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Frauenberuf – 1 - Die Frauen und die Blumen - ZaunköniG - 13.05.2024 Die Frauen und die Blumen 1. Sonettenkranz I. An meinem Fenster fremde Blumen prangen, Aus ferner Zone, mühsam auferzogen; Der Spiegelscheiben schön gewölbte Bogen, Sie sind von Loorbeerzweigen grün verhangen. Orangenblüthen, zart wie Mädchenwangen, Wie Flocken, die sich leicht im Laub verflogen, Daraus des Südens Lüfte Balsam sogen, Sie trauern tief, in Zimmerlust gefangen. Reseda, rosige Hortensien blühen, Cypresse steht versunken in Gedanken, Die Aloe beim Palmenbaum, dem schlanken, Und der Granate Feuerblüthen glühen. Die Blumen all, beseelt von Heimathsehnen, Sie plaudern abendlich in leisen Tönen. . RE: Frauenberuf – 1 - Die Frauen und die Blumen 02 - ZaunköniG - 05.08.2024 II. Sie plaudern abendlich in leisen Tönen, Die armen Blumen, die am Fenster schmachten, Die nur nach einem Windeshauche trachten Und nach des Himmels vollem Anblick sehnen. Eh’ Menschen noch, ihr Zimmer zu verschönen, Die duft’gen Blumen in’s Gefängniß brachten, Da sie noch frei in grüner Erde lachten, Bedurften sie der Sprache nicht, der Thränen. Doch als in das Gemach man sie geschlossen, Da gab der Himmel ihnen eine Sprache, Daß nun die Blume es der Blume sage Wann Leid sie quält, wann sie ein Glück genossen. Man hört, was sie gesehn vom Edlen, Schönen, Aus Worten, die sie nicht verstanden wähnen. . RE: Frauenberuf – 1 - Die Frauen und die Blumen 03 - ZaunköniG - 09.12.2024 III. Aus Worten, die sie nicht verstanden wähnen, Hab ich erlauscht, was die Gefang’nen denken. Sie wollen Menschen kein Vertrauen schenken, Verhüllen uns ihr glühend Heimathsehnen. Sie wollen gern zu glauben uns gewöhnen, Daß sie zum Himmel stumm die Blicke lenken; Nur wenn zum Schlummer sie die Blüthe senken, Dann gleichen sie gesangesreichen Schwänen. Der Dichter mit dem liebenden Gemüthe, Der mit der Blumenwelt so tief Vertraute, Versteht die wundersüßen Blumenlaute, Das klagen, Plaudern, Kosen jeder Blüthe. Aus Blumenworten, die verständlich klangen, Ist mir ein Bilderreichthum aufgegangen. RE: Frauenberuf – 1 - Die Frauen und die Blumen 04 - ZaunköniG - 17.12.2024 IV. Ist mir ein Bilderreichthum aufgegangen, Soll Jedermann ihn froh mit mir genießen; In Liedern will ich ihn der Welt erschließen, Und bunte Märchen sollen lustig prangen. Ihr sollt mein Herz in dem Gedicht empfangen! Mit Blüthen, die in meinem Geiste sprießen, Schmückt ich die Lieder, die im Wohllaut fließen Der Töne, die durch meine Seele klangen. Und mögen sie ihr Leben auch verträumen, Mög’ ihre Spur Vergessenheit zerstören, Ich singe fröhlich fort! Ihr werdet hören, Was Blumen plaudern, die in Zimmerraumen, Entfernt von ihrer Heimath, sind gefangen. – Reseda spricht von Mädchens heiß Verlangen. RE: Frauenberuf – 1 - Die Frauen und die Blumen 05 - ZaunköniG - 19.12.2024 V. Reseda spricht von Mädchens heiß Verlangen, Des Mädchens, die da lebt im engen Kreise, Der ihre Tage fliehn im stillen Gleise, Die ihrer Pflicht geräuschlos nachgegangen, Die der Reseda gleichet, ohne Prangen Der Andern Herz erfreut, so sanft und leise, Mit Seelendurst in anspruchsloser Weiser, Im Geben froh und dankbar im Empfangen. Doch oftmals die Gedanken weiter schweifen, Es schwellt die Brust ein Sehnen und ein Ringen Nach Ruhm und Pracht und nach erhab’nen Dingen! Sie fühlt sich klein, kann ahnen, nicht begreifen. So spricht Reseda von des Mädchens sehnen, Granate von der ballgeschmückten Schönen. RE: Frauenberuf – 1 - Die Frauen und die Blumen 06 - ZaunköniG - 21.12.2024 VI. Granate von der ballgeschmückten Schönen Erzählt; von ihr, der Holden ohne Gleichen, Die durch die Halle schwebt im leichten Reigen, Gelockt von heitern Klängen, flücht’gen Tönen. An ihren Wangen schwarze Locken lehnen, Gekränzt mit der Granate dunklen Zweigen, Vor ihrem Reiz muß aller Glanz erbleichen, Und jede Fest wird sie als zierde krönen. Doch sagt ihr Gleichmuth, ihre kalten Blicke, Daß reiche Pracht und tausend Schmeichelworte Nicht dringen zu des Herzens stiller Pforte; Leer bleibet ihr Gemüth im eitlen Glücke Und Täuschung wär’s, befriedigt sie zu wähnen. Orange spricht von einer Braut in Thränen. . RE: Frauenberuf – 1 - Die Frauen und die Blumen 07 - ZaunköniG - 14.01.2025 VII. Orange spricht von einer Braut in Tränen; Die Jungfrau, von dem Schleier klar umwebet, Gleicht einem Engel, den die Wolke hebet Zum Himmel auf, der Heimath alles Schönen. Die Orgel rauscht in vollen mächt’gen Tönen, Der heil’ge Klang der Kirche Raum durchschwebet, Und Treue schwört die Braut, die leise bebet, Dem Liebsten unter allen Erdensöhnen. Auf den Orangenstrauß viel Thränen flossen, Dem Schmerz geweint; sie muß aus Freundesarmen Von ihrer Eltern Brust, der liebewarmen, Von dem, was sie daheim in’s Herz geschlossen. So spricht Orange von der Trennung Bangen, Der Lorbeer von geschminkten Künstlerwangen. . RE: Frauenberuf – 1 - Die Frauen und die Blumen 08 - ZaunköniG - 23.02.2025 VIII. Der Lorbeer von geschmückten Künstlerwangen Erzählt: wie rings die Menge harrend schweiget, Bis der Tragödin Holdgestalt sich zeiget, Um sie, den Liebling, jubelnd zu empfangen. Und wie dann Alles lauscht im stummen Bangen Dem wunderbaren Spiel, wie unerreichet Die Künstlerin zu der Vollendung steiget; Im Geist der Dichtung scheint sie aufgegangen. Ob Lorbeerkränze ihr zu Füßen fallen, Ist, wenn der Vorhang fällt, ihr Glück zerstoben. Die Lampen löschen, die, was Schein gewoben, Der Täuschung bunte Flitterwelt bestrahlen. Der Lorbeer zeigt ein glänzend Leid im Bilde, Die Aloe gedenkt der Schwester Milde. |