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Helianthen
#3
Nachklänge

1.


Und dennoch, Herr, von Ewigkeit entsprungen,
Will ich der Liebe Lied Dir wieder bringen,
Wollt’ auch des Staubes Harfe mir zerspringen,
Mit ihr mein Herz,von Wehmuth tief durchdrungen.

Ob mit beredter Macht der Feuerzungen,
In Ewigkeit in Deines Lobes Schwingen
Geübt, selbst Seraphchöre stammelnd ringen:
Sey doch auf frommer Bahn mir fortgerungen!

O die mir oft so himmlischfroh erklang,
Du treugeliebte Freundin meinem Herzen,
Mein Trost, mein süßer du in Lust und Schmerzen:

O Harfe, laß des Sängers neuen Drang
Belebt erfleh’n an Deinem Wonneglühen
Und meine Huldigung Ihm neu erblühen!


2.

O Herr, wie könnt’ ich denn mit allem Streben
Dein ganzes, hohes Lob versammelnd sinen,
Wie Deines Ruhmes Weltall windend bringen
In eines Kranzes enggeschränktes Weben!

Soviel gen Himmel Berge sich erheben,
Und Wasser in das große Weltmeer dringen,
Im Lenz aus tausend Knospen Blüthen springen,
Und Welten in des Aethers Höhen schweben:

So ist, hoch über meines Geistes Schwingen,
Die mit des Staubes tiefster Ohnmacht ringen,
Unendlich, ewig, Herr, wie Du, Dein Lob!

O liebend schufst Du unsern Geist darob
Für eine Ewigkeit in sel’gen Auen,
Um Deiner Wunder Unzahl ganz zu schauen!


3.

Mein Lied, es ist ein Sonnenstäubchen bloß,
Das, sanft von Deinem milden Hauch belebt,
In Deiner Sone freudig spielt und webt,
Ein Stäubchen, winzigklein, kaum pünktchengroß.

Wie mächtig auch des Geistes Ruder strebt;
Hin ew’ge Meere schiffte sturmumbebt
Und tief versinkend port- und ankerlos,
Wer je der Allmacht Lob in Töne goß.

Herr, laß in solchem Schiffbruch mich vergehen,
Und froher werd’ ich einst vom Grab erstehen
In schön’rem Himmelsglanz der Morgensonnen!

In Deines Lebens Ozean, zu Dir
Nimm gnädig einst mein Lebenströpfchen mir!
Am besten quillt es fort, in Dich verronnen!


4.

Drum will ich ohne Bangen täglich leben
Schon jetzt für jenen Tag, wo einst ich sterbe –
Nein, wo ich erst den Thron des Lebens erbe,
Mit ewigjungem Palmengrün umgeben.

Und wird mir eine Kron’ entgegenschweben,
Die ich um dieses Lebens Töpferscherbe
Und kurze Scheidemünze mir erwerbe.
Unsterblich, selig wird sie mich erheben.

Wo hat mich hin mein kühner Sinn getragen?
O Gott! noch wandel’ ich herum auf Erden.
Wird wohl die Krone mir, die süße, werden?

Nicht darf ich gar der Zukunft Dunkel klagen,
Das uns der Unerforschte hier beschied.
Ich lieb’ in Wonne, lieb in Schmerz Sein Lied!


5.

Er will, die höchste Majestät und Macht,
Mit Vaterarmen Alles sanft umschlingen,
Will Liebe nur mit Liebe mild erzwingen,
Stäts nur auf unser ewig Heil bedacht.

O darf die Sehnsucht nicht aus finstrer Nacht
Zu lichtem Himmessaale sich erschwingen,
Wo uns der schönsten Feste Reih’n umringen,
Das Herz in Freuden wogt, das Auge lacht?

O Lust in Gottes goldnen Sternenhallen!
O ew’ger Tag um Gottes Thron ergossen!
O volles Meer in Wonnen überfließend!

O Thränen, hier der Leiden Kampfgenossen
Und dort so süß in freud’gem Überwallen
Des reinsten Regenbogens Perlen gießend!


6.

Wo bin ich? Meinem Arme will entsinken
Das Saitenspiel; in Himmelsharmonieen
Und Gott verloren will mein Geist entfliehen
Und schon aus ew’gem Lebensmeere trinken.

Halt ein, voreilig Herz! Gott wird schon winken.
wann einst der Tod, von Seiner Huld verliehen,
Dein müdes Leben wird nach oben ziehen,
Mag dir der Wonne Meer zuströmend blinken!

Herr, laß mir dann, erlöst der ird’schen Glieder,
Auf reiner Tugend goldnem Glanzgefieder
Zu Dir den Geist entschweben ätherleicht!

Erst dort kann Dir mein hohes Lied erschallen,
Das Herz in Jubel hoch mir überwallen,
Hab’ ich des Himmels sichern Port erreicht!


7.

Ihr gottgeweihten Engelchöre, lehrt,
O lehrt mich dort den höchsten Vater preisen,
Von Dessen Glanz die Sonnen dienstbar speisen
Und Den die ganze Schöpfung freudig ehrt!

Dann will ich, rein als Himmelsgast bewährt,
Mich drängen unter eure Jubelweisen
Für Ihn, um Den beherrschte Welten kreisen,
Will, Halleluja! rufen lustverklärt:

„Ja, Herr, nur Dir und keinem Andern mehr,
Sey ewig Lob, Anbetung, Ruhm und Ehr’!
O himmlisch süße Rückerinnerungen!

Zur Erde schau’ ich nieder; denn schon dort
Für Dich, o Herr, Du meines Heiles Hort,
Vielmanches frohe Lied hat mir erklungen!“


8.

Was ich in Lust gelobt, was ich gesungen,
Laß Dir des Liedes Opfer wohlgefallen,
Wie Weihrauchdüfte Dir zum Himmel wallen!
Ein Stäubchen ist’s, von mir, dem Staub, entsprungen.

Was in der Seele leis mir aufgeklungen,
O dürft’ es nur als fernster Nachhall schallen
Von jenem Preis, der längst den Sternenhallen
Dir rauscht von Myriaden Geisterzungen!

Was klang so plötzlich denn von freiem Willen
Mein süßes gottgeweihtes Heiligthum,
Die Harfe, lauten Nachakkord mir zu?

Wohl in der Mittnacht, in der heiligstillen,
Voll dankerfüllter Liebe tönest du,
Von Geisterhauch durchsäuselt, Gottes Ruhm!


9.

Schon leis und leiser schweigt um mich die Nacht.
O heil’ge Geisterstille, rings entweht!
O Mond, in voller Strahlenmajestät
Umkränzt von sternvereinter Zauberpracht!

O Schöpfung, jetzt erst feierlich erwacht,
Wo Alles ruht vom Schlummer übersät,
Und ungestörte Bahnen schwindelnd geht
Mit Mond und Sternen schnelle Geistesmacht!

Nun ruhr, Harfe, du liebherzigtraut
Die süße Tongespielin meiner Lieder!
Jetzt ruft auch mich die Nacht, des Schlummers Braut.

Begrüßt von Gottes erstem Morgenstrahl
Ertöntest du für Ihn schon morgen wieder.
Gott, unser Vater, bleibt die beste Wahl!




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Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Nachrichten in diesem Thema
Helianthen - von ZaunköniG - 06.10.2023, 18:44
RE: Helianthen - von ZaunköniG - 06.10.2023, 18:52
RE: Helianthen - von ZaunköniG - 06.10.2023, 18:57

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