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Schulz, Erich: Ein Kleiner Sonettenkranz aus dem Buche "Chryseis" (7)
#1
Erich Schulz
1874 - 1941


Ein Kleiner Sonettenkranz
aus dem Buche "Chryseis"



1

Aus tiefem Wald, wo heilige Quellen rauschen
Und schlanke Tannen streben himmelan,
Stieg ich hernieder als ein freier Mann,
Der Welt und ihrem Lebenssang zu lauschen.

Um alles in der Welt wollt ich nicht tauschen
Die heilge Heimat, die ich jung gewann -
Je köstlicher die Parze mir auch spann
Des Lebens Faden: Heimatwälderrauschen

Bleibt meines Weges ewiger Gewinn;
Er führt bergauf zu Höhn, bergab zu Tal,
Er führt durch heilge Luft, durch Haß und Qual:
ich bleibe, der ich war von Anbeginn,
Aus heilger Erde wuchs ich, wie ich bin,
Mein Werk ist ihr geweiht, ein ragend Mal.

2

Die Essen rauchen und die Räder sausen,
Zum Abendhimmel lodert grell die Gicht:
Erschauernd starrt in Ehrfurcht mein Gesicht,
Rastlosen Werkes Odem hör' ich brausen.

Eh ich's erkannte, packt es mich mit Grausen,
Als dräue Höllenlärm und Weltgericht;
Doch im Erkennen wurde meine Seele licht,
Von hunderttausend Orgeln hört' ich brausen

Der Arbeit Lied gleich heiligem Choral:
Da sang ich mit und sang das Lied der Erde,
Der Erde, die mich schuf und trug - "Es werde!"
Das heilge Wort sah ich wie ein Fanal
Das Land entlang allüberall geschrieben -
Du heilges Land, dich will ich ewig lieben!

3


Singe, liebes Herz, dir allerwegen
Deine Seele von den Schmerzen frei.
Besser weiß ich keine Arzenei
Als im Herzen frohe Hoffnung hegen.

So ein stilles Lied, das bringt dir Segen,
Alle Zukunft strömt dir froh herbei
Und Vertrauen, daß sie göttlich sei;
Ewigkeiten, die dein Sein bewegen.

So ein starkes Lied aus Herzensgrunde!
Nur die Lippe regt sich still und stumm;
Mit den Himmlischen in holdem Bunde

Bringt es alle Seelgebresten um,
Singt in Hoffnung deine Seele frei
Eine fromme Himmelslitanei.

4

Die Geigen flüstern - wie die Nachtigall
Die Nacht durschschluchzt in holdem Frühlingstraum.
Hoffnung, Erfüllung glühn im Weltenraum
und zitternd glänzt die Seligkeit im All...

Heiß schweigt die Nacht und wilder Widerhall
Der süßen Stimmen raunt von Baum zu Baum,
Des Blutes Flüstern geht durch Zeit und Raum
Und hämmert schwer mit glückverhaltnem Schall -

Zwei Seelen leben glutvoll mit den andern:
Wie leise Stimmen zu einander wandern
Vom fernen Ort zur süßen Lagerstatt.
Du träumst beglückt - und wachst so weh und matt, -
Und schmeichelnd schmilzt das Lied der wilden Geigen,
Anbetend, Göttliche, sich dir zu neigen!

5

Vor Unbegreiflichem müssen die Menschen stehn,
Wie Wunder muß es in ihre Seele kommen,
Wie Himmelsfeuer, in heimlicher Nacht entglommen:
Du siehst ihr Licht und kannst es nicht verstehn.

Am Meeresstrand, wo die ewigen Wellen gehn,
Da hast du erschauernd den Odem Gottes vernommen.
Ach, überall umweht er die Seligen, Frommen -
Wird unbegreiflich auch unsere Seele umwehn.

Knie nieder und bleib in heiliger Andacht versunken,
Hier ist's, Geliebte, du sollst es nimmer erflehn:
Anbetend darfst du vor Gottes Gnade stehn
Und glückesvoll das ewige Wunder sehn:
Laß des Geliebten Odem dich umwehn,
Durch Gottes Gnade bist du beseligt trunken -

6

Talismane spechen gleich göttlichem Wort.
Freunde, die fern sind, machen sie gegenwärtig,
Inneren Rufs geliebter Seelen gewärtig,
Niemals hindert die Zeit sie, nirgend der Ort.

Talismane sprechen gleich göttlichem Wort.
Deine Seele ist leicht verstockt und hoffärtig -
Einmal ist sie tiefsten Erlebens gewärtig
Und der Mittler ist ihr göttlicher Hort.

Wenn die Zeit dich streift mit bösen Gewalten,
Wenn dich Bitternis quält in grämlichem Hirn,
Laß dir nie das süße Gedenken erkalten,
Das die Jugend dir gab mit olympischer Stirn.
Deine Seele lauscht dem mittelnden Hort -
Talismane sprechen gleich göttlichem Wort.

7

Das Kleid ist bunt, das deine Berge tragen,
Du Land der Jugend, das mich einst gebar:
Die Tage schwanden mir durch manches Jahr
Und immer muß ich deine Schönheit sagen.

So lang ich lebe, hab ich dich zu fragen
Um dein Erleben, da ich noch nicht war,
Um Glück und Wohlfahrt, Not und Todgefahr
Von Anbeginn zu meinen Lebenstagen.

So leb ich dir, weil du mir Leben bist,
So sing ich dir, weil du mir Sang gegeben,
Weil deiner Seele Teil die meine ist;
Und all dein Wesen, bis zur letzten Frist,
es schafft in mir, um dir zu weben
Ein köstlich Kleid, um dir zu leben.
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