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William Blake: Jerusalem - ZaunköniG - 23.09.2016 William Blake 1757 – 1827 Großbritannien Jerusalem I see the Four-fold Man, The Humanity in deadly sleep And its fallen Emanation, the Spectre and its cruel Shadow. I see the Past, Present and Future existing all at once Before me. O Divine Spirit, sustain me on thy wings, That I may awake Albion from his long and cold repose; For Bacon and Newton, sheath'd in dismal steel, their terrors hang Like iron scourges over Albion: reasonings like vast serpents Infold around my limbs, bruising my minute articulations. I turn my eyes to the schools and universities of Europe And there behold the Loom of Locke, whose Woof rages dire, Wash'd by the Water-wheels of Newton: black the cloth In heavy wreaths folds over every nation: cruel works Of many Wheels I view, wheel without wheel, with cogs tyrannic Moving by compulsion each other, not as those in Eden, which, Wheel within wheel, in freedom revolve in harmony and peace. Jerusalem Ich seh den Menschen vierfach: Humanität im Todesschlaf, gefallene Emanation, Das Spektrum und grausame Schatten. Ich seh Vergangenheit, das Heute und die Zukunft als ein Ganzes vor mir. Göttlicher Geist, heb mich auf deine Schwingen, damit ich Albion aus seinem langen kalten Schlaf erwecken kann. Für Bacon und Newton, hing der Schrecken in Stahl gehüllt wie eine Eisenpeitsche über Albion: Argumente wie Schlangen meinen Leib verschnüren, zerquetschen meine zarte Glieder. Ich schaue auf die Schulen und Universitäten in Europa und dort erscheint mir Locke, dessen schreckliches Gekläffe gewaschen ist in Newtons Wassermühlen: Schwarz gewandet in schwerer Rüstung fallen sie her über jedes Land: Grausames Werk von vielen Rädern sehe ich, Räder ohne Reifen, Zahnräder ! Sie zwingen einander, nicht wie es in Eden war, wo sich die Kreise freiheitlich umkreisen voller Harmonie. . RE: William Blake: Jerusalem - Josef Riga - 05.11.2016 In diesem Gedicht zeigt sich Blake mal wieder von seiner "finstersten" und belastetsten Seite. Immer wieder kreisen seine melancholischen Gedanken, mit einer privaten Religionsmythologie aufgeladen, welche aus den Vorstellungen vor allem christlicher Spekulationen genährt wird, aber eigentlich irgendwie ganz heidnisch ist, um die gleichen apokalyptischen Reiter. Kurioser Weise gibt es von Blake ein Gedicht, das oft auch die Überschrift "Jerusalem" bekommt, und dessen Charakter viel mutiger und positiver ist. Daher taugte es auch, um unter einer populären Vertonung durch H. Parry (1916) zu einer Art 2. Nationalhymne der Briten zu avancieren. Es ist And did those Feet in Ancient Time, welches unter dem Songtitel Jerusalem z. B. bei jedem Abschlusskonzert der Proms vor God save the Queen gespielt und gesungen wird. Ich habe eine Übertragung davon im Forum eingestellt. RE: William Blake: Jerusalem - ZaunköniG - 06.11.2016 Unsere "christliche Tradition" ist doch durchsetzt mit heidnischen Motiven und Bräuchen. Ob nun Osterei oder Weihnachtsbaum. Ein Faunischer Teufel oder der keltische Kesselkult um den heiligen Gral. Zumindest auf mythologischer Ebene hat das nicht mehr viel mit dem zu tun, was Jesus geglaubt hat. Aber kommt es darauf an? Gleichnisse sind nicht die Wirklichkeit und damit austauschbar. Den Vergleich von harmonischen göttlichen Sphären und gewalttätigen Zahnrädern menschlicher Ratio finde ich ein sehr starkes Bild, und auch zutreffend, denn im Gegensatz zur Religion sind in der Wissenschaft ja tatsächlich Erkenntnis und Moral streng getrennt. Daher auch heute noch ein weitverbreitetes Unbehagen gegenüber dem "Fortschritt". Nun waren das Wahre, das Gute und Schöne wohl noch nie das selbe, aber als Ideal zu allen Zeiten verlockend. Gruß ZaunköniG |