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Motoroller "Pitty"
#1
Motorroller „Pitty“ (DDR 1954)


Die Überlegenheit des Sozialismus zu beweisen,
erging einst vom ZK der SED ein doller
Beschluss: „Die DDR baut ihren ersten Motorroller:
Mit ‚Pitty’ können Arbeiter und Bauern jetzt verreisen!“

Doch beim Versuch, den Roller serienreif zu machen,
erwuchsen bald Probleme mit zu schlechtem Material.
Testfahrer stürzten. Rahmen oder Felgen brachen.
Man änderte die Pläne siebzehnhundert Mal.

Doch „Pitty“ blieb die Hoffnung - für die Propaganda,
die sich zu einer Sieges-Feierschau verstieg:
auf der Tribüne Ehrengäste und Politbürovertreter.

Die Fahrer salutierten grad noch stolz vor Wilhelm Pieck,
dann brachen ihre Pitty-Prototypen auseinander,
gottlob, erst hinter der Tribüne. Roller gab’s fürs Volk erst später.


Anmerkung:

"Nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 versprach die Staatsführung der DDR ihrer Bevölkerung eine bessere Versorgung. Sie sollte mobil werden und am Zweiradboom teilhaben. So wurde das Projekt „Pitty“ ins Leben gerufen, ein „Roller neuen Typs“, und mit großem Propaganda-Aufwand präsentiert. Schon am 1. Mai 1954 defilierten zwei Aktivisten des volkseigenen Industriewerks Ludwigsfelde, das den Rollerbau übernommen hatte, an Staatspräsident Wilhelm Pieck auf Prototypen vorbei. Doch schon wenige hundert Meter hinter der Ehrentribüne blieben die Parade-Roller wegen Zündschwierigkeiten liegen. Die Serienproduktion von „Pitty“ wurde erst recht zum Desaster, da die industrietechnischen Kapazitäten der DDR dafür noch lange nicht ausreichten. 1700 Mal wurde die Konstruktion des Rollers geändert, immer wieder nach Ersatzlösungen gesucht, um Materialengpässe auszugleichen. So wurden mangels Schrauben die Felgen genietet. Die Folge: Sie platzten auseinander und verursachten Blessuren und Knochenbrüche bei etlichen Probefahrern. Am Ende standen alle 75 Prototypen wieder in der Werkstatt. So wurde das Projekt „Pitty“ kleinlaut begraben. Erst 1956 kam der erste halbwegs gebrauchstüchtige Roller der DDR unter dem Namen „Wiesel“ in den Handel."

aus: Dirk Schindelbeck: Marken, Moden und Kampagnen, Darmstadt 2003, S. 122


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