Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Edna St.Vincent-Millay: Die Schwertlilie im Sumpf
#2
Schwarzverbrannt lag alle Erde
nach dem Brand von Pol zu Pol,
und der Meeresboden klang
wie ein Tontopf, brüchig, hohl.

Sonst begrünte Bergesgipfel
ragten totenschädelkahl,
Alles, alles war vernichtet
von den Höhen bis ins Tal.

„Welt, wie kann ich dich verlassen?
Du bist alles was ich hab,
was soll mir mein Herz erhellen
leb ich, und du liegst im Grab?

„Sags mir, zeig mir irgendetwas,
das man sehn kann, nicht vergisst!
Als ein Andenken für immer
schnell—bevor mich Gott vermisst“.

Und ich horchte, tiefe Stille
nur mein Herz klang noch vertraut,
weder Kauz, noch Eichelhäher,
selbst kein Baumfrosch gab mehr Laut.

Und ich sah nach einem Zeichen,
Kohlen, Asche sonst nichts mehr--
eine letzte Rauchspirale
trieb vom Grund des Tales her.

Ich sah in die graue Wolke
bis sie krankte, nebeldumpf--
sah ein Blau, umringt von Flammen,
eine Schwertlilie im Sumpf.

Kleine Flammen krochen gierig
vorwärts, aufwärts, dicht an dicht
doch im stolzen blauen Blühen
achtete sie ihrer nicht.

Rot und durstig leckten Zungen,
wie sie es bei Wölfen sind,
sie glich einer blauen Säule
und ich lachte, tränenblind.

All mein Fühlen eine Träne,
stieg die Seele hoch empor,
diese eine blaue Blume
liebte ich wie nichts zuvor.

Sie war alle Segelboote
jemals auf dem Ozean,
sie war alle kleine Bücher
die ich mit zur Schule nahm.

Ragte wie auf Eisenwurzeln
azurfarben, elegant
stand als Geist der wahren Erde
mit dem Rücken an der Wand.

Augenblicks, nicht mal ein Lidschlag –
kniete ich mich hin zu ihr -
lachend, weinend, dieser Anblick –
und sie neigte sich zu mir.

____________________________
Treibsand und poröse Felsen
sind der Pfad zum Himmelreich
und knieabwärts zerrt an mir
Unterströmung, kalt und bleich.

Bald als staubzerfall`ne Tritte
zeigt der Pfad zum Himmel sich,
Vater, Sohn und Schöpfergeist,
streckt die Hand aus, rettet mich.

Sei ganz ruhig, blaue Lilie,
schlaf nur, schlaf nur ein
was du hörst ist Gottes Stimme,
er zählt seine Lämmerlein.
La-Le-Lu, La Le Lu -
`s ist nur Gott, der zählt
er vermisst mich, sucht nach mir
eh der Weg ins Dunkel fällt.

Er setzt die Titanenfüße
sicher in den glatten Sand
ängstlich wie ein kleiner Spatz
schlüpf ich dann in seine Hand,

trage meinen ganzen Kummer,
alle Sünden vor ihn hin,
und die Hälfte seiner Kleider
schenkt er mir, ich berg dich drin.

La-Le-Lu, La-LE-Lu
wiegt verbrannte Erde sich!-
Vater, Sohn und Schöpfergeist
streckt die Hand aus, rettet mich

Sieh, da tönt der Liebe Stimme
naht das Haupt voll Sternenpracht
seine Robe deckt mich völlig
wie ein Mantel vor der Nacht.

Und es schlief auf meinem Herzen
alles was ich wusste ein!-
„Kann nicht dort, Herr, dort in Eden,
Platz für blaue Lilien sein?

Alles gut und gut ist Alles!
Edens Lampen schimmern weit,
und in feuchten Himmelsritzen
soll sie sein, dass sie gedeiht.
Never sigh for a better world it`s already composed, played and told
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: E.St.V-Millay / Die Schwertlilie im Sumpf - von Sneaky - 07.09.2007, 15:20

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste
Forenfarbe auswählen: