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Die Erwartung
#1
Die Erwartung


Ich schloß die Augen. Und ich ward erhoben
Dir immer ferner auf in Äthergrenzen,
Das Dunkel hing in langen blauen Kränzen
Mit schattenvioletten dicht verwoben.

Da unter mir tief sah ich deine Welt:
Von glühndem gelbem weißgebräuntem Sande,
Der tausendfach kristalleglitzernd brannte,
Schien sie ein unermeßlich leuchtend Feld.

Und deine Blumen wuchsen überall,
Hellgrüne Stengel aus hellbrauner erde,
Doch ohne Blätter, Blüten nur und Blüten.

Und wieder sank ich, süß in Schlafesfall
Zu jener Helle, daß erwarten werde,
Des Dunkels Kränze lichter mich behüten.
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#2
Am nachtgehöhlten Himmel endlos widerhallen
Der weißen Stille schauerleuchtende Triolen,
Von deinen Bergen kommt ein Singen her in hohlen
Klagen zu mir, die lange schweben und verfallen.

Und alle verdunsten in stehenden Läufen nach oben entflohen,
Die schwachen, sie mußten oft sich ausruhn auf den Lüften,
Gejagt in Schrecken aus der Wiese schwarzen Grüften,
In denen hart der Erde Rhythmen pochen und drohen.

Da strömt der Regen, aufstreichend in mächtigen reinen
Quinten, Bässe schütten dröhnend zusammen und ziehen
In braunen Schallen, die sich auf die Ebne breiten,

Und Flöten überhöhen sich in Glück und Weinen –
Doch unter Tosen leis um alle Büsche weiten
Sich deiner Nähe rein erblaunde Harmonieen.
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#3
Die konzentrischen Kreise

Hoher Gedanken edel blicken meine Augen auf
Und weiten ihr Gefühl zu einem Kreise,
Und nun ermüdend schlossen sie sich leise
Zu engem Kreis, der jenem folgt in liebevollem Lauf.

Planetengleich der große Ring füllt sich von stolzen Dolden
Verklärt in deiner Himmel Heiligtumen,
Wohl sinken fern die Schatten süß der Blumen,
Doch ihre nahen Zweige glänzen fieberhaft und golden.

Wohin, wohin? Das überblühende Quellen und Blinken
Zerfasert meiner Sehnsucht hartgeschlossne Ringe,
Wo Frieden solchen Strahlens brennendem Gefunkel?

Wuchert den Himmel über; Aug und Abend sinken.
Und lasset ab, daß euch in Schlummer weich und Dunkel
Kreisende Dämmrung tausendfach verschlinge.
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#4
Ich bin dir fern. Unendlich aus der Ebne Sänden
Von Gräbern Läuten steigt und gelber Nebel auf,
Ein großes Volk von Menschen taumelt verschwommen zuhauf,
Heben die Arme alle mit blutenden Händen.

Doch du, o Hohe, stolz willst du die bösen
Lodernden Nöte mir zu Schönem krönen,
Von oben dröhnt dein volles Orgeltönen
Dem Hohn der Glocken drohend und Erlösen.

Es schwebt im Dunst ein Ball von weißer Luft erblauend
Wie Lächeln deiner Zähne, bist du mir so nah?
Ein Priester steht darin, vom Gotte den er sah,

Wie meine Liebe dir, erhaben und ergeben,
Und senkt, da all die Arme um ihn heben,
Die seinen langsam, in die Ferne schauend.
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#5
Die Fenster

In meinen Fenstern stehn in Glasesschein
Der Nacht haltlose Türme stumm hinan,
Und sind sich dennoch nah, und sehn mich an
So nah wie ich sie seh: ich bin allein.

So fühl ich meine Hände; hier ist was ich bin,
Und alle Schuld und Leben das einst war;
Da durch der Türme netztgewirktes Haar
Erscheint mir schauernd: morgen, des nahenden Sinn.

Wie eine Blüte aus des Samens Schreiten
Hervortritt und wird rote Kronen tragen
Und voll ist und so schön,

Vor mir wie vor schuldlosem König breiten
Wird sich das Land und hell sein und voll Tagen
Über unendlichen Höhn.
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#6
Ich ahne Töne, die in Trillern bangen
Und wieder süß verschweben lang genossen,
Und Lächeln, ach viel Lächeln, so vergossen
Wie Blumen, die vor Spiegeln niederhangen,

Und Myrthenzweige, die im Schoße ruhen
Auf gelbem Tuche hell wie Jugendreigen,
Und Hände, die sie heben und die schweigen
Und sie verbergen in den Duft von Truhen,

Und Bässe, die in Jubelmärschen dröhnen,
Und Flöten, die vor lauter Freude weinen –
Die Luft betört ist ganz von Glück erklungen.

O laßt nicht ab berauschend so zu tönen;
Wir sind so jung, und singt es nicht Vereinen?
Ihr meine Träume, haltet SIE umschlungen.
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#7
Morgendämmern

Still. In der Nacht ein Kirchenbogen ist erglommen,
Erwarten – wie vor Menschen, die zur Kanzel treten,
Erhob er sich – ich werd dich morgen sehn – sie beten
Selig: „Fürchtet euch nicht! Ihr werdet zu mir kommen.“

O Qual, o süß. Und von des Bogens Rändern biegen
Sich Degen himmelan – ja Erde und Sieg mein Denken –
Die schlank sich dehnen und vor ihm zusammen senken
Und bleich in einen schmalen Streif von Dämmrung schmiegen.

Und hier die Blumen. Träumt ich nicht von Kelchesbogen?
Für dich sind sie gekauft. Daß ich an euch gedacht,
Ihr frohn im Fenster, lieben, stillt ihr meine Not?

Ach still wird sie wie ihr, ihr Blüten in der Nacht,
Das Dunkel ist von eurer Farbe Duft durchzogen
Wie von des kommenden Tages seligem Morgenrot.
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#8
Der ungeheure Abend graut im Flachgelände
Wie himmelhohe leerverlassne Tempelwände,
Wie Atem eisger raucherstarrter grauer Brände,
Wie wahnsinntotes Leid, nachtwandlerische Hände,

Wie böser Augen Fluch, wie Haß, der nie sich ende,
Ein Ton, der hohl in Ewigkeit kein Echo fände,
Der letzte Mensch, dem niemand mehr zu Seiten stände,
Wie Gegenwart, die ohne Sinn sich selbst verschwende.

Doch aus dem unbegenzten Nebel will sich ballen
Ein Baum, so grün wie Gartenzäune, die nur kaum
Ein Kind an Sonnenmorgen könnte überschauen.

So scharf wie seeluft grünt der Blätter jung Vertrauen,
Weiß wird er blühn in glühndem Glanze. Unser Baum.
Im Traume läßt er Blüten in den Nebel fallen.
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#9
Die Engel

Die Lider beschweren mit Süße und langsam verschließen
Sie silbern die Töne der Stille, die niemals sich neigen,
Die sind wie der gleitenden Zeiten begleitende Geigen,
Und leiten und halten in Glück das stete Zerfließen,

Da will in Verklärung ein himmlischer Nebel sich ballen
Nah sind seine Maschen in blendender Weiße zu schauen,
Und tiefer vertieft sich die Farbe zum Fleische von Frauen - :
Gewänder, die Füße von riesigen Engeln umwallen.

Sie streuen Blumen. Sie singen und alle sind Schwestern,
Ein Leuchten heilig wie Zorn entstrahlt ihrem Munde,
Da auf mich ihre Augen, ihr glühendes Singen sie wenden.

Es quillt meine seligkeit auf wie Ton von Orchestern,
Es gleitet meiner Harfen Glück zu dir in dieser Stunde
Von Bässen donnernd hinan zu Geigen, die es enden.
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#10
Blaß blendete und kalt das Morgennahen
Aus des vergangnen Regens breiten Lachen
Weiß, wie wir glänzen unsre Augen sahen,
Da unsre Blicke ineinander brachen.

Des Giebels Dunkel hob sich in die Blässe,
Der Säulen Ströme krönten Kapitäle,
Erhaben gleich der Macht der frühen Messe
In Altarschweigen der gekrönten Seele.

Gefaltet deine linke war voll Ruhe
In meine rechte Hand, und war ein Beten
Und Glücksein vor dem morgenlicht, und war,

Als sollten neu wir binden unsre Schuhe,
Daß wir von nun mit festern Schritten treten
Durch unser Leben, stark und freudeklar.
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