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Der Ruf des Hähers
#1
Vorläufige Endversion (2011)

Der Ruf des Hähers

Durch abertausend grüner Buchten streicht
der Sommerwind, wühlt auf, lässt fallen, schwanken,
es rauscht, es tost ihr Blättermeer - ins Wanken
bringt sie wohl, tief verankert, nichts so leicht.

Ins Licht getaucht die Krone, in ihr ranken
auf kühnen Pfaden, furchtlos, unerreicht
in ihrer Weite, knorrig, Äste - weicht
der Raum dem Stamm, in den die Zeiten sanken.

Die Frucht, die einst aus einem Becher sprang,
entwuchs als Spross zum Eichendom. Das Bringen
von Fülle ist ihr tiefer Daseinsdrang.

Und Misteln mögen nisten, in sie dringen,
im Ruf des Hähers ihr Geheimnis klang:
Sie ruht in sich – sie lässt die Kräfte schwingen…

© Friedrich 2011


Überarbeitete Version (2008)


Durch abertausend grüne Buchten streicht
der Sommerwind, wühlt auf, lässt fallen, schwanken,
es rauscht, es tost ihr Blättermeer - ins Wanken
bringt sie wohl, tief verankert, nichts so leicht.

Ins Licht getaucht die Krone, in ihr ranken
auf kühnen Pfaden, furchtlos, unerreicht
in ihrer Weite, knorrig Äste - weicht
der Raum dem Stamm, in den die Zeiten sanken.

Die Frucht, die einst aus einem Becher sprang,
entwuchs als Spross zum Eichendom. Zu bringen
die Fülle, den Überfluss ist stets ihr Drang.

Und Misteln mögen nisten, in sie dringen,
im Ruf des Hähers ihr Geheimnis klang:
Sie ruht in sich – sie lässt die Kräfte schwingen…


© Friedrich 2008


Alte Version

Durch abertausend grüne Buchten streicht
der Sommerwind, wühlt auf, lässt fallen, schwanken,
es rauscht, es tost ihr Blättermeer - ins Wanken
bringt sie wohl, tief verankert, nichts so leicht.

Ins Licht getaucht die Krone, in ihr ranken
auf kühnen Pfaden, furchtlos, unerreicht
in ihrer Weite, knorrig Äste - weicht
der Raum dem Stamm, in den die Zeiten sanken.

Die Frucht, die einst aus einem Kelch hier sprang,
entwuchs als Spross zum Eichendom - Ergießen
im Überfluss ist stets ihr reicher Drang.

Und Misteln mögen nisten, auf ihr sprießen,
im Ruf des Hähers ihr Geheimnis klang:
Sie ruht in sich - sie lässt die Kräfte fließen…



© Friedrich 2008
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
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#2
Hallo Friedrich,

Insgesammt sehr gelungen,

In Zeile 9 würde ich statt "Kelch" eher die botanische Bezeichnung "Becher" verwenden, die sicher nicht schwer einzubauen wäre.
In den Terzinen störe ich mich etwas an den Reimen ergießen/sprießen/fließen, die mir alle drei etwas gesucht klingen.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#3
Hallo ZaunköniG,

danke für die Rückmeldung. Den "Becher" werde ich mir noch überlegen, da ich aus einem bestimmten Grund "Kelch" setzen wollte, gebe dir aber recht, dass im Sinne einer Naturbeschreibung der botanische Begriff besser passen würde.
Die drei Endreime in den Terzetten werde ich mir noch einmal überdenken und versuchen zu ändern. Denn vor allem mit dem "sprießen" war ich auch nicht glücklich. Entgegen meiner sonstigen Gepflogenheit, ein Sonett völlig intuitiv von vorne nach hinten zu entrollen, habe ich diesmal die Terzette von hinten geschrieben, da die Endzeile bei mir unüblicherweise von vornherein feststand.

LG Friedrich
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
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#4
Hallo ZaunköniG,

habe die Terzette jetzt überarbeitet, was meinst du dazu?

LG Friedrich


Der Ruf der Hähers

Durch abertausend grüner Buchten streicht
der Sommerwind, wühlt auf, lässt fallen, schwanken,
es rauscht, es tost ihr Blättermeer - ins Wanken
bringt sie wohl, tief verankert, nichts so leicht.

Ins Licht getaucht die Krone, in ihr ranken
auf kühnen Pfaden, furchtlos, unerreicht
in ihrer Weite, knorrig Äste - weicht
der Raum dem Stamm, in den die Zeiten sanken.

Die Frucht, die einst aus einem Becher sprang,
entwuchs als Spross zum Eichendom – zu bringen
in Fülle und in Überfluss ist stets ihr Drang.

Und Misteln mögen nisten, in sie dringen,
im Ruf des Hähers ihr Geheimnis klang:
Sie ruht in sich – sie lässt die Kräfte schwingen...


© Friedrich 2008
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
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#5
Hmm,

schon besser, aber

Zitat:Die Frucht, die einst aus einem Becher sprang,
entwuchs als Spross zum Eichendom – zu bringen
in Fülle und in Überfluss ist stets ihr Drang.

mit Eichendom ist der Satz eigentlich abgeschlossen, grammatisch hängt der fölgende Halbsatz irgendwie in der Luft.

Wie ware:

Zitat:Die Frucht, die einst aus einem Becher sprang,
und wuchs als Spross zum Eichendom, zu bringen
in Fülle und in Überfluss ist stets ihr Drang.

oder beziehst du das "bringen" nicht auf die Frucht?


LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#6
Du hast recht, das habe ich übersehen - ja, ich beziehe mich auf die Frucht, wie Klingt das:

Die Frucht, die einst aus einem Becher sprang,
entwuchs als Spross zum Eichendom – zu bringen
die Fülle und den Überfluss ist stets ihr Drang.

oder ist deine Überleitung mit "und" und den beiden "in" vorteilhafter?

Die Frucht, die einst aus einem Becher sprang,
und wuchs als Spross zum Eichendom, zu bringen
in Fülle und in Überfluss ist stets ihr Drang.

?
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
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#7
Hallo Friedrich,

ja deine neue Version ist besser,
wie wäre "Zu bringen
die Fülle und den Überfluss ist stets ihr Drang." als einzelnen Satz abzuteilen.
Ich denke, das ist klarer.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#8
Gut, dann werde ich neue Version oben reinstellen.

Vielen Dank
Friedrich
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
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#9
Hallo lieber Friedrich,

Deine neue Version finde ich sehr schön gelungen. Daumen

Die kommt in meine Sammelmappe schöner Gedichte

Ein schönes Wochenende

Detlef
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#10
Lieber Detlef,

freut mich, wenn's gefällt. Habe im 1. Terzett in Zeile 3 noch den Rhythmus geglättet - da war das "und" zu viel.

LG Friedrich
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
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#11
hallo friedrich,

was ich nicht gelungen finde, ist dass du friedrich, ohne jeden mir ersichtlichen grund in zeile 11 ("die fülle, den überfluss ist stets ihr drang") den ansonsten korrekt eingehaltenen fünfhebigen jambus verlässt... zumal mir auch inhaltlich die ursprüngliche version plausibler erscheint:"ergießen / im überfluss ist stets ihr reicher drang" (auch wenn ich hier das reflexivpronomen "sich" vermisse). hattest du dich da verschrieben, vertippt: "... DEN überfluss ist stets ihr drang"? sollte es heißen:"DER überfluss ist... " oder "DENN überfluss ist... "? - das will sich mir - wie gesagt - nicht erschließen...
desweiteren klingen mir auch die drei einsilbigen reimwörter in den terzinen: "sprang", "klang" und "drang" nicht besonders schön, vor allem in verbindung mit den metrisch auf sie zu "stolpernden" füllwörtern wie "stets", "einst" (naja gut, inhaltlich vertretbar, rhyhtmisch aber ungeschickt) oder "reich(er)" (dieses attribut ist ja nun wirklich obsolet durch die verwendung von "fülle", "überfluss")... gewünscht hätte ich mir vielmehr eine ausgewogenere rhythmisierung der zeilen durch anwendung verschieden langer reimworte (silben) -

alles in allem aber ein ganz hübsches sonett. vor allem der eingangsvers:"in abertausend grüne buchten streicht" mit seinem tollen enjambement gefällt mir sehr. zwar finde ich das wort "abertausend" etwas verstaubt und latent floskelhaft, aber durch die melodisch sehr fein abgestimmte folge von vokalen, umlauten und diphtongen errreichst du hier eine hohe musikalität...


liebe grüße,
drehrassel

edit: entschuldige, was meine inhaltliche kritik an vers 11 anbelangt, stand ich ziemlich auf dem schlauch... "zu bringen / die fülle, den überfluss" - ist klar! - Patsch
durch zwischenzeitliches überlesen / ignorieren des enjambements, habe ich - obwohl mein zweiter vorname "hyperbaton" lauten könnte - die inversion, die du, firedrich, vornamst, nicht erkannt. Big Grin

edit2: da fällt mir noch etwas zum loben auf, nämlich die konzeption dieses gedichtes... sehr schön ausgedacht und umgesetzt! - : das späte, sehr späte auftauchen erst des "(der) ruf(s) des hähers" im vorletzten vers, und selbst da noch lediglich im bezug auf "die frucht" (das possesivpronomen "ihr" ist dabei zunächst uneindeutig, könnte sich auch beziehen auf die "misteln"... allerdings heißt es im schlussvers "sie ruht in sich, sie lässt... " - anzunehmen ist also der bezug auf "die frucht"), welche in IHM IHR geheimnis birgt! sehr schön! das verleiht dem "ruf des hähers" eine hohe bedeutsamkeit, symbolkraft, auch sinnlichkeit, und zwar gerade durch sein flüchtiges auftauchen am ende des sonetts... oder das erscheinen der eigentlichen "protagonistin" dieses gedichts, der "frucht" erst in den terzinen, welche aber dann ausschließlich von ihr und ihrem verhältnis zum "ruf des hähers" handeln (dem allerdings das sonett seinen titel verdankt!) Bravo

edit3 (Big Grin ): nochmal zu dem thema "metrik der 11. verszeile": sie ist beim besten willen, und auch unter berücksichtigung einer noch so "schwebenden betonung" oder harten tonbeugung nicht mehr als jambischer pentameter zu lesen (um eine silbe verkürzter endecasillabo), verfügt sie doch bei männlicher kadenz über elf silben! - wenn du magst, kannst du dir gerne zum vergleich mein sonett "gekippter blumenkübel" anschauen, worin ich bewusst mit einigen sehr sehr harten tonbeugungen arbeite (sogar mitten im vers), was ich als gestaltungsmittel eigentlich sehr mag und im gegensatz zu manchen puristen und im hinblick auf die errungenschaften der lyrischen moderne geradezu als einen gewinn für das rhyhtmische gefüge eines metrisch konzipierten gedichts nennen würde...

liebe grüße nochmal,
drehrassel
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#12
Hallo Drehrassel,

die Zeile 11 ist kein jambischer Pentameter, so weit so richtig,
aber Friedrich arbeitet hier nicht mit "schwebender Betonung" oder "harter Tonbeugung". Es ist schlicht eine sechshebige Zeile:

Zitat:in Fülle und in Überfluss ist stets ihr Drang.
Anders als in der Typografie wird übrigens in der Metrik auch ein einzelner Vokal (oder hier Umlaut) als Silbe gewertet. Ich zähle also 12 Silben. Von denen man allerdings zwei auch problemlos einsparen kann, in dem ich die Aufzählung "und in" auf ein Komma reduziere:

Zitat:in Fülle, Überfluss ist stets ihr Drang.

oder

Zitat:in Überfluß ist allezeit ihr Drang

LG ZaunköniG
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#13
hey, zaunköniG -

hm... also ich zähle eigentlich selbst beim schreiben metrischer gedichte stets die ikten / betonungen / hebungen... die silbenanzahl erwähnte ich lediglich um auf das erwähnte problem hin zu weisen... wobei ich zu wissen glaube, welche wortbestandteile dabei zu berücksichtigen sind *augzwinker*

seltsam! - die zeile, welche du zitierst ist seltverständlich ein einwandfreier sechshebiger jambus... bloß dass mir eine ganz anders lautende vorliegt, nämlich "zu bringen / " (und dann, 11. zeile) "die fülle, den überfluss ist stets ihr drang". in diesem fall läge selbst bei annahme einer tonnenschweren tonbeugung die letzte betonte silbe auf "ihr" (IHR drang) und bildete damit sozusagen gar keinen rhyhtmischen reim mehr auf "klang"... sondern lediglich einen sogenannten "augenreim"...

total verwirrt,
drehrassel

edit: ah! - sorry! - ich sehe gerade, es gibt noch eine dritte fassung... die threads gründlich zu lesen, bevor man kommentiert, ist also doch zu empfehlen Big Grin

nehme hiermit alles zu diesem thema zurück
liebe grüße,

drehrassel
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#14
Ja,

Sehe gerade, daß du dich wohl auf eine andere Version beziehst.

Zitat:die Fülle, den Überfluss ist stets ihr Drang.

Hmm, welches ist nun die aktuelle?
Aber ausgebügelt ist der Rythmusfehler leicht:

die Fülle. Überfluß ist stets ihr Drang.

oder

den Überfluß, die Fülle ist ihr Drang.

LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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#15
ja, ausbügeln lässt sich die stelle wohl sehr leicht. gebe ich dir recht, zaunköniG...

ansonsten, siehe meinen edit oben.

liebe grüße
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#16
Gründlich zu lesen ist ein löblicher Vorsatz, der innere Schweinehund ist mitunter doch stärker wenn man beim Lesen vor- und zurückspringen muß.

Friedrich wollte meinen Vorschlag zur Zeile 11 übernehmen, hat dann aber anscheinend das "und" vergessen. Ein Tippfehler. Aber wenn unsere Konfusion dann doch noch zu einem Fünfheber führt, hat die ja auch etwas Gutes.
Aber nun warten wir, glaube ich, erstmal ab, was der Autor selbst dazu sagt.

LG ZaunköniG
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#17
Hallo ihr beiden,

leider ist Euer Warten auf eine Antwort in eine Geduldsprobe ausgeartet, dafür bitte ich um Nachsicht, denn Zeitnähe ist bei mir des öfteren so etwas wie ein Gordischer Knoten.
Aber nachdem ich nicht warten kann, bis die Eiche die nächsten hundert Jahre auf dem Buckel hat, musste ich mich einmal überwinden und einen (vorläufigen) Schlussstrich unter das ihr gewidmete Sonett ziehen.
Schuld an der Verwirrung von Zeile 11 war damals mein überhastetes Ausbügeln-Wollen des ürsprünglich 6-hebigen Verses. Als ich den Fehler im Nachhinein bemerkte, wollte ich das ganze einmal ruhen lassen.
Ich habe jetzt wieder Deine (ZaunköniGs) Version mit einer leichten Modifizierung am Versende genommen:
Ursprünglich:

"...Zu bringen
die Fülle und den Überfluss ist stets ihr Drang." (6-hebig)
Nun:
"...Zu bringen
die Fülle ist ihr steter Daseinsdrang." (5-hebig)

Dir, liebe Drehassel, danke ich für Deine ausführliche Kritik und Dir, lieber ZaunköniG nochmals für all deine Mühe.

LG Friedrich

ad Füllwörter: "einst" erfüllt nicht nur eine unverzichtbare inhaltliche Funktion, sondern auch eine der Lautmelodie:
"Die Frucht, die einst aus einem Becher sprang,"
Wonach immer du im Leben suchst - du findest es in dir.
Melos Merulae - Friedrich
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