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Auf Heine (2)
#1
Auf Heine


I.

Anmut’ge Märchen wunderbaren Klanges,
Naive Weisen dir vom Munde quellen,
Drin Liebe sich und Spott und Witz gesellen;
- Das sind die Seelen deines Zaubersanges.

Doch oft auch zuckt ein Weh, ein schrilles, banges,
Wie Möwenschrei ob dunkelblauen Wellen; -
Dazwischen blüht der Lotos, und Gazellen
Beschauen sich im stillen, heil’gen Ganges.

Den schlanken Nixen gleichen deine Lieder,
Den zauberhaften, die du oft besungen; -
Im Mondschein schimmern ihre weißen Glieder.

Wie mancher taucht, von ihrem Sang bezwungen,
Sich in die blaue Flut der Dichtung nieder!
Doch keiner außer dir hat sie umschlungen.


II.

Wer kennt sie nicht, die täglich abgeschmachter
Den sittlichen Verfall er Zeit beweinen! –
Sie wollen das Talent dir nicht verneinen,
Doch Würde und moralischen Charakter.

Sie finden es obszön, daß selbst in nackter
Schönheit die Götter des Olymps erscheinen; -
Apollo sollte Hosen tragen, meinen
All diese ethisch-kritischen Kalfakter.

Doch, eine schlanke, lose Bajadere,
Hat deine Muse spielend dies Gelichter
Vernichtet mit des Witzes scharfer Wehre.

Wann endlich ahnt dies Volk der Afterrichter,
Daß nur das Plumpe und Gedankenleere
Im Reich des Schönen Sünde sei dem Dichter?


.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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