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Gedichte der Gefangenen
#9
Die Mauer der Erschossenen


Pietá

Stadelheim 1919

Wie aus dem Leib des heiligen Sebastian,
Dem tausend Pfeile tausend Wunden schlugen,
So Wunden brachen aus Gestein und Fugen,
Seit in den Sand ihr Blut verlöschend rann.

Vor Schrei und Aufschrei krümmte sich die Wand,
Vor Weibern, die mit angeschoßnen Knien »Herzschuß!« flehten,
Vor Männern, die getroffen sich wie Kreisel drehten,
Vor Knaben, die um Gnade weinten mit zerbrochner Hand.

Da solches Morden raste durch die Tage,
Da Erde wurde zu bespienem Schoß,
Da trunkenes Gelächter kollerte von Bajonetten,

Da Gott sich blendete und arm ward, nackt und bloß,
Sah man die schmerzensreiche Wand in großer Klage
Die toten Menschenleiber an ihr steinern Herze betten.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Nachrichten in diesem Thema
Gedichte der Gefangenen - von ZaunköniG - 11.11.2024, 02:12
RE: Gedichte der Gefangenen - Pietá - von ZaunköniG - 19.03.2025, 10:35

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