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Chismondens Sonette
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Chismondens Sonette
Aus „Amaranth“
Ha! Was beginn’ ich? – In das Knie gebrochen?
Die Hände starr wie zum Gebet gefaltet!
Wie Marmorstein mein ganzer Leib erkaltet!
O Wahn! Es hat mein Mund doch Nichts gesprochen? -
Ich ließ’ ein Feigling neu mich unterjochen
In Litanei’n verfinsternd und veraltet? –
Erbleicht ihr Lippen, wenn ihr betend lalltet!
Was hätt’ ich meinem Geist den Staar gestochen? –
Der da bei Weihrauch und bei Kerzenscheine
Sich gängeln läßt durch Murmeln und durch Bücken,
Der wandelbare Gott ist nicht der meine.
Den Willen meines Gott’s kann Nichts verrücken,
Mein Gott ist das Gesetz, das ewig Eine:
Zerschellt, ihr des Gebetes morsche Krücken
.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Was kommt mir vor der Nacht geheim ein Schauer?
Was macht mich beben vor des Mondes Scheine?
Was quält mich so das Lied vom Lorbeerhaine?
Was kömmt im Blattgeflüster mir die Trauer? –
O daß ich wähnt’ des Götzentempels Mauer,
Sie sei zertrümmert bis zum letzten Steine,
Das Crucifix verbannt aus meinem Schreine!
Der alte Wahn hält immer noch die Lauer.
Gieb Kraft zum Sieg, du ewiger Gedanke!
Ich hab’ so kurz mich erst vom Wahn gerungen;
Noch weht der Staub von der durchbrochnen Schranke.
Gewiß! Ich halt’ dein Banner treu umschlungen;
Vergieb! Wenn in der Wahrheit noch ich wanke;
Noch lebt die Lüge der Erinnerungen.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Ich hab’ mich aus der Mährchen Arm gerissen;
Und doch, ich hab’ so sanft darin geschlafen.
So süße Klänge an das Herz mir trafen,
Es war so friedlich in den Finsternissen.
Den Frieden tauscht’ ich ein mit Schlangenbissen,
Mit wilder Brandung meinen stillen Hafen.
Du sagst mir, du erließest all das Strafen, -
Halt’ Wort, du Geist! Erlaß mir das Gewissen!
Denn ob ich auch den Berg des Lichts erklimme,
Der Mährchen Geister mich zur Tiefe heben,
Daß ich zerschellt im Meer des Dunkels schwimme;
Du nahmst in deinen Dienst mein ganzes Leben,
So nimm denn auch des Herzens letzte Stimme!
Du mußt – Sonst muß ich ewig vor dir beben!
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Es war mein Herz ein See mit klaren Wogen;
Ein junger Knab’ mit Rosen in den Haaren
Kam drauf in goldner Gondel hergefahren,
Er war so kindesfroh hinausgebogen.
Nur lächelnd kam er immer hergezogen,
Erfreute mich mit Liedern, wunderbaren;
Und trauter Vöglein lichtbeschwingte Schaaren
In muntern Frühlingsscherzen ihn umflogen.
Nun treibt zerschellt der Kahn, es starb sein Knabe;
Er liegt im trüben See mit blut’ger Wunde,
Schaut bleich und starr aus seinem feuchten Grabe.
Und ich muß ewig schauen nach dem Grunde,
Und Thränen, bittre Thränen nur ich habe –
Möcht’ todt beim Knaben liegen jetzt zur Stunde.
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Ja sterben möcht’ ich! – Sterben? – Ich? – Chismunde?
O Lüge! Wie du mir dieß Wort entliehen!
So listig wolltest du mich niederziehen
Zum lauernden, zu kurz gemiednen Schlunde!
Glaubst du, ich würde von des Lichtes Funde
In deine dunklen Arme wieder fliehen?
Nein! Mein Erkennen ist zu weit gediehen,
Zu lang gelauscht hab’ ich der andern Kunde.
Und muß ich auch entgegen deinen Nächten
Noch fort und fort für’s Licht die Waffen schwingen,
Ich laß nicht ab, und stehe deinen Mächten.
Das Licht muß doch die Nacht im sieg durchdringen,
Ob ihre Schatten hundertmal es schwächten.
Die ew’ge Kraft, sie schmiedet mir die Klingen.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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Gewissen sagt’ ich? – Schwäche will ich’s heißen,
Die Ammenstube hemmt mich noch im Streite.
Doch still! Auch diese weinerliche Saite,
Ich will auch sie aus meiner Harfe reißen!
Wie wollt’ ich triumphierend dich umkreisen,
Hätt’ ich den Quälgeist ewig im Geleite,
Der stets mich fesselt, kaum ich mich befreite,
Und mir verstümpert meine kühnsten Weisen?
Ja ja! `S ist eine kindische Chimäre!
Und ich konnt’ dich darum so hart verklagen,
Als ob durch mich sie nicht zu tilgen wäre.
Vergieb! Ich werde sie zum Weichen schlagen
Mit Schwert und Fackel deiner Hochaltäre,
Und dann erst recht zum Flug den Fittig tragen.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck.
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