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Sonette aus dem Orient ( von 1864 ) Kreuzfahrer (19)
#2
Gestalten aus den Kreuzzügen


Dein Name hat bewaffnet, heilge Stadt!

Dein Name hat bewaffnet, heil’ge Stadt!
Des Nordens Söhne, daß sie Blut und Sterben
Für nichts erachtet, galt’s um dich zu werben
Und zu befrei’n des Heilands Ruhestatt.

Die Hunger, Hitze, Durst zu Schanden trat,
Des langen weges Unstern ließ verderben,
Und deren Blut das Schlachtfeld mußte färben,
Und die Gewalt in Fesseln schlug, Verrath –

Die Fieberbrand auf’s Krankenlager streckte,
Und die der Fluß in feuchte Tiefe zog,
Und die des Meeres Spiegelbild betrog,

Und die der heiße Sand der Wüste deckte:
Sie wandten sterbend noch den Blick dir zu,
denn du warst aller Sehnsucht, Salem, du!


Peter der Einsiedler

Im Herzen Gram ob Golgathas Entehrung,
Barfuß, in altem, härenem Gewande
Durchwanderst du die weiten Christenlande,
Ein Eiferer, gegürtet mit Entbehrung:

„Auf, Sünder! Denkt an Sühn’ und an Bekehrung –
Schlagt eu’ren heim’schen Bruderzwist in Bande –
Des Heilands Grab erleidet Schimpf und Schande,
Erwacht, ihr Rächer! Endet die Verheerung!“

Dein Ruf durchdröhnt wie Donner Mark und Bein,
Dein Ruf erweicht die Herzen, hart wie Stein,
Bewältigt Fürsten, Ritter, Volk und Troß.

Ein Feldherr bist du, Bettelmönch, geworden,
Zum heil’gen Kampf bewaffnest du den Norden –
Denn Gott ist in den Kleinen stark und groß.


Gottfried

Dein schönes Erbe gabst du freudig hin,
Um ganz zu lassen von der Heimat Erde;
Und nahmst zum Kreuz die größere Beschwerde
Des Führeramts mit gottgeweihtem Sinn.

Das Zelt ist dein Palast; du herrschest drin
Voll Majestät in Wort und an Geberde;
Ein wahrer König, thronst du auf dem Pferde,
Ein Scepter war dein Schwert von Anbeginn.

O großer Führer, großer Friedensrichter,
Gewalt’gen Zwistes mild-gerechter Schlichter,
Der Fürsten Ordner und der Pilgerheere!

Du wolltest tragen nicht die goldne Krone,
Wo Christus ward gekrönt zu blut’gem Hohne,
Und Demut wehrte königlicher Ehre.


Tancred

O Tancred, kann mein Lied ein Blatt noch fügen
Zum Lorbeerkranze, welcher, dicht belaubt,
Die Stirne kühlend ruht auf deinem Haupt,
Und den Jahrhunderte dir nicht geraubt?

Du ließest nicht das Scepter dir genügen.
Nicht rothes Gold dein reines Auge trügen,
Nicht falschen Schein dein edles Selbst belügen;
So warst du stark, weil du so stark geglaubt!

Dir ward, des Ruhmes jugendlichem Priester,
Das ernste Räthsel der Geschichte klar:
Daß Ruhm und Tugend göttliche Geschwister.

Ein Ritter nahtest du, zum Fest geladen,
Der Tempelburg des Gaal’, und sie nur war
Dein hehrer Traum schon an Tarents Gestaden.


Bohemund

Als Peters Ruf durch’s Abendland erscholl,
Da gabst du deinen Purpur hin der Scheere,
Daß sich mit rothem Kreuz die Brust bewehre;
„Gott will es!“ riefst auch du begeistrungsvoll.

Byzantinum verbiß den alten Groll,
Als deine schnellen Schiffe Gottfrieds Heere
Zuführten Ross’ und Reiter, Schild und Speere,
Bevor die See von Winterstürmen schwoll.

Dein kluger Rath obsiegte hier und dort,
Gemünztem Golde glich dein feurig Wort,
Dein Schwert, der Rache Blitz war’s allerwärts.

Und dennoch ist getrübt dein Heldenruhm,
Es schlug dir, Eiferer für’s Heiligthum,
Auch unterm Kreuz noch ein – normannisch Herz.


Richard

O Löwe von des Abendlandes Norden,
Dein Brüllen macht den Orient erbeben;
Wenn drohend deine Pranken sich erheben,
Zerstieben wild des Islam Kriegerhorden.

Dein Namen ist ein Schreckensruf geworden
Und macht der Buben lose Zunge kleben;
Der Reiter frägt bei jähem Widerstreben
Sein feurig Roß, ob dich gewahr es worden.

O Löwenherz, mit Liedern und mit Sagen
Hat herrlich sich dein Waffenruhm umgeben,
Im Munde später Enkel noch zu leben.

Wer braucht nach deinen Thaten erst zu fragen?
Doch nur ein Stein, ein einz’ger, Meldung thut
Hier hat der Leu des Nordens ausgeruht.

 
Saladin

“Nimm dieses Kleid und trag’ als Trauerfahne
Der Welt es vor und künd’ es unverdrossen:
Des Morgenlandes Herrscher hat geschlossen
Das Buch der stolzen, unruhvollen Plane;

Er ist geheilt vom irrwischhellen Wahne.
Was nimmt er mit von Freunden und Genossen,
Von Macht und Reichtum über ihn ergossen?
Er fährt allein im schwarzen Todtenkahne.“

So sprach des Islam Held, sein Schwert und Schild,
Der weise Herrscher, so gerecht als mild,
Bevor sein Puls zu schlagen innehielt. –

Daß Türken, Christen, Juden sich vereinen,
Dich, Saladin, zu preisen, zu beweinen,
Will mir als höchstes Menschenlob erscheinen.


Barbarossa

Der Kaiser stirbt, gebettet auf den Sand!
Sein Aug’ erlischt – und uns’rer Hoffnung Licht!
Sein Puls, er stockt, - und uns’re Stärke bricht!
Sein Arm erstarrt, - gelähmt ist uns’re Hand!

Dein Kaiser todt, o Deutschland, Heimatland!
O zürne den verwaisten Söhnen nicht;
Hier rechte mit der Wellen Truggesicht,
Dem Seleph Fluch, der ihm die Kraft entwand.

Aufjauchzt der Grieche, falsch wie diese Flut,
Ikonjum rafft sich auf mit neuem Mut,
Mit Gold belohnt die Botschaft Saladin.

Der Hoffnung Sonne ging im Westen auf
Und enden mußt’ im Osten sie den Lauf –
Jerusalem, dein Retter ist dahin!



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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Sonette aus dem Orient ( von 1873 ) Gestalten aus den Kreuzzügen (8) - von ZaunköniG - 27.09.2023, 02:58

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