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Kriegssonette
Ausfälle der Pariser Besatzung

1.


Trochu sprach längst schon von der Offensive,
Und Frankreich sprach von der Entscheidungsschlacht
Mit Rückkehr der Bartholomäusnacht:
Kein Deutscher dem Verderben mehr entliefe.

Ob dann von Blut die Nation auch triefe:
Ein jeder Deutsche werde umgebracht,
Zertreten und zermalmt die deutsche Macht! –
So sprach im ganzen Volk der Haß, der tiefe.

Es scheint, die ersten Tage im December –
Sie waren zur Entscheidung ausersehn;
Allseitig ging man vor Ausgang November.

In West und Nord und Süd ist es geschehn;
Neu schlug des Krieges Framme rings empor –
So brach auch Trochu aus Paris hervor.


2.

Kennt Trochu schon die neuen Niederlagen?
Meint er daß siegreich General Paladine?
Will er der Südarmee entgegenzieh’n?
Will er ihr helfen, weil sie schon geschlagen?

Will er für sich die große Feldschlacht wagen?
Zwingt zur Aktion der Rothen Drängen ihn?
Will retten er das Heer, durchbrechend flieh’n?
Beginnt Paris zu fürchten, zu verzagen?

Ein starker Ausfall – Vinoy ist der Führer –
Nach l’Hay und Chevilly auf’s sechste Korps –
Doch die Franzosen sind auch hier Verlierer.

Nicht glückt’s, die starke Stellung zu durchbrechen;
Die wackern Schlesier ihrem Ruf entsprechen –
Viel Leute wieder hier der Feind verlor.


3.

Das war die brave elfte Division,
Die hier den Feind so muthig widerstand,
Den Durchbruch hinderte mit tapfrer Hand,
Auf den Paris bestimmt gerechnet schon.

Nach jedem Angriff ist der Feind gefloh’n,
Weil er sie stets auf ihrem Posten fand.
Mach du, mein Lied, ihr Heldenthum bekannt –
Des Sängers Lieder sind des Kriegers Lohn.

Und rühmte auch des Feldherrn Umsicht recht,
Den tapfern General Gordon, der gewußt,
Klug zu verhindern größeren Verlust!

Er ließ die Division sich bestens decken,
Und brach der Feind hervor, kam’s zum Gefecht,
War sie im Stande, nieder ihn zu strecken.


4.

Nachts bebt die Erde, feste Mauern zittern,
Wie wenn zum Ausbruch rüstet der Vulkan,
Wie wenn sich seine Krater aufgethan,
Und heftige Stöße rings das Land erschüttern.

Der Donner brüllt, wie wenn sich bei Gewittern,
Die unheilvoll von allen Seiten nahn,
Die Gegner treffen auf der Wolkenbahn
Und in der Wuth sich mehr und mehr erbittern.

Blitz folgt auf Blitz, der Himmel steht in Flammen,
Ein Feuermeer umgiebt die Riesenstadt,
Wie Hagel fallen Donnerkeile nieder.

O, eine Shreckensnacht! Als bräch zusammen
Die ganze Welt, die keinen Halt mehr hat –
Ein Grau’n durchrieselt selbst des Stärk’sten Glieder.


5.

Am andern Tage brach mit großen Massen
Von Neuem Trochu vor, diesmal nach Osten,
Es soll das Schwert, das blanke, nicht erst rosten,
Es soll erzwingen durch den Feind die Gassen.

Doch auch den Dienst die Württemberger passen;
Die treuen Sachsen auch sind auf dem Posten –
Mit Lust auf Euren Heldenmuth wir toasten:
Auf Euch kann sich das deutsche Volk verlassen.

Bonneuil und Champigny, Villiers und Brie,
Im ersten Anlauf von dem Feind genommen,
Sind zu entreißen der Franzosen Hand.

Der Kampf erstreckte sich bis Noisy;
Zu Hilfe Schlesier und Pommern kommen –
Da hat der Gegner rückwärts sich gewandt.


6.

Es half ihm nicht die große Zahl der Krieger,
Nicht auf der Eisenbahn die Panzerwagen,
Mit denen Furcht er suchte einzujagen –
Die deutschen Truppen blieben doch die Sieger.

Es war ein Kampf wohl zwischen Löw’ und Tiger:
Auch der Franzose hat sich brav geschlagen,
Wie rühmend unsre eignen Leute sagen,
Doch war er hier, wie stets, der Unterlieger.

Nur Brie sur Marne und Champigny verblieben
An diesem Tag noch in des Feind’s Besitz –
Sonst ward er überall zurückgetrieben.

Rings um Paris spie Feuer das Geschütz,
Bei St. Denis und auch an andrer Stelle
Zu gleicher Zeit geschahen noch Ausfälle.


7.

Am ersten Tag des neuen Monats haben
So Freund wie Feind erfüllt die Menschenpflicht,
Und Trauer lag auf ihrem Angesicht,
Als die gefallnen Brüder sie begraben.

Am zweiten sich zu neuem Kampf begaben
Die Unsrigen, als kaum der Tag anbricht:
Sie lassen Champigny und Brie doch nicht
In Feindes Hand – die Sachsen und die Schwaben.

Doch führt um neun Uhr neue Heerestheile
Der ehrvergess’ne Ducrot ins Gefecht,
Und wieder ward acht Stunden lang gerungen.

Da stand’s bald gut in Champigny, bald schlecht;
Doch hat der Feind die Unsrigen nicht bezwungen
Und nichts erzielt zu der Pariser Heile.


8.

Ermüdet – brach er Mittags um fünf Uhr
Ab das Gefecht und hat es nicht erneut;
Am nächsten Tag – da hat den Kampf gescheut
Des Wortbruchs Held – er demonstrirte nur.

Doch Siegesbotschaft sandte er nach Tours;
Von hier ward falsche Kunde ausgestreut –
Da hat ganz Frankreich wieder sich gefreut,
Begeistert und entzückt durch Ducrot’s Schwur.

Er hatte den Belagerten versprochen,
Siegreich zurückzukehren nach Paris,
Wenn nicht – als Krieger in der Schlacht zu sterben.

Doch daß am Vierten wurden abgebrochen
Die Marnebrücken, deutlich wohl bewies,
Daß er mit Müh’ entronnen dem Verderben.


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Kriegssonette - von ZaunköniG - 20.12.2023, 03:34
RE: Kriegssonette - Wauwau - von ZaunköniG - 26.12.2023, 03:37
Kriegssonette - Victoria! - von ZaunköniG - 08.01.2024, 11:26
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