst und Buckel drollige Fläuse!

In Klassen eingeteilt: die geilen Gäuche -
Leichtfüßige Irrwische - die Triefertröpfe -

Bindfäden die - und jene runde Bäuche,
Gliedmaßen die - und jene lauter Kröpfe.

Doch alle eins: Verbreiter sein der Seuche -
Und Egel jeder, daß er gierig schröpfe.
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#16
16.

Hölle IV.

"Die Erde wird gequält durch ihre Geister!"
Spricht Satan, "darum ließ ich euch besammeln,
Ich böser Hirte unter meinen Hammeln!
Seid meine Sklaven - und ich bleibe Meister."

"Der Himmel über uns wird immer dreister.
Wir müssen ihn verriegeln und verrammeln.
Vom Tauchbad hör ich Offenbarung stammeln.
Gott wählt den Menschensohn sich. Jesus heißt er."

"Wohlan, so sollt ihr in die Schwachen fahren!
Das Seegelände sollt ihr mir verhexen!
Macht alles Volk zu Narren und zu Siechen!

"Gesund und jung streckt sie auf Totenbahren!
Verseucht sie mit Geschwüren und Gewächsen!
Durch Ohr und After sollt ihr in sie kriechen!"
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#17
17.

Das Amt.

Verborgen dreißig Jahr vom Elternhause
Ging Jesus spät hervor aus seiner Kammer,
Legt hin den Zeugschurz und den Schreinerhammer
Und trat zurück vom Reißstift und der Pause.

-"Der Hände Arbeit rühmt sich der Banause.
Der Werkstatt goldner Boden wird mir Klammer.
Mich ruft ins Amt das Volk in seinem Jammer,
Auf die Gefahr hin, daß Mich Hiohn zerzause."

Befremdet nörgelten an dem Entschlusse
Die Seinigen, er sei ja noch nichts rechtes.

Er blieb dabei bestimmt und doch bescheiden
und stieß sich weiter nicht an dem Verdrusse
Des alten, angesehenen Geschlechtes:
"Das arme Volk darf Mir nicht länger leiden."
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#18
18.

Adel.

Das tat in ihm das königliche Blut.
"Sohn Davids" - Enkel jenes Serubabel,
Der die Verbannten heimgeführt aus Babel -
Nachkomme der Erzväter und der Ruth.

Sein Adel quoll als Quell in seinem Mut.
Die Ahnentafel war nicht blöde Fabel.
Ein voll Jahrtausend flocht das dichte Kabel,
Das Ihn verband mit dem Prophetengut.

-"Von dieser Welt nicht Fürst - was soll uns Macht?"
Die Salbung, die Ihn weiht, ist höhere Wahl.
Die Losung lautet klar - und lautet eilig.

Nach innen war die Herzglut Ihm entfacht -
brach aus, vermittelt durch der Augen Strahl.
Ihn stieß der Schnaube-Atem. Der war heilig.
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#19
19.

Kana.

Zum Fest gelaen in den ersten Wochen,
Gab er sich offen und bekannte Farbe,
Daß er nicht ängstlich stündele und darbe -
Er habe mit der Abstinenz gebrochen.

Auf Ablaß mögen Eremiten pochen
Dort unten in des Jordans Ufernarbe.
Die Traube ist so nötig wie die Garbe,
Sobald es gilt für eine Hochzeit kochen.

Fern liegt ihm oberflacher Zeitvertreib.
Kopfhängen zeiht den Zug der Braut der Lüge.
Daß heißt nicht, daß man prasse und vergeude.

Die eigne Mutter fährt er an mit: "Weib!"
Und füllt mit Wein die bauchigen Henkelkrüge:
"Ihr wollt Mir sauer sehen? Ich will Freude!"
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#20
20.

Gefolge.


Wo warb er sich Genossen auf dem Plane?
Auftreten galt es (-Welt ist ein Theater).
Zwei Fischer dort, zwei fromme! Diesen naht er,
Zu schaffen sich die nötigen Organe - -

- "O käme einer, den wir bäten: Bahne!"
-"Kommt! Folgt mir! Werdet Menschenfischer!" bat er.
Sie wickelten die Schnüre ... Bei dem Vater
Zwei andre Fischer kauerten im Kahne:

-"Am Strand sieh den! Was flicken wir noch Netze?
Der schaut einher, als hätt' er viel zu sagen.
Er winkt. was hält uns? Vater, ahret wohl!"

-"Ihr lest des Nachts beim Talglicht im Gesetze?
Das Fischerhandwerk läßt sich übertragen -"
So fand er seiner Bühne das Symbol.
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#21
21.

Schrift.


Er war ein fleißiger Gast der Synagogen.
Da - in dem weißen Flecken Nazareth -
Stand Er zum Lesen auf - und auf das Brett
Des Pults ward ihm Jesajas zugewogen.

Die Zauberkraft aus würdigem Bibelbogen
Macht die halsstarrige Umgebung wett:
Was es hier heißt, erfüllt sich rund und nett -
Noch niemals hat die kirchenschrift getrogen.

Da stand es ja - nun schlug sie ja, die Stunde:
Er las - stirnrückwärts flog Sein feines Haar:
"Den Blinden Licht!"
-----------------Sein Blick ging durch die Runde:
Den schlug mit Finsternis ein schwarzer Star -
Dem lahmt ein Bein. Da klang Ihm aus dem Munde:
"Mit heut beginnt das angenehme Jahr."
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#22
22.

Ein Prophet gilt nichts.


Der Heiland schien Prophet in sanften Hüllen.
Vergangenheit umwob Ihn mit den Schleiern.
Ihm war zu Mut ums Jubeln und ums Feiern
Im lieblichen Beruf: die Schrift erfüllen.

Was fragt das Volk nach Sehern und Sibyllen?
Auf trauten Dächern liegt es dumpf und bleiern.
Die Rohen reden schon von faulen Eiern,
Und um die Erde hört man drohend brüllen.

"Herrn Joseph kannten wir. Ist das der Sohn?
Hinaus mit ihm! Wir stürzen ihn vom Wall!
Mißratner Eifer spricht der Heimat Hohn?
Den Aufgeblasnen sind wir gründlich satt."

Und um ein Haar, es käme zum Krawall!
So fing es an. Das war die Vaterstadt.
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#23
23.

Heilungen.


Die ganze alte Welt stak voller Wunder.
Stets saß ein Kobold, wo der Körper schmerzte.
Es gab weit weniger Wund- als Wunderärzte.
Die Heilung war verknüpft mit Hexenplunder.

Antike Anschauung wuchs plastisch runder.
(heut forscht man spitz.) Da griff denn der Beherzte
Beschwörend zu, bis daß der Dämon berzte.
Fürwahr genas der Kranke auch mitunder.

Der Heiland pflegte Hände aufzulegen
Und wirkte mit der Namen Fluch und Segen.

Er hielt sich nicht nach medizinischer Schule
An die Befunde auf dem Liegestuhle.

Statt prüfend das Gebrechen zu ergründen,
Besprach Er Teufel und vergab Er Sünden.
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#24
24.

Unterschiede I.


Ihr werft leicht hin: Wenn Christus wiederkäme!
Gedankenlos scheint es euch selbstverständlich,
Daß Er, Deß Leben unansehnlich landlich
Verlief, sich vor kriegswüstenei bezähme.

Er früge, ob die Menschheit sich nicht schäme,
Die, auf Gutleben aus, Ihm schiene schändlich.
Die Gegwenwart wär Ihm nicht gegenständlich -
Fluch der Kultur, die Lammspelz feil verbräme!

Was soll Ihm Technik? Sie, die hetzte, wetzte -
Mit Gas zersetzte, mit Geschütz zerfetzte?
O Heuchelhand, die Friedensfahne schwenken!
Wer beut Gewähr, der Krieg sei nun der letzte?

Stellt Ihn euch vor - es ist nicht auszudenken!
Der Heiland - heut? Er müßte sich erhenken.
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#25
25.

Unterschiede II.


Laßt Jesus nur in seinen schlichten Grenzen!
Barmherzigkeit schwoll Ihm ins Namenlose -
Ihm blühte durch die Armut eine Rose.
Landstreicher sein, roch Ihm wie Duftessenzen.

in des gelobten Landes Morgenlenzen
warf die Idylle noch die Daseinslose.
Du durstest in der Lazzaronipose
Dich an die Sonne legen und faulenzen.

Da gab es keine Polizei für Arme - -
Der Hungerleider ward nicht abgeschoben.
Dafür war es vielleicht nicht immer reinlich -

Das Helle herrschte vor, das trocken Warme.
Wir haben uns inzwischen überhoben -
Wie wirkt doch unser Geldverdienen kleinlich!
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#26
26.

Bergpredigt I.


Ihr dürft die Seligpreisung nicht verdrehen!
Die Geistig-Armen - das sind nicht die Dummen.
Die Guten sind's, die vor der Macht verstummen.
Die Hoffenden, die in die Zukunft sehen.

Am Zaun der Zeiten stehn sie auf den Zehen,
Hinüberäugelnd nach der Spur, der krummen,
Und aufwärts lauschend in die Höhn, die summen -
Armut aus Geist - das ist ein Gotteslehen.

Bekenntnistreue ohne schale Worte -
Der Mut zur Sache ohne Zugeständnis -
Der Saum des schmalen Wegs, die enge Pforte -
Entweder-Oders trotziges Verständnis!

Wer sich des überflüssigen Krams entledigt,
Wird arm vor Geist - ihn seligpreist die Predigt.
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#27
27.

Bergpredigt II.


Vom Berg herab erließ Er den Erlaß -
Das Wirtschaftsmanifest der jüngsten Dinge:
Daß man vom Nein ins Ja hinüberspringe.
Die Feindesliebe lohnt sich, nicht der Haß.

Die Welt erfreuen, ist der beste Paß.
So Salz wie Licht sind Pole an dem Ringe -
Des Vater-Unsers Quintessenz bedinge
Die Höflichkeitspflicht ohne Unterlaß.

Aus Vollmacht sprach Er so vor vielen Hundert.
Der Predigt folgte mächtige Erregung.

Noch nie war eine Menge so verwundert
Und so unmöglich jede Widerlegung.

Nimm dir ein Beispiel, zwanzigstes Jahrhundert:
Nicht Frechheit, - Demut schuf die Volksbewegung.
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#28
28.

Reich Ohne-Macht.


Gedrückte Stimmung wird zu Lust entbunden.
Der Nebel räuchert sich in Weihequalmen.
Wehklagen modulieren aus den Psalmen:
Auf einmal ist Reich Ohne-Macht gefunden.

Die Kranken können wunderlich gesunden,
Schiffbrüchige festhalten sich an Halmen -
Wen werden Mißerfolge noch zermalmen?
Fehlschläge müssen sich zum Wunder runden.

Begriffe und Tatsachen stehen draußen.
Welch reiches Reich in äußerster Verfeinung,
Von Wunsch, Weissagung und Gefühl beschönigt!

Das Himmelreich ist ohne Macht von außen,
Doch farbenprächtig tritt es in Erscheinung,
Von einem sanften Heilande bekönigt.
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#29
29. Sakrament

Ohnmächtiges Elend spielte auf der Laute
Der Phantasie sich die schwermütige Weise.
Die Todesangst verwunderte sich leise -
Verzweiflung klammerte an schwanker Raute.

Und dahinein der helle Jesus schaute -
In die verhungert hoffnungslosen Kreise -
Und eine Forderung durchfuhr Ihn: Speise
Du diesen Pöbel, der sich Wurzeln kaute!"

Sei Haut denn schmutzig - innen frißt der Schade.
(Dem Volke steigert Drang nach Selbstbewahrung
Das Hirngespinst zu seinem höchsten Grade)...

So trieb Ihn seine eigenste Erfahrung
In Gegensatz zum reinigenden Bade -
Problem schien Ihm ein Sakrament der Nahrung.
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#30
30.

Speisung

Satt sind sie nicht geworden dort am Abend -
Fünftausend, die Er einlud und die blieben.
An Broten, Fischen fünfe oder sieben -
Er nahm davon, verteilend und begabend.

Brosamen zuckerbrötelnd, Schuppen schabend,
Sie schlecktens auf, zu Staub, zu Staub und Sand zerrieben.
Schon der Geruch des Ranstes und der Grieben
Befriedigte sie sättigend und labend....

Erhabne Einbildung von einem Mahl,
Das bald statt haben soll im nahen Reich,
Wo gar den Hunger drüber sie vergaßen ...

Die Wirklichkeit war die, daß er befahl -
Jetzt wuchsen sie hinein in den Vergleich,
Daß sie, da sie Ihn sahn und hörten, aßen.
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#31
31.

Er redete in Gleichnissen


Die Sprache, die Er sprach, war die der Bilder,
Durchsichtig aus kristall so klar geschliffen.
Wer handelt scharf zu Volk in Denkbegriffen?
Die angeschaute Rede lautet milder.

Auf Leitgedanken steckt Er greifbar Schilder....
Wie man es sieht, die Augen zugekniffen,
Entlang der Strömung gleitend auf den Schiffen, -
Das Ufer schießt daher - der Strom wird wilder - -

Sein Ruf vom Reiche, wunderweiße Wolke,
Verlief in langgezogenen konturen,
Die mächtig auf sich bauten und verflogen -

Saat, Acker, Senf und Netz: andächtigem Volke
Wuchs Weg und Brot und Stab aus Seelenspuren,
Die, ob erfunden gleich, mit nichten logen.
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#32
32.

Die Perle.


Nicht äußere Herkunft macht das Kleinod wert...
Der Perle Ursprung ist doch das Geschwür
Voll Eiter in der Austernschale. (Für
Naturscharfsinn ist das Juwel entehrt) -

So wollte Jesus sagen: Umgekehrt
Verhält sich Kots und Elends Ungebühr
Zu dem symbol: dem Himmel vor der Tür -
Die Perle wird am teuersten begehrt!

Krankhafter Auswuchs läutert sich zum Schatz.
Die Gnade schafft aus weggeworfnem Stoff.
Das Evangelium ist Morgen-Kunde.

Und kennen wir nur den verborgnen Platz,
Den Untergrund, in den es sich verschloff -
Auf einmal sind wir reich vom Perlenfunde.
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#33
33.

Sünderin.


Verwöhnter Gastherr reichte saftige Birne,
Die er mit goldnem Messer selber schälte,
Und während ihn geheime Neugier quälte,
Da - jähe Unordnung durch feile Dirne.

Halbnackt, und, wo bedeckt, mit grobem Zwirne,
Warf sie sich auf Ihn zu. Die Tafel schmälte:
"Was? Eine Käufliche und Ungestrählte?"
Sie preßt Ihm an den Fuß die glühnde Stirne.

Gleich Sand und Gold in einem feinen Siebe -
Kein Unrat übertünchte Ihm das Echte.
Wie viel empfundne Güte lag im Laster?

Den Grundsatz wog Er nicht - er wog die Triebe:
"Ihr haltet dieses Weib für eine Schlechte?"
- Das Veilchenöl entströmt dem Alabaster.
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#34
34.

Qual im Schlaf.


Der Heiland hat nicht wo sein Haupt hin retten:
"Die Füchse haben Gruben, Vögel Nester -"
Bemooster Felsensteine erster Bester
Muß Ihm die überstaubte Wange betten.

Da wuchs die Bruderangst mit ihren Kletten
in die Betäubung nach, des Schlafes Schwester.
Das Erdenleid umgarnte ihn nur fester
Und legte Ihn in grauenhafte Ketten.

Der Schlag der Schläfe schlug mit seisem Hammer
Die Wände aus an Seiner Sorgenkammer.

Ein Engel kniet im nächtigen Felsentale,
In Händen eine reine, leere Schale,

Und sammelte, ein Hüter ewigem kummer,
Die Träne, die dem Leid entfloß im Schlummer.
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#35
35.

Seewandel.


Sankt Peter war ersehn zum großen Glauben,
Und sein Erlebnis hat ihn drauf erzogen -
Damals besonders, als die hohen Wogen
Das Schiff erschütterten in Plank und Dauben.

Das Wahrnehmungsvermögen stak in Hauben.
Was Er dort gehen sieht, ist nicht erlogen...
Die See, ein Fußpfad, horizontgebogen:
-"Mein Gott!" es will ihm die Besinnung rauben.

Noch eben wandelte das Seegespenst:
"Bin ich noch bei gesundem Sinn? Wo nimmt
Das Herz die Kraft, dass es gebührend staune?" -

Der Herr im Kahn, in Seinen Leib begrenzt!
Sein Blick, Sein Kleid, Sein Haar, - das alles stimmt...
Die Stimme stimmt, die tröstliche und braune.
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#36
36.

"Er hat einen Dämon".


Es war doch manches fremd und geistrhaft,
Was Er so sprach und was Er still vollbrachte.
Daß Er, die Güte selber, einmal lachte,
Sah Niemand je und war ganz unglaubhaft.

Der Nächte Schweigen hat an Ihm geschafft,
An Ihm genagt, solang Er schlaflos wachte.
Sobald Er überwunden hatte: sachte
Keht Ihm die Ruhe wieder und die Kraft.

Da kam das alte Tagwerk an die Reihe -
So zwischen Netz und fischgefülltem Kübel,
Den Gottseibeiuns Kranken zu beschwören -

Ich rate dich, du Rätsel Seiner Weihe:
Darin bestand sein Ringkampf um das Uebel,
Ins Reich der Geister scharf hineinzuhören.
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#37
37.

Widersprüche.


Auf hohem Gipfel, vor dem Uebernachten,
Die drei Intimen sahn ihn sich verklären.
Moses, Elias schwebten in den Sphären:
Beglücktes, stilles, eliges Betrachten.

Sobald sie in den grauen Tag erwachten,
Ein Knabe schäumt und schreit in Mondsuchtschwären.
Die Leidensweissagung beginnt zu gären...
Die Flucht entführte sie in ödere Schachten.

Da fuhr Sankt Peter bebend auf: "Herr, sist Du's?
Den Heiland überrascht Verständnisglück,
Das die Minute golden Ihm besonnte...

Doch als der 'Fels' die Würde ausrief: "Christus!"
- fuhr Er ihn an: "Hinweg von Mir! Zurück!"
Fahl hing die Residenz am Horizonte.
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#38
38.

Pharisäer I.


Selbst unter den vorsichtig Lässigen
saß auch nicht einer auf dem Priestersitze,
Der sich am Aufblick Jesu nach der Spitze
Nicht ärgerte. Es schien den Mäßigen

Nicht weniger als den Aufsässigen,
Der Heiland schalte nur mit flachem Witze -
(Sie hielten jeden, der die Schale ritze,
Für einen unbrauchbar Wurmäßigen).

"Das tut Elias mit der Wiederkunft,"
Schnupft Rabi Simeon, als ob er niese.

Der Rabbi Hilel spricht mit viel Vernunft:
"Er trägt die Nase wie ein Imperator."

-"Wenn man den Unverschämten walten ließe,"
Meint Elieser, "-wenigstens Diktator."
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#39
39.

Pharisäer II.


Die Fadengeraden mit den vielen Regeln,
Die sie befolgten nach dem Lauf der Stunde,
In ihrer Mäntel bauschender Rotunde,
Mit ihrer hohen mützen Seidenkegeln -

Das Selbstbewußtsein schwillt in ihren Segeln.
Aus Dünkel wiegen ihrer Wage Pfunde.
Der goldnen Ernte lose Garbenbunde
Beklopft der Tagerfolg mit harten Fleeln.

Wer wagt sich an die oberste der Klassen,
Ehrwürdigen Herkommens Machtinhaber
Wie auch des Ruhms, des Anstands und der Kassen?

wer sie nicht anerkennt, en sticht der Haber.
Und wenn sie halbwegs etwas gelten lassen,
So werfen sie sich in die Brust: "Wir aber!"
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#40
40.

Pharisäer III.


Die Glatten, um ihn schlau herumzukriegen,
Da sie Ihn um den Geist beneideten,
Sich an der Kühnheit seiner Sprüche weideten,
Versuchten im Disput Ihn zu besiegen.

Uneingestanden mußten sie erliegen,
Sobald aus dem geschickt Verkleideten,
Im Herzensgrund ruchlos Verheideten
Die Leidenschaft hindurchbrach und sie schwiegen.

-"Es ist, als glaubte Der an viele Götter,
so frevelnd schlägt er aus der Art des moses.
Die abgefeimteste Manier, zu heucheln!

"Heillos ist diese schlimme Sorte Spötter.
Die Tücke droht des launenhaften Loses -
Uns bleibt nichts weiter übrig als ihn meucheln."
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#41
41.

Pharisäer IV.


"Das macht ihn zum unleidlichen Gesellen:
In öder Sucht das Gegenteil behaupten!
An dem seit tausend Jahren fest Geglaubten
Weiß er die Gründe auf den Kopf zu stellen.

"Was wunders, daß nun rings die Kämme schwellen
Dem Kotgesindel! Die Besinnung raubten
Noch nie wie der all jene ausgeschaubten
Und räudigen Hunde, die vor Krätze bellen.

"Am tollsten ist sein Humbug mit Gott-Vater,
Als ob er Ihn allein zum Sohne zeugte.
Nahrhaftes Hausbrot überzieht ein Schimmel!

"Entfernt, vertilgt den teuflischen Berater,
Der Lumpenvolk mit Aufruhrsdünkel säugte!
Wes das Gesetzt ist, dessen ist der Himmel."
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#42
42.

Warum?


Der reiche Jüngling zog betrübt von hinnen,
Biegsdamen Leib in starrendem Damaste
Und um die schlanke Hüfte goldne Quaste,
Der Unterkleider Säume feinstes Linnen -

Der Heiland sah ihm lange nach - mit Sinnen.
War einer noch, der eher zu Ihm paßte?
Der so Sein Wort schon auf den Lippen faßte,
Auf dem Gesicht es spiegelte - von innen?

Warum! Ein Jünger wäre das von Stande,
Gebildeter als das berufene Dutzend,
Elastisch fühlend, nicht so schwer und dumpf.

Es sind nur kleine Leute und vom Lande...
"Was ist nur mit dem Meister? fragt es stutzend.
Die Zwölf umringen ihn, getreu und stumpf.
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#43
43.

Palmtag.


Den Knaben gleich, die selig König spielen,
Doch von demtiefsten Mannesdrang gestoßen,
Bestieg der Herr im Stile eines Großen
Der Mäuler eins, noch nie geschirrt in Sielen -

Und ritt durchs Tor, umsprungen von den Vielen,
Die jauchzend feierten den Würdebloßen.
Im Nu ein Abgott, handgeballt aus Kloßen -
Auf Schilderhebung scheint es abzuzielen.

Wie weit gedieh der Zug, so traumhaft schrittlings?
Er hat die alte königstadt betreten,
Wie's von Sacharia geweissagt ist
Still feierlich, auf einem Esel, rittlings!

Die Menge sah in Ihm nur den Propheten.
ihm selber sang das Herz: "Ich bin der Krist."
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#44
44.

Tempelreinigung.

Vier Mal, wenn man den Markus recht vernimmt,
Hat das Andenken an Johann den Täufer,
Den biblisch elianischen Vorläufer -
Jesus in seiner Denkungsart bestimmt.

Wie sah Er den Gewaltigen ergrimmt
Die Lüsternen verdammen und die Säufer,
Die Wucherer und schnöden Geldanhäufer -
Ein solcher Eindruck zündend weiter glimmt!

Dem letzten Aufbruch nach Jerusalem
Lag dies zu Grund: Dem Täufer hielt Er Treue,
Wenn einem Menschen Er sie hielt, so dem!
Nun sah das Volk, daß Er die Tat nicht scheue.

Schnurstracks lief er zum Tempel, von den Räubern
Den heiligen Ort mit Geißelhieb zu säubern.
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#45
45.

Geistiger Kampf.


Was hat der Täufer ausgeübt? Kritik!
Und was der Heiland? Starke Wahrheitsliebe!
Der Täuferzorn versetzte Peitschenhiebe -
er hieb den Mächtigen Striemen ins Genick.

Der Heiland überließ dem Augenblick,
Wie sich die Strömung bilde oder schiebe -
Entschlossen, jenachdem der Funke stiebe,
Willfahr Er oder trotz Er dem Geschick.

Politisch gleich wie künstlerisch Geheiß:
Den Willen bald in grader Satzung straffen
und bald ihn blähn zu rundem Flügelschwung!

Genie - Gebild aus Mut und Geist und Fleiß!
Der Angriff muß nach außen Luft verschaffen -
Von innen scheidet dann die Darstellung.
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#46
46.

Feigenbaum.


Nie war der Herr so sehr entrückt dem Raume,
So mitten drin im tollen Geistertanze,
Nie dient der Glauben Ihm so sehr zur Schanze
und sah die Erde er so sehr im Traume

Wie damals, als er - außer sich, im Schaume
Der Wut - gewaltsam ging aufs Ganze:
Der Menschensohn verhexte eine Pflanze -
er fluchte einem grünen Feigenbaume.

-"Da haben wir's - das tut nur ein Verrückter!
Das kommt davon, unstet herumzulungern -
In dieser Jahreszeit reift keine Feige!"

Ergriffen sehn wir, heiliger Verzückter,
Dich Wandernden, erschöpft von langem Hungern,
Verzweifelt stehn vor unfruchtbarem Zweige.
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#47
47.

Einladung.


Auf letzte Zeit will sich auch Er es leisten,
in Gastlichkeit sich Freunde zu empfangen.
Er gibt ihm nach, dem herzlichen Verlangen,
Ein kärglich Abendbrot kühn zu begeisten.

Die Armut soll sich nur ihr Fest erdreisten.
Das tiefste der Symbole soll erprangen.
Er will im kahlen Raum, spinnwebverhangen,
Ein Lösegeld auswechseln für "Die Meisten".

Der Abordnung, die erst den Saal bestelle,
Folgt, zwei zu zwein, der Strich des schmalen Zuges,
Dem Ahnung webt unheimliche Gefühle.

Der Heiland setzt den Fuß auf quere Schwelle,
Verneigt sich sachte nach dem Wirt des Kruges
Und schreitet zu dem mittelsten der Stühle.
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#48
48.

Abendmahl.


Er feiert, nun die Zwölf Er bei Sich blickt,
Abschied des Angesichts und mit dem Leibe,
Damit der Mittelpunkt im Kreise bleibe -
Die ganze Seele ist vorausgeschickt.

Er sinnt, vom Reich des Bösen stumm umstrickt,
Wie unversehrt Sein Werk hinüber treibe -
Er schneidet Sich vom Laib die runde Scheibe,
Hebt den gefüllten Becher Weins und nickt.

Auf taumelt Judas. Er erkennt erschrocken,
Wie unerhört der Blick der Liebe drohte.

Den Elfen bricht Er jedem seinen Brocken.
Feucht duftet es - auf scheue Art - vom Brote.

Am Rand des Bechers will ein Schein frohlocken.
war das noch Wein? Es war das Blut, das rote.
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#49
49.

Gethsemane.


In Einsamkeit die ungeheure Spannung!
Er wankt abseits, fällt auf die kniee, fleht -
Die Urkaft Seines Glaubens, das Gebet, -
Geleitet Ihn in äußerste Verbannung -

Der Wechsel spielt vom Zweifel zur Ermannung.
Weh, wenn die Kraft vor der Entsagung steht,
Der Kreis der Wahl sich seinen Reifen dreht
Gewaltsam in verzweifelter Verspannung! ...

Er schaut der ewigkeit ins Auge. Ehern
Staunt sie Ihn an. Er betet und wird stille.
Im Oelhain flutet träufelnder Geruch.

Entscheidend ist der Augenblick bei Sehern:
ICH - ODER NICHT! Es schlägt ein mächtiger Wille
Sich mittendurch in gottgewolltem Bruch.
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#50
50.

Der Kuß.


Zur Feindesliebe hat Er sie verpflichtet.
Nun muß Er Selbst das hohe Beispiel geben.
So reines Ideal verwirkt das Leben -
Ihn packt Gewißheit: Er wird hingerichtet.

Die Sendung wirkt, der Same unvernichtet.
In süßer Mischung wird sein Geist entschweben -
Sich zur Unendlichkeit des Werks erheben,
Die Böses sühnt und alle Feindschaft schlichtet.

Die steif durchwachten Glieder ohn erbarmen
Schleppt dem Verruchten Er getrost entgegen,
Nun das Verhängnis schrecklich sich entlud:

- harrt seiner mit erhobnem Liebesarmen,
- erwidert den Verrat mit Seinem Segen ...
Ihn küßt der lippenspitze Judas-Jud.
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