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Auffenberg, Joseph Freiherr von: Glücklicher Eduard!
#1
Glücklicher Eduard!

Vier Sonette nach einer wahren Begebenheit

I.

Recht guten Abend, liebliche Jeannette!
Ich helfe Dir, die Blumen zu begießen,
Und sollte es die Mutter auch verdrießen.
O, fänd’ ich eine mag’sche Blüthenkette,

Dich festzubinden an der grünen Stätte,
Wo murmelnd silberklare Bächlein fließen
Und mich die Nachtigallentöne grüßen,
Mit meinem Liebchen singend um die Wette!

Wie sich die Rose sehnt nach deinem Busen!
Sie möchte ungern anderswo verwelken.
Hier! siehst du? – will ihr zarter Stengel fußen;

Auch wünschen diese prächt’gen Feuernelken
Zu krönen dich! du Lieblingskind der Musen!
Venus belauscht den Kuß hinter Gewölken!
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#2
II.

Jeannettens Fenster finde ich verschlossen
Und einen neid’schen Vorhang vorgezogen!
Bleibt mir das Schicksal ferner nicht gewogen,
Weil ich des ersten Kusses Glück genossen?

Mir scheint, er hat die Mutter sehr verdrossen.
Am Vorhang seh’ ich ein geheimes Wogen –
Da kommt ein Blumenstrauß herabgeflogen!
Zwei Aeuglein seh’ ich, draus viel Thränen flossen!

Jeannette hat den Selam mir gebunden,
Das Birkenblättchen d’rin scheint mir zu sagen:
„Ich bin gehorsam Dir in allen Stunden!“

Doch soll ich eine zweite Deutung wagen,
So könnte dieses Blättchen auch bekunden,
Was nach dem Kuß sich oben zugetragen.
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#3
III.

Noch einmal durfte in verschwieg’ner Laube
Das holde Götterkind ich heimlich sehen.
Erbebend vor der strengen Mutter Schmähen –
(Sie lauschte bei dem süßen Kussesraube)

Lag an dem Herzen mir die arme Taube.
Was um der Liebe willen ihr geschehen.
Erröthend mußte sie mir eingestehen,
Und – solchen Stürmen ließ ich sie zum Raube?

Ich trag’ mein Mädchen auf den Armen fort,
Trotz allen Müttern in den Erdenreichen!
Den aufgedrung’nen Freier schreckt mein Wort,

Vor meinem Degen soll der Geck erbleichen.
Ich zitt’re nicht, müßt’ ich durch einen Mord
Der jungen Liebe Paradies erreichen!
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#4
IV.

Ein ganzer Postzug hält vor meiner Thüre.
Zu Haus! Welch’ freud’ger Schreck wird mir bereitet!
Ein feines Herrchen mir entgegenschreitet,
Das ich verwundert – in mein Zimmer führe.

„Herr Eduard N...! Sie haben nummer viere.
Sie werden von der ganzen Stadt beneidet!
Sie sehen, daß ich festlich bin gekleidet!
Ich bring’ das große Loos und gratuliere!“

Es war mein Nebenbuhler, der Commis,
Ich sank fast um in Jubel und in Wonne.
Dann sprach ich: „Herr, ich danke für die Müh’-

O lassen Sie im Wagen die Goldtonne!“
Vierspänig fuhr ich zum Jeannettchen. Sieh’!
Mama sprach „Ja!“ vor Untergang der Sonne. -
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