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Sonette - in 12 Runden zu 14 Gedichten - 02 Liebe
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Liebe
Liebe auf den ersten Blick
Wer sie nicht kennt, fürwahr! der tut mir leid,
Der hat den Weg zum Himmel nicht gefunden;
Des Geist wird nie in Schönhweits Bad gesunden,
Das jedes Erdstaubs plötzlich ihn befreit.
Ich – schwör’ auf suie! In ganzer Seligkeit
Hab’ ich vor Bild und Blick sie oft empfunden,
Zehntausendmal in hehrsten Rauschsekunden
Geschwelgt durch sie am Quell der Göttlichkeit!
Ja, wenn ich’s recht erwäg’, muß ich erkennen,
Ich liebte stets nur auf den ersten Blick:
So ganz die Art des Dichters, zu entbrennen!
Mein erstes Glück war stets mein hehrstes Glück,
Durch dies fühlt’ ich zu Göttern mich erhoben;
Das nächste schon glich einem Sturz von oben!
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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Des Dichters Liebe
Wer je mir ein Geständnis konnt’ entrücken,
Mich je beschwor, daß ewig treu ich bliebe,
Wer je mich schalt, daß Neigung schnell zerstiebe,
Dem eil’ ich meine Art nun auszudrücken.
Des Weltlings Gegenstück in tausend Stücken,
Gleich’ ich ihm doch im hehrstzen just der Triebe:
Von Blüt’ zu Blüte lockt auch mich die Liebe,
Gönnt nicht an einer dauernd mir Entzücken.
Mein Lieben ist der Künstlerdrang zum Schönen,
Das nirgends, ach! sich findet im Vereine,
Doch Eines bleibt in Bildern, BHlicken, Tönen.
So ist’s am End’ im Grunde doch nur Eine,
Der ich gehör’ mit ungeteiltem Sehnen:
Doch nicht von dieser Welt ist diese Reine.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Leben und Dichten
Es ist nicht wahr, ich schätz’ gering das Leben,
Mein erst’ und letztes wär’ und blieb das Dichten;
Mein Glücksdurst mög’, mein Liebbedürfnis richten,
Ob ich der Geist, nur stets am Buch zu kleben.
Nur, weil das Leben mir gewährt mit nichten,
Wonach in mir heiß alle Geister streben,
So täusch’ ich mich zum Schein, mit Dichten eben,
Um vollends auf das Glück nicht zu verzichten.
Und kommt’s mal ja auf kurze süße Weile,
Als Freiheit, Freundschaft, Liebe, Menschenschöne,
Mit eins verstummen meines Spieles Töne.
Gebt mir ein Lieb’, drin ich mich finde wieder,
Daß Herz und Geist und Schlaf ich mit ihr teile –
Und fahrt zur Höll’ all meine Vers und Lieder!
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Abends vor dem Spiegel
Nie war nach Lieb’ so brünstig mein Verlangen,
Als wenn daheim ich, wann der Abend graute,
Mein brennend Angesicht im Spiegel schaute
Und Jugend las auf Lippen, Stirn und Wangen.
Wozu, dann fragt’ ich, all des Lenzes Prangen,
Wenn heißer Liebe Reif es nicht betaute?
Wozu, wenn ihm kein Aug’ entgegenblaute,
Dann meines Auges Glühn, sich festzuhangen?
So oft ich so in sonn’ger Jugend Blüte
Am Abend mich im Spiegel mußt’ betrachten,
Stets wie Narciß ich heiß in Lieb’ entbrannte
Für – nichts dies Aug’, den Mund, die Stirn, behüte!
Doch für mein Innres, für mein göttlich Schmachten,
Da ich’s an keinem Zweiten noch erkannte.
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Ach, daß doch diese Sinnlichkeit nicht wäre!
So seufz’ ich oft in wilden Fieberstunden,
Wenn wie Mazeppa an sein Roß gebunden,
Am Grat ich schmachte dieser Satansmähre.
Ach, wenn ich so in Glücks-drst mich verzehre,
Im Wollusttaumel dürste zu gesunden:
Was gilt mir, was ich sonst zuhehrst empfunden,
Das Ideal? Nichts, Schatten, Traum, Schimäre!
So setzt mir’s zu, bis ich den Becher leere.
Dann stürzt hervor, gleich losgelaß’nen Hunden,
Die Reu’, mich marternd mit des Vorwurfs Schwere,
Und vor der reinen Schönheit Himmelshehre
Im Staub mich windend, seufz’ ich überwunden:
Ach, daß doch diese Sinnlichkeit nicht wäre!
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Nur denken nicht!
Ich könnte glücklich sein. Mir ward beschieden
Gesundheit, Jugend, wie an Leib, am Geiste,
Ich hab’, wo alles nicht, das best’ und meiste,
Was glücklich machen kann und macht hienieden.
Von Unglück, Kampf ums Brot bis nun gemieden,
Beglückt durch Künste, üb’ ich selbst die freiste,
Die hohe Dichtkunst, drin ich manches leiste,
Und wäg’ ich so mein Los, bin ich’s zufrieden.
Nur denken darf ich nicht (mit eins verarmen
Macht mich’s zum Bettler!) wie mein Sein verbannt ist
Vom höchsten Glück, für das mein Herz entbrannt ist;
Nur denken nicht, wie selig das Erwarmen
Der Maid am Busen, die uns geistverwandt ist
Und abends uns umschlingt mit Liebesarmen!
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Platzmusik am Abend
Der Himmel blau, ein schöner Sommerabend,
Am Platz Musik – vertraute, hehrste Klänge;
Lustwandelnd lauscht die bunte dichte Menge,
Des Alltags Sorg’ in Fröhlichkeit begrabend.
Und an Gefühl, an Aug’ und Ohr mich labend,
Tret’ jauchzend ich ins Freie, ins Gedränge,
Nur was mir fehlt, das ganz der Welt entschwänge
Mein Wesen sich, mit Schmerz im Sinne habend.
Mein altes Leid, bekanntes, oft genanntes,
Das stets mich anfällt, wenn ich Klängen lausche,
Und beben macht mein Herz, mein liebentbranntes:
Daß mir im reinsten, hehrsten, höchsten Rausche
Ein heißerglühtes, tiefes, wohlverwandtes,
Geliebtes Mädchen fehlt zum Geistestausche!
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Im Sturme
Nur Ruh’, ihr Götter! etwas Rhe!
Was soll mir all dies Jagen, Hasten, Treiben?
was an dem Stoff dies ew’ge Blutigreiben?
Was all der Kampf in was ich denk’ und tue?
Nicht Ruh im Grab! Nicht Ruh’ der Totentruhe!
Des war ich feind und werd’ es ewig bleiben!
Nur Ruh’ im Leben, Fühlen, Denken, Schreiben,
Doch Ruh’ ihr Götter! etwas, etwas Ruhe!
Und Liebe, ach! um nach des Tages Hasten,
Entronnen seinen Spitzen, Ruten, Lasten,
An ihrem Busen selig auszurasten,
Um, wenn die Arme sich und Herzen fanden,
Mit all dem Stürmen, Schütteln, Wogenbranden
In ihrem Hafen glücksberauscht zu stranden!
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Am Tage nicht
Am Tage nicht, da fühl’ ich nicht das Schmachten,
Das Brennen, Lechzen, Dürsten so nach Liebe;
Im Lärmen, Jagen, Hasten, im Geschiebe
Fehlt uns die Zeit, auf was uns fehlt, zu achten.
Doch neigt der Tag sich und beginnt’s zu nachten
Und schweigt der Lärm und ruht der Welt Gestiebe,
Dann steigt vor mir, erzeugt vom höchsten Triebe,
Das Bild empor der Maid, der traumerdachten.
Und sink’ ich dann ins weiche Lager nieder,
Wer nennt mein Sehnen, Brennen, Lechzen, Sengen,
Zu finden mich im zweiten Wesen wieder,
Mein Denken, Fühlen, Schwelgen, Jauchzen, Drängen,
Und Geist und Leib und Brust und Mund und Glieder,
Dies Riesen-Ich in fremdes Ich zu zwängen!
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Liebesqualen
Weh dem, der nur ein einzigmal im Leben,
Doch tief und voll der Liebe Rausch empfunden;
Wer einmal nur ein Wesen hielt umwunden,
Dem er sich ganz, das ganz sich ihm ergeben.
Stets wie ein Traum muß Liebesglück entschweben,
Was bleibt, sind Tränen, Martern, Seufzer, Wunden;
Weh dem, der ihn geträumt, dem er entschwunden,
Er wäre besser nie erwacht zum Leben.
Weh mir, der ich, an Göttertrank mich labend,
Im Schoß der Lieb’ verschwelgt zwei Abendstunden!
Verwünscht sei dieser ewig schöne Abend!
Alltäglich kehrt er höhnend mir zurücke,
Die Stunden, die Minuten, die Sekunden,
Und jede reißt mein sehnend Herz in Stücke!
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Verwirklichte Liebessehnsucht
Weh dem, der in der Brust ein hehr Verlangen,
An Erdenwesen Leib und Seele bindet;
Der, für die Lieb’ zu Bild und Lied erblindet,
An wahre Menschen sucht sich anzuhangen.
Ins Kleid des Nessos hat er sich verfangen,
Worin er unter Folterqual sich windet;
Den Scheiterhaufen sorglos sich entzündet,
Der ihn versengt mit tausend Feuerschlangen.
Geknechtet wird er sein, ein Sclav’ in Ketten,
Sein eig’ner Geist wird wider ihn sich bäumen,
Sein Körper sich auf roten Gluten betten.
Zuletzt, wenn alles Glück zerrann zu Schäumen,
Wird aus dem Schutt er nur die Lehre retten,
Daß glücklich lieben heißt: von Liebe träumen!
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Abendstunden
Stets teuer waren mir die Abendstunden,
Verbracht mit großer Dichter, Denker Lesen;
Stets teurer die, da für mein eignes Wesen
Den Ausdruck ich in Vers und Reim gefunden.
Auch jene wurden freudig stets empfunden,
Da unter Frohen winkte froh Genesen;
Zuletzt die wen’gen auch, die ich erlesen
Zu frühem Schlaf, dem Arzt für alle Wunden.
Doch schöner sah ich nie den Tag sich neigen,
Als wenn ich Herz und Geist, mein Ich, mein eige4n
Durft einer andern teuren Seele zeigen;
Als wenn ein großes Herz sich mir erschlossen,
In das mein Geist, ein Glutstom, sich ergossen,
Und Du und Ich in Eins zusammenflossen.
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Zweisamkeit
Groß war die Lust, so oft ich im Gewühle
Der Menschen konnt’ die schönen Mädchen schauen,
Mich an der Knaben Pinienwuchs erbauen
Und Süden träumen in der Julischwüle.
Groß war die Lust, so oft in Waldes Kühle
Ich einsam wandeln konnt’ mit heil’gem Grauen,
Gedanken wälzen, Weltsysteme bauen
Von Gott-Natur in mächtigem Gefühle.
Doch weder hier im Walde tief alleinsam
Leert’ ich der Wonnen vollsten Kelch im Leben,
Noch dort im Park, mit Tausenden gemeinsam.
Nein, nein! das Höchste, was uns Gott gegeben,
Der hehrste Göttertrank, die stärksten Reben,
Des Lebens Nektarbecher – trinkt sich zweisam!
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Zwei reine Lieben
Zwei reine Lieben gibt’s. Die eine, ethisch,
Ein ganzes, grenzenloses Gernehaben;
Die andre, trunknes Blick- und Geistbegraben
In Menschenschönheit, Künstlerlieb’ ästhetisch.
Die eine bindet Herz an Herz magnetisch,
Durch Eins das Andre namenlos zu laben;
Die andre liest entzückt in Goldbuchstaben
Im schönen Angesicht den Gott prophetisch.
Die erste, selten zwar, doch dann pathetisch,
Wird, muß es sein, fürs Liebste sterben, fallen,
Und jauchzt im Tod noch sieghaft und frenetisch.
Die zweite, Künstlern eigen, hehrst poetisch,
Ist mild’rer Art: schafft nur zu Tempelhallen
Uns Promenad’ und Ballsalon und Teetisch
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