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Sonette an Orpheus - Erster Teil - ZaunköniG - 16.06.2024 Sonette an Orpheus erster Teil I Da stieg ein Baum. O reine Übersteigung ! O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr! Und alles schwieg. Doch selbst in der Verschweigung ging neuer Anfang, Wink und Wandlung vor. Tiere aus Stille drangen aus dem klaren gelösten Wald von Lager und Genist; und da ergab sich, daß sie nicht aus List und nicht aus Angst in sich so leise waren, sondern aus Hören. Brüllen, Schrei, Geröhr schien klein in ihren Herzen. Und wo eben kaum eine Hütte war, dies zu empfangen, ein Unterschlupf aus dunkelstem Verlangen mit einem Zugang, dessen Pfosten beben, - da schufst du ihnen Tempel im Gehör. . RE: Sonette an Orpheus - Erster Teil - ZaunköniG - 05.08.2024 II Und fast ein Mädchen wars und ging hervor aus diesem einigen Glück von Sang und Leier und glänzte klar durch ihre Frühlingsschleier und machte sich ein Bett in meinem Ohr. Und schlief in mir. Und alles war ihr Schlaf. Die Bäume, die ich je bewundert, diese fühlbare Ferne, die gefühlte Wiese und jedes Staunen, das mich selbst betraf. Sie schlief dieWelt. Singender Gott, wie hast du sie vollendet, daß sie nicht begehrte, erst wach zu sein ? Sieh, sie erstand und schlief. Wo ist ihr Tod ? O, wirst du dies Motiv erfinden noch, eh sich dein Lied verzehrte ? - Wo sinkt sie hin aus mir ?... Ein Mädchen fast .... RE: Sonette an Orpheus - Erster Teil - ZaunköniG - 01.02.2025 III Ein Gott vermags. Wie aber, sag mir, soll ein Mann ihm folgen durch die schmale Leier ? Sein Sinn ist Zwiespalt. An der Kreuzung zweier Herzwege steht kein Tempel für Apoll. Gesang wie du ihn lehrst, ist nicht Begehr, nicht Werbung um ein endlich noch Erreichtes; Gesang ist Dasein. Für den Gott ein Leichtes. Wann aber sind wir ? Und wann wendet er an unser Sein die Erde und die Sterne ? Dies ists nicht, Jüngling, daß du liebst, wenn auch die Stimme dann den Mund dir aufstößt, - lerne vergessen, daß du aufsangst. Das verrinnt. In Wahrheit singen, ist ein andrer Hauch. Ein Hauch um nichts. Ein Wehn im Gott. Ein Wind. . |